Angst vor Haftung
Rodelbahnen in Kufstein und Wörgl als Politikum

- Viele Forststraßen im Bezirk laden zum Rodeln ein – am Möslalmweg in Wörgl und am Bobweg an der Kufsteiner Dux vergnügten sich Generationen kostengünstigst im Schnee. Die Städte scheuen aber Haftungsfragen.
- Foto: Kapfinger
- hochgeladen von Sebastian Noggler
WÖRGL/KUFSTEIN (nos). Die Rodelbahnen am Möslalm-Weg in Wörgl und von der Hinterdux in Kufstein, zweier äußerst beliebter Naherholungsgebiete, halten momentan die Gemeindepolitik auf Trab. In beiden Fällen mussten sich nun die Gemeinderäte befassen, beiden Strecken droht das Aus.
Rodeln an der Möslalm: Für Wechner "eine unendliche Geschichte"
Die rund 3,5 Kilometer lange Forststraße in Besitz "Bringungsgemeinschaft Wörgler Berg – Möslalm", (Anm. der Redaktion: zuvor stand hier fälschlicherweise "der Dorfinteressentschaft") war bislang im Winter eine beliebte Wander- und Rodelstrecke, nicht nur für Wörgler, auch wenn hier seit Jahren eine Tafel auf ein Verbot hinweise. Nun möchte der Betreiber das Risiko und die Kosten nicht mehr tragen, auch sein Anwalt habe ihm abgeraten. Jährliche Kosten in der Höhe von etwa 6.000 Euro, um Versicherung in Haftungsfragen und Instandhaltung der Rodelbahn zu sichern, trug der Pächter der Almhütte mit Adresse Winkl 30 (Anm. der Redaktion: im ursprünglicher Fassung "auf Niederauer Boden", wie auf der Website angegeben ist) bisher. Auch müsse die Bahn freilich regelmäßig gewartet und überprüft werden, zudem sei die Almhütte nicht sonderlich wintertauglich. Im Jänner und Februar 2019 soll die Möslalm deshalb geschlossen bleiben, wie die TT berichtete. Eine rege Auseinandersetzung, besonders in den Sozialen Netzwerken war die Folge.
Die "aktuellen Diskussionen um die Rodelbahn von der Möslalm" seien für Bgm. Hedi Wechner "ein altbekanntes Problem", wie sie mittels Presseaussendung mitteilen lässt. Auch sie könne sich "dafür begeistern, einzig die Vorgehensweise seitens des Hüttenwirts und auch der politischen Opposition" sei für Wechner "nicht nachvollziehbar". Etwas anders scheint die Situation für Wörgls Kulturreferentin Gabriele Madersbacher, die sich mehrfach eher polternd via Facebook zur Thematik zu Wort meldete. Sinngemäß meinte sie dort – öffentlich und für alle Nutzer einsehbar – in Richtung Berichterstattern, Wörgler Grünen und Volkspartei-Fraktionen, man höre zum ersten Mal von diesem Problem:
"Das ist ja eine interessante Geschichte: Der Hüttenwirt posaunt 4 Wochen vor Weihnachten in den digitalen Medien, dass er die Rodelbahn alleine nicht mehr stemmen kann, 'patzt' den TVB Wörgl an, 'patzt' die Stadtgemeinde Wörgl an. Jedoch kontaktierte der besagte Wirt weder den Sportreferenten der Stadt Wörgl, noch den Sportausschuss, noch die Stadtgemeinde noch den TVB Wörgl im Vorfeld. Die, die mitarbeiten bzw. mitzahlen sollen erfahren diesen misslichen Umstand aus den Medien! Wäre es nicht gescheiter gewesen, dies vielleicht schon im September oder Oktober wissen zu lassen und direkt mit den Institutionen Kontakt aufzunehmen und Gespräche zu führen? Jetzt 2 Wochen vor Weihnachten wird es schwierig hier eine Lösung zu finden zumal ja auch Aufsichten für die Rodelbahn engagiert werden müssen und dies auch versicherungstechnisch einer Abklärung bedarf. Wieso werden dringende Anliegen immer vorab in den Medien abgehandelt bevor mit den Institutionen gesprochen wird? Die Stadtgemeinde Wörgl bzw. der Sportausschuss hat bis heute offiziell keine Kenntnis vom Hüttenwirt der Möslalm und seinen Anliegen bezüglich der Rodelbahn! MFG - die Ausschussvorsitzende des Ausschusses der Stadt Wörgl Sport, Kultur & Bildung"
