Brenner Nordzulauf
Verhandlung zu Abschnitt Schaftenau-Radfeld verlief nicht ohne Kritik

Die ÖBB luden im Juli dieses Jahres unter anderem in Langkampfen zu einer Planausstellung, bei der Experten vor Ort waren. Die mündliche Verhandlung vom 23. bis 25. November fand indes online via "Videokonferenz" statt.  | Foto: Barbara Fluckinger/BB Archiv
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  • Die ÖBB luden im Juli dieses Jahres unter anderem in Langkampfen zu einer Planausstellung, bei der Experten vor Ort waren. Die mündliche Verhandlung vom 23. bis 25. November fand indes online via "Videokonferenz" statt.
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Das Projekt der ÖBB rund um den Brenner Nordzulauf ging in die nächste Runde. Für den Abschnitt Schaftenau bis Knoten Radfeld wurde nun mündlich verhandelt – per Videokonferenz. Die Bürgerinitiative Langkampfen kritisiert, dass sie kein Gehör fand, und hinterfragt das UVP-Verfahren an sich. 

BEZIRK KUFSTEIN (bfl). Anders als ursprünglich geplant, ging die mündliche Verhandlung zum UVP-Verfahren für den Abschnitt Schaftenau bis Knoten Radfeld nicht in Form eines echten Treffens über die Bühne. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hatte das beantragte Projekt der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) rund um den Brenner Nordzulauf auf die Umweltverträglichkeit zu beurteilen. Nun lud das Ministerium vom 23. bis 25. November zur dreitägigen mündlichen Verhandlung im Rahmen des UVP-Verfahrens – dies coronabedingt via Livestream. 

Per Video wegen "Zeitdruck"

Kritik zur Abhaltung via Videokonferenz kam dazu von Seiten der Bürgerinitiativen Langkampfen und Schöfftal, aber auch die Gemeinden blickten bereits im Vorfeld mit kritischem Auge darauf. So hatten die Bürgermeister der Gemeinden Angath, Angerberg und Langkampfen davor einen Vertagungsantrag gestellt, welcher jedoch abgelehnt wurde. Bereits am ersten Tag gab es technische Probleme und auch im weiteren Verlauf kam es immer wieder zu kleineren Verbindungsproblemen und Unterbrechungen. 
Als Begründung für die termingerechte Abhaltung per Videokonferenz nannte das Klimaschutzministerium Zeitdruck, denn das UVP-Verfahren müsse innerhalb eines Jahres abgewickelt werden. "Um Verzögerungen hintanzuhalten, wurde nun entschieden, die Verhandlung als Videokonferenz abzuhalten", so das Ministerium gegenüber den BEZIRKSBLÄTTERN. Das Argument der Zeitverschiebung ließen jedoch die Bürgerinitiativen (BI) Langkampfen und Schöfftal nicht gelten, denn zu Verzögerungen komme es ohnehin – nicht nur coronabedingt, sondern wegen des aufgekündigten Porr-Vertrags (die BEZIRKSBLÄTTER berichteten) und der noch ausständigen Festlegung auf eine Trassenvariante seitens Bayerns. 

Behandlung verschiedener Fachbereiche

Rund fünfzig Teilnehmer waren im Durchschnitt jeweils in den drei Verhandlungstagen per Videokonferenz anwesend – darunter Gutachter, Rechtsanwälte, Vertreter der Gemeinden und Bürger als Parteien. Dabei behandelten die Sachverständigen gemeinsam mit den ÖBB insgesamt 21 verschiedene Fachbereiche (wie z. Bsp. Wasser oder Schall). Fragen, die von teilnehmenden Anrainern bzw. Parteien gestellt wurden, wurden dabei auch beantwortet. 
"Weitestgehend wurde von den Sachverständigen das Planungsoperat für 'state of the art' befunden, für die Detailverhandlungen blieben noch Fragen offen, die sich in erster Linie auf Fragen der BI Langkampfen bezogen. Die wesentlichste und existenzielle Frage für Langkampfen ist die Frage der Sicherung der Wasserversorgung. Dabei wurde festgehalten, dass die Wasserversorgung sowohl faktisch wie auch rechtlich gesichert werden muss", zieht Langkampfens Bgm. Andreas Ehrenstrasser Bilanz. Die bekannte Planung sollte nach Umsetzung der Baumaßnahmen "eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Istzustand in Langkampfen" bringen, so Ehrenstrasser.

