Kunst in Wörgl
Kritiken und Stellungnahme zur Galerie "Am Polylog"

Über zwanzig Jahre lang stand der Polylog im Zentrum von Wörgl. | Foto: BB Archiv
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Die Tiroler Kulturinitiativen äußern sich zum "Polylog" und zur Kündigung der gleichnamigen Galerie des Kulturvereins im Zentrum von Wörgl. Kulturreferent Feiersinger gibt Stellungnahme zu den Kritiken.

WÖRGL. Mehr als zwanzig Jahre lang stand der Polylog, eine Skulptur des deutschen Medienkünstlers Christian Möller, als permanente Kommunikationsmöglichkeit im Stadtzentrum von Wörgl, in der Bahnhofstraße. Laut den Tiroler Kulturinitiativen wurde die Edelstahlsäule als ein gelungener künstlerischer Einfluss im öffentlichen Raum begrüßt. Über eine LED-Anzeige machte der Polylog die Botschaften unterschiedlichster Menschen sichtbar. Sozusagen als Schnittstelle zwischen realer und virtueller Welt regte der Polylog zur erweiterten Kommunikation in der Kleinstadt an.

Die plötzliche Demontage

Am 10. Jänner wurde die neun Meter hohe Säule abmontiert und in einem Lager der Wörgler Stadtwerke untergebracht. Die Tiroler Kulturinitiativen behaupten, dass die Entscheidung des Bürgermeisters Michael Riedhart, für die Demontage, ohne vorherige Diskussion im Kulturausschuss gefallen worden sei und ohne mit den Verantwortlichen des Kulturvereins "Am Polylog" gesprochen zu haben. Bei dem Konzept des Polylogs ginge es eigentlich um interkulturelle und dialogische Kommunikation. Die Vorgehensweise über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu entscheiden, repräsentiere nicht nur ein unzeitgemäßes Politikverständnis, sondern wäre ein krasser Widerspruch zum Polylog und seinem Konzept, kritisieren die Kulturinitiativen.

Am 10. Jänner wurde die neun Meter hohe Edelstahlsäule dann "plötzlich" abmontiert. | Foto: Nimpf
  • Am 10. Jänner wurde die neun Meter hohe Edelstahlsäule dann "plötzlich" abmontiert.
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Kunst als wichtige gesellschaftliche Funktion

Außerdem sagen die Tiroler Kulturinitiativen, dass Kunst im öffentlichen Raum eine wichtige Funktion in der Gesellschaft erfüllen würde. Daher erfordere sie einen verantwortungsvollen und sensiblen Umgang der zuständigen Politikerinnen und Politikern sowohl mit den Künstlerinnen und Künstlern als auch mit den Kuratorinnen und Kuratoren. Ein Gespräch auf Augenhöhe und eine Einbeziehung fachlicher Expertisen solle gerade bei solchen Entscheidungen selbstverständlich sein. Für die Demontage des Polylogs wären, laut der Kulturinitiativen, bis dato keine sachlichen Argumente genannt worden. Bei den geplanten Umbauarbeiten des Platzes in der Bahnhofstraße könne die künstlerische Arbeit selbstverständlich in die Neugestaltung integriert werden.

Räumlichkeiten plötzlich ungeeignet

Auch der Umstand, dass die Wörgler Stadtgemeinde den Mietvertrag für die Galerie "Am Polylog" mit Jahresende gekündigt hat – wiederum ohne die Verantwortlichen des Kulturvereins zu informieren – lege die Vermutung nahe, dass hier "individuelle Geschmäcker" den Ausschlag für die Entscheidungen gaben und keine sachlichen und nachvollziehbaren Gründe, behaupten die Tiroler Kulturinitiativen.  Seit zehn Jahren ist die Galerie in der ehemaligen Drechslereiwerkstatt Ausstellungsraum und Experimentierlabor für internationale und regionale Künstlerinnen und Künstler und sei damit eines der Vorzeigeprojekte für aktuelle Kunstvermittlung im Tiroler Unterland. Nach über zehn Jahren erfolgreicher und überregional beachteter Ausstellungstätigkeit würde die neue Stadtregierung die Räumlichkeiten plötzlich für ungeeignet halten.

Noch immer kein Gesprächsbedarf

Selbst nach den, laut Tiroler Kulturinitiativen, berechtigten Kritiken des zuständigen Kulturvereins und den medialen Berichten hätte die Wörgler Stadtpolitik noch immer nicht das Gespräch mit den Verantwortlichen des Kulturvereins gesucht. Stattdessen wäre der Kulturausschuss beauftragt worden, sich „Gedanken über die künftige Verwendung des Polylogs zu machen“ und auch alternative Standorte für Kunstwerk und Galerie zu suchen. Für die Tiroler Kulturinitiativen ginge es offenbar darum, einen bestens verbürgerlichten Kulturort aus dem Stadtzentrum an deren Rand zu verlegen. Die Vorgehensweise der Wörgler Stadtpolitik ließe "fehlendes Kunstverständnis" vermuten, zeuge jedoch eindeutig von schlechter politischer Kultur und wäre eine Respektlosigkeit gegenüber einer jahrzehntelangen Aufbauarbeit, welche der Kulturverein "Am Polylog" mit viel Herzblut, sachlichen Kenntnissen und wohl auch mit viel unbezahlter Arbeit geleistet hat.