Madersbacher erklärt weiter, sie sei "seit 3 Jahren Mandatarin" und ihr sei "dieser Umstand NICHT bekannt!" gewesen. Anscheinend dem Zeitgeist sozialer Netzwerke entsprechend, ist die Kulturreferentin dabei nicht zimperlich mit Kommentaren, wie etwa gegenüber Michael Riedhart, dem Stadtparteiobmann der VP: "kann mich nicht erinnern, wann Du Dich das letzte Mal für etwas AKTIV (im Sinne von TUN) eingesetzt hast...Beim Reden bist ja nicht schlecht, Dein Tun überzeugt mich weniger!" Weiters verweist sie auf die Zuständigkeit von VP-Vizebürgermeister Hubert Aufschnaiter als Sportreferent der Stadt.
„Wir müssen das Thema auf einer sachlichen Ebene diskutieren und von den gegenseitigen medialen Anschuldigungen weg kommen“, entgegnet VP-Stadtparteiobmann Michael Riedhart in einer Stellungnahme.
„Die Möslalm ist der Hausberg der Wörgler. Im Sommer wie im Winter. Und das ist gut so. Aus diesem Grund ist man seitens der Stadt auch immer schon bemüht gewesen, der erholungssuchenden Bevölkerung dieses Naherholungsgebiet zu erhalten. Und ich verstehe und unterstütze das Ansinnen des Hüttenwirts, den Weg hinauf zur Möslalm auch im Winter wieder für Rodelbegeisterte zu öffnen“, so Bgm. Wechner in einer grundsätzlichen Stellungnahme. "Befremdend" finde sie "die Vorgehensweise des Hüttenwirts", denn: „Mit mir hat bisher noch niemand nur ein Wort darüber gesprochen. Ich musste alles den Medien entnehmen“, so Wechner und weiter: „Es gibt dafür innerhalb der Gemeindepolitik zuständige Stellen, an die man sich ebenfalls hätte wenden können. So wäre es sicherlich kein Umweg gewesen, sein Anliegen erst dem zuständigen Sportreferenten vorzutragen. Das wäre die übliche Vorgangsweise. Dass er seine Forderungen an die Stadtgemeinde allerdings über die Presse ausrichten hat lassen, ist für mich nicht nachvollziehbar und lässt viele Fragen offen“, so Wechner weiter. Sie verstehe in diesem Zusammenhang "auch die schwarz - grüne Opposition nicht", glaube vielmehr, die Grünen und die VP-(nahen)-Fraktionen nehmen das Thema zum Anlass "medienwirksam Forderungen auszurichten, um damit politisches Kleingeld zu machen". Die Bürgermeisterin wirft der Opposition vor, die Sache "politisch zu vereinnahmen".
Wörgler VP: "gemeinsame Lösung" gefordert
"In der aktuellen Thematik um den Fortbestand der heimischen Rodelbahn muss ein zusammenarbeiten der politischen Parteien, sowie des TVB und des Möslalm-Pächters im Vordergrund stehen", meint die Wörgler Volkspartei.
„Als Sportreferent der Stadt Wörgl sehe ich kein Problem, dass wir uns als Gemeinde bei der Erhaltung dieses Naherholungsgebietes auch im Winter finanziell beteiligen. Ich denke auch, dass der TVB hier sehr wohl gesprächsbereit wäre, sofern man miteinander diskutiert und sich nicht alles über die Zeitung ausrichten lässt“, erklärt Wörgls Vize-Bürgermeister Hubert Aufschnaiter. Auch seien einige Rahmenbedingungen gesichert zu klären, wie etwa eine tägliche Kontrolle der Rodelbahn.