BI: "Wir hatten nie eine Chance"

"Man will uns kein Gehör schenken", so lautet indes das Fazit von Johann Walk von der BI Langkampfen. Man sei auf Alternativvorschläge in der mündlichen Verhandlung nicht eingegangen. Dabei sei der BI im Februar 2020 in Langkampfen von der ÖBB gesagt worden, man könne Änderungsvorschläge im UVP-Verfahren einbringen. "Das von der BI Langkampfen Vorgetragene wurde überhaupt nicht gehört", sagt Walk nun. Wiederholte Male wurde bei der Verhandlung betont, dass es ausschließlich um die eingereichte Projektvariante und die Umweltverträglichkeit gehe. Die BI hatte im Vorfeld selbst ein kostspieliges eisenbahnrechtliches Gutachten erstellen lassen und das eingereicht, damit sich die Gutachter mit ihren Anliegen auseinandersetzen. Das sei nun aber nicht passiert.
Walk stellte sogar in Frage, ob UVP-Verfahren in Österreich überhaupt "rechtsstaatlich ablaufen", denn die BI habe laut ihm nie eine Chance gehabt, ihre Anliegen tatsächlich einzubringen. Er stellte nun die Grundsatzfrage an das Bundesministerium, wann Bürgerinitiativen Änderungen einbringen können, sodass diese von der ÖBB gehört werden müssen. Diese müsste übrigens bei einer Änderung erneut einen Antrag beim Ministerium einreichen. Die Vertreter der BI Langkampfen wollen nun vorerst auf die Antwort aus dem Ministerium warten. 

Die ÖBB zeigten sich mit dem Verlauf der mündlichen Verhandlung zufrieden. "Es herrschte eine rege Beteiligung mit zahlreichen Wortmeldungen in einer insgesamt sehr ruhigen und konstruktiven Atmosphäre", so die ÖBB. | Foto: Deopito
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ÖBB: "Werden im Gespräch bleiben"

Ein wenig anders lautet das Fazit der ÖBB nach der Verhandlung. "Es herrschte eine rege Beteiligung mit zahlreichen Wortmeldungen in einer insgesamt sehr ruhigen und konstruktiven Atmosphäre", so die ÖBB in einer Stellungnahme. In der Verhandlung sei es ausschließlich um das von der ÖBB Infrastruktur eingereichte Projekt gegangen, zu dem es laut der ÖBB "ausführlich die Möglichkeit gab, sich zu äußern". Auch die Sachverständigen hätten nur den Auftrag gehabt, das eingereichte Projekt auf Umweltverträglichkeit zu prüfen. Die ÖBB zeigte sich zudem zuversichtlich, 2021 einen positiven Grundsatzbescheid zu erhalten.
"Wir werden selbstverständlich weiterhin mit allen Beteiligten im Gespräch bleiben. Wir versuchen jedoch gleichzeitig auch Genehmigungen für Projekte zu erreichen, um diese letztlich als Voraussetzung für eine Verkehrsverlagerung und damit zum Wohl der Allgemeinheit umsetzen zu können", so die ÖBB. 

Warten auf das Protokoll

Die Verhandlungsschrift bzw. das Protokoll wird nun an die Videokonferenz-Teilnehmer und Personen, die wegen fehlendem IT-Zugang bei der Videokonferenz nicht dabei waren, geschickt. Danach haben jene ohne IT-Zugang Gelegenheit ebenfalls eine Stellungnahme abzugeben. Das Verfahren ist somit grundsätzlich noch nicht abgeschlossen, jene Angelegenheiten, die noch offen sind, werden danach abgehandelt.
Die Vertreter der BI wollen sich das Protokoll der mündlichen Verhandlung jedenfalls genau ansehen. Danach werde man entscheiden, wie man "weitermacht". "Wir sind nicht gegen den Zulauf, wir sind nicht gegen den Brenner Basistunnel, sondern wir wollen die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Wir wollen eine Lösung und wir wollen eine einvernehmliche Lösung", betont Walk stellvertretend für die beiden BI abschließend.

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