"Wir appellieren an die Wörgler Stadtregierung, das Gespräch mit den Kulturverantwortlichen zu suchen und die Erhaltung dieses Vorzeigeprojektes im Zentrum der Stadt auch in Zukunft zu sichern",

so der Vorstand und Geschäftsführung der Tiroler Kulturinitiativen.

Kulturreferent Feiersinger bezieht Stellung

Im Sommer letzten Jahres habe es, laut Feiersinger, eine Besprechung gegeben, unter Anderem mit Bürgermeister Michael Riedhart und Luggi Ascher. Es wurde dort generell über das "Komma", die Galerie und die Wörgler Kultur gesprochen. Damals habe man auch schon gewusst, dass die Mietpreise für die Räumlichkeiten der Galerie "Am Polylog" enorm steigen werden. Der zuständige Verein selber hätte auch vorher schon mit dem Gedanken gespielt, die Galerie an einen anderen Standort zu verlegen. Laut Feiersinger wurde damals alles "ganz normal" miteinander besprochen. Dass die Kündigung des Mietvertrages jetzt so plötzlich gekommen ist, wäre ein Stadtratsbeschluss von Anfang Dezember gewesen. Das habe man so entschieden, weil man die hohen Mietkosten nicht mehr weiter bezahlen wolle. Vor zwei oder drei Jahren habe es einen Stadtratsbeschluss gegeben, in dem geändert wurde, dass der Mietvertrag nicht mehr alle fünf Jahre zu kündigen ist, sondern, dass man jährlich kündigen kann. So kam die kurzfristige Entscheidung seitens des Stadtrates. 

"Dass die Kommunikation ein bisschen unglücklich gelaufen ist, das wissen wir. So etwas kann passieren, sollte es aber nicht. Aber jetzt in dem Fall ist das eben leider passiert",

beteuert Sebastian Feiersinger.

Wörgler Kulturreferent Sebastian Feiersinger äußert sich zu den Kritiken der Tiroler Kulturinitiativen. | Foto: Ringler
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Zukünftige Integration des Polylogs

Der Kulturausschuss habe den Auftrag bekommen, sich mit den Themen zu beschäftigen, zum Beispiel wo der Polylog in Zukunft aufgestellt werden soll, erklärt Feiersinger. Man will sich auch Gedanken darüber machen ob man ihn künstlerisch anders gestalten kann. Mit Sicherheit könne man noch nicht genau sagen was damit passieren wird, aber man habe natürlich im Sinn den Polylog in irgendeiner Form wieder zu verwenden.
Zudem sei der Polylog selbst auch nicht Eigentum des Vereins "Am Polylog" sondern gehöre den Wörgler Stadtwerken.

Verbesserte Rahmenbedingungen schaffen

Langfristig gesehen wolle man ganz einfach eine Verbesserung mit idealeren Rahmenbedingungen schaffen. Wo sich die Galerie heute befindet war früher eine Drechslereiwerkstatt, deshalb wären die Räumlichkeiten bestimmt nicht die optimalsten, sagt der Wörgler Kulturreferent. Wenn das „Zima-Unterberger Projekt“ komme, wäre natürlich auch eine Galerie angedacht. Der zuständige Verein der Galerie "Am Polylog" hätte schon vorher gewusst, dass es die Galerie so nicht mehr ewig geben würde. In drei oder vier Jahren hätten sie sowieso raus müssen, das wäre nie ein Geheimnis gewesen.

Neuer Standort für Polylog und Galerie noch ungewiss

"Es gibt schon ein paar Gedankengänge zu diesem Thema, soweit kann ich das schon mal sagen", erklärt Kulturreferent Sebastian Feiersinger. Aber genaueres über den zukünftigen Standort der Galerie und des Polylogs stehe noch nicht fest
Laut Sebastian Feiersinger hätten sich E-Mails oder Anrufe mit Kritiken oder Stellungnahmen total im Hintergrund gehalten. Er kritisiert den Umgang in den Medien zu dieser Thematik, weil mit ihm persönlich nicht viel über solche Vorwürfe gesprochen worden war. Zudem beteuert er, dass das alles bei Weitem noch nicht heißt, dass die Galerie jetzt geschlossen werden würde, so wie es in manchen Medien propagiert worden ist. Theoretisch hätte man ja sowieso noch ein Jahr Zeit um eine konkrete Lösung zu finden. Trotzdem gibt er zu, dass die Kommunikation insgesamt „potschert“ verlaufen sei.

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