Die Wörgler Volkspartei biete sich "aktiv als Brückenbauer zwischen dem Pächter, der Gemeinde und dem TVB an" und hoffe "auf eine rasche Einigung, damit auch weiterhin auf der Möslalm problemlos gerodelt werden kann".
Grüne: "Stadt und TVB sollen sich an der Erhaltung beteiligen!"
"Extrem unverständlich", finden die Wörgler Grünen, dass "Stadt und TVB der Wörgler Rodelbahn die kalte Schulter zeigen". Es sei "ein Armutszeugnis für Stadt und TVB, wenn der Erhalt der Rodelbahn am Geld scheitern sollte", so die Gemeinderäte Richard Götz und Christine Mey.
Wechner will "an einen Tisch", warnt vor "vielen Hürden"
"Viel besser wäre es, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und das Problem abseits politischer Rangeleien zu einem befriedigenden Ergebnis zu bringen. Ohne medialen Narzissmus“, so die Stadtchefin. Für Wechner ist klar: "Eine Rodelbahn liegt im Interesse aller, ist eine weitere Attraktivierung im Winter und die Forderung danach ist berechtigt. Allerdings müssen wir noch viele Hürden überwinden, um diese dann auch Wirklichkeit werden zu lassen. Vor allem die Frage nach der Haftung wird uns in diesem Zusammenhang noch sehr beschäftigen“, so Wechner, die sich "für alle Gespräche offen" zeigt.
Neues in Sachen Rodelbahn Möslalm hatte Vizebürgermeister Hubert Aufschnaiter (ÖVP) dem Gemeinderat im Dezember zu berichten. Es habe Gespräche mit dem Land, Tourismusverband sowie dem Hüttenwirt gegeben, bei dem sich alle gesprächsbereit gezeigt hätten. Somit könnte es in dieser Causa bald eine Lösung geben, man müsse jedoch noch die finalen Gespräche abwarten.
Rodeln von der Kufsteiner Hinterdux passé?
Kufsteins Gemeinderat ließ in der Dezembersitzung ebenfalls mit dem Rodelthema aufhorchen. Der Betreiber des Berghotels "Hinterduxerhof" habe "unwiderruflich erklärt, dass für die kommende Wintersaison und auch in weiterer Folge kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Rodelbetriebes besteht". Der Stadtrat habe sich bereits im April 2018 darauf geeinigt, dass "seitens der Stadtgemeinde Kufstein der Betrieb einer Rodelbahn ausgeschlossen ist". Vom Tourismusverband "Kufsteinerland" habe man in den dazwischen liegenden acht Monaten keine Erklärung vorgelegt bekommen "die Rodelbahn mit allen Risiken und Kosten zu übernehmen".
Die alte Kufsteiner Bobbahn
Der Wintersport, besonders Rodeln und Bobfahren, haben am Kufsteiner Stadtberg an der Hinterdux eine lange Tradition. Der Hohlweg diente über Jahrzehnte als Natureisbobbahn, auf der auch Wettbewerbe ausgetragen wurden – zu Zeiten, als Kufstein auch noch über eine Skisprungschanze und ein Skigebiet verfügte. Daran erinnert noch heute der Straßenname: Die Straße zur Hinterdux heißt "Bobweg".
Fünf Gegenstimmen im Gemeinderat
Im Mai 1997 verordnete der Gemeinderat auf dem Bobweg eine "Ausnahme vom Verbot der Ausübung von Wintersport" und eine witterungsabhängige Sperre für den übrigen Verkehr, um das Rodeln im Naherholungsgebiet zu ermöglichen. Diese Verordnung wurde nun im Dezember 2018 vom Gemeinderat mit fünf Gegenstimmen aufgehoben.
Zwei "Parteifreie"-Mandatare aus der Bürgermeisterfraktion, zwei VP-Gemeinderäte und ein "Grünen"-Votum sprachen sich für einen Beibehalt der Rodelmöglichkeiten aus. Besonders Simon Hermann Huber übte durchaus scharfe Kritik an der Handhabe: "Ich stelle mit Erschrecken fest, dass die öffentlichen Institutionen die Rodelbahnen auflassen."
Kritik am klanglosen Ende der Kufsteiner Traditions-Rodelbahn
Huber verwies auf immer weiter steigende Abgaben an den Tourismusverband und für diverse Großveranstaltungen, "aber dafür haben wir kein Geld." Es sei "eine traurige Entwicklung", so Huber weiter, "wenn so etwas weg ist, wird man das niemehr bekommen! Man soll nicht am gelebten Willen der Bürger vorbei regieren." Huber verwies an den TVB, das Stadt- und Standortmarketing und städtische Unternehmen, wie "den Betreiber des Lifts", also die Stadtwerke, um hier den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Fraktionskollege Richard Salzburger konnte nicht umhin festzustellen, "mit Häme die Berichterstattung in Wörgl verfolgt" zu haben, doch nun stehe Kufstein vor dem selben Problem. Für den Kaiserlift, der nur im Sommer fährt, gäbe es ein "riesen Marketingbudget", doch "ein günstiges Vergnügen", also Rodeln an der Hinterdux, "kann sich scheinbar niemand leisten". Huber erklärte dazu auch, in früheren Jahren als Privatunternehmer selbst für Betrieb und Haftung an einer Kufsteiner Rodelbahn gesorgt zu haben und stellte nochmals in den Raum:
"Wir werden doch als Stadt zusammenbringen hier eine Rodelbahn zu machen!"
Es gehe, so Huber, darum den Betrieb für jährlich wohl rund 20 Tage sicher zu stellen. Hier aus Haftungsgründen "die Operette des kleinen Mannes" abzustellen – "das kann doch nicht sein!" Für ihn sei der relativ kostengünstige Wintersport "ein breites Interesse der Bevölkerung".
Rodelbahn-Betrieb an der Hinterdux keine finanzielle Frage
"Das hat mit dem Geld gar nichts zu tun", erklärte Bürgermeister Martin Krumschnabel den Gemeinderäten, "wir können nicht gewährleisten, dass dort nichts passiert". Er verwies auf einen Unfall an der Hinterdux und damit verbundene Haftungsfragen. Zudem habe die Stadtgemeinde eher überraschend zur Kenntnis nehmen müssen, so der Bgm weiter, dass sich "der Wirt nicht zuständig" fühle, wovon man nicht nur durch die Bewerbung des Hauses als Rodelbahnstartpunkt bislang ausgegangen sei. An der zweiten beliebten Rodelbahn im Stadtgebiet, am Aschenbrenner, sei die Situation eine andere. Dort werde der Berghaus-Betreiber, der dort auch Rodeln verlieh und Shuttledienste bot (Anm. der Redaktion: diese Shuttles wurden mittlerweile eingestellt), bei Instandhaltung und Wartung unterstützt. Arbeitsleistungen des städtischen Bauhofs bei der Sicherung und Instandhaltung der Strecke an der Hinterdux könne sich Krumschnabel jedenfalls nicht vorstellen, da die Mitarbeiter just zu jener Zeit damit voll eingespannt seien, die Straßen und Wege der Festungsstadt zu räumen und zu streuen. "Wenn das jemand übernimmt, können wir das gerne wieder machen", erklärte der Stadtchef. Beim Berggasthofbetreiber sieht er wenig Chancen: "Auch gegen Geld will der Wirt das nicht machen".
Sichere und geprüfte Rodelstrecken im Bezirk Kufstein finden sie hier im BEZIRKSBLÄTTER Rodelranking.
Mehr Beiträge zum Thema Rodeln finden Sie hier.



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