"Das subjektive Sicherheitsempfinden bleibt ein Wermutstropfen"

Walter Gaschnig, Kriminalreferent im Bezirkspolizeikommando Kufstein, kennt die Statistiken im Detail, Thomas Föger (BH, re.) auch.
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BEZIRK (nos). "Wir wissen, dass das subjektive Empfinden der Bevölkerung ein anderes ist, als es die statistischen Zahlen nahe legen", erklärt Walter Gaschnig mit Blick auf die Kriminalstatistik 2016. Die Verunsicherung der Bevölkerung zeigt sich etwa anhand der von der Bezirkshauptmannschaft ausgestellten Waffenbesitzkarten, meint Thomas Föger, Leiter der Abteilung "Sicherheit" an der BH Kufstein. Thomas_FoegerIm Vergleich zum Jahr 2014, als 52 Waffenbesitzkarten neu ausgestellt wurden, sind die Zahlen im Jahr 2016 geradezu explodiert: Mit 245 neuen Waffenbesitzkarten haben sich die Neuausstellungen im Bezirk Kufstein beinah verfünffacht! "Aktuell flaut dieser Trend wieder etwas ab", weiß Föger. Allein im Jänner und Februar 2016 stellte die BH mehr Waffenbesitzkarten aus, als im ganzen Jahr 2014.
"Es gibt durchaus positive Entwicklungen im Bezirk, aber das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung bleibt ein Wermutstropfen", erklärt Bezirkspolizeikommandant Walter Meingassner nachdenklich. Beim Blick durch die Statistik zeigt sich ein durchaus erfolgreiches Jahr für die Polizei im Bezirk. Von insgesamt 4.648 angezeigten Fällen konnten 59,2 Prozent geklärt werden, das gibt im Tirolvergleich Platz Zwei hinter Reutte (64,1 Prozent) und vor Kitzbühel (56,6 Prozent).

"Einbruchsdelikte haben uns 2016 schwer beschäftigt", erklärt Gaschnig. Verstärkte Kontrollen in Wohnsiedlungen und an Gewerbegebieten durch Streifen der Polizei haben durchaus ihre präventive Wirkung gezeigt. Einbruchsdelikte gingen im Bezirk um 22 Prozent (72 Anzeigen) zurück – 249 Einbrüche wurde im Jahr 2016 im Bezirk verzeichnet, 100 mal waren Firmen und Geschäfte betroffen, 84 mal Wohnungen und Wohnhäuser.
Auch die Sachbeschädigungen gingen insgesamt zurück: Von 357 Delikten im Jahr 2015 auf 321 im Jahr 2016. Ladendiebstähle kamen um rund ein Viertel seltener vor als im Vorjahr – 98 Anzeigen ergeben einen Rückgang um 26,9 Prozent.

"Cybercrime" ist auch im Bezirk Kufstein auf dem Vormarsch

Bei Betrugsdelikten verzeichnete die Polizei im Bezirk einen Anstieg von 220 auf 301 (+64,5 Prozent), besonders deutlich ist der Anstieg von Bestellbetrug (127 Fälle, +35 Prozent) und "Cybercrime" im Internet. Allein hier wurden 144 Fälle (+30 Prozent) angezeigt, 86 konnten geklärt werden. "Das ist ungemein schwierig, wenn sich die Täter im 'Darknet' bewegen, da hat die Polizei fast keine Chance. Unternehmen, die mit 'Cryptolock'-Software erpresst werden, bleibt selten etwas anderes übrig, als die geforderte Summe zu bezahlen", weiß Gaschnig.

Verstärkt ermittelt hat die Polizei auch gegen Drogenhändler und Konsumenten, 389 Anzeigen wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz kamen so zustande, um 26,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 29 Anzeigen ergingen dabei wegen der Vorbereitung zum Handel oder wegen Drogenhandels – 2015 waren es 14 solcher Fälle. Oft kommt der Polizei hier "Kommissar Zufall" zu Hilfe, einige Cannabis-Zuchtanlagen wurden entdeckt, weil die Polizei aus eigentlich anderen Gründen vor der Tür stand.

Die angezeigten Sexualdelikte im Bezirk Kufstein stiegen von 2015 auf 2016 um 61 Prozent (14 Fälle) auf 37 Anzeigen, 33 davon konnten auch geklärt werden. "Wir haben uns alle diese Fälle noch einmal ganz genau angesehen, nur eines dieser Delikte steht im Zusammenhang mit den Migrationsbewegungen der letzten Monate", erklärt Gaschnig, ein Fall von geschlechtlicher Nötigung stehe im Zusammenhang mit einem Flüchtling. Auch hier zeige sich, wie Realität und Empfinden der Bevölkerung nicht immer deckungsgleich seien.

Migration im besonderen Fokus

Einen großen Zuwachs und gleichzeitig eine beinah lupenreine Aufklärungsquote gab's bei gefälschten "besonders geschützten Dokumenten" (Pässe, Führerscheine, etc). Wurden 2015 noch 11 gefälschte Ausweise von Polizei und BH aus dem Verkehr gezogen, waren es 2016 42 Fälle – 41 wurden geklärt. "Die meisten stehen im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen im vergangenen Winter", erklärt Gaschnig. "Bei der Überschreibung eines ausländischen Führerscheins werden solche Dokumente kriminaltechnisch untersucht, auch dabei stellen sich immer wieder einige als Fälschungen heraus", so Föger.

"Zwischen September 2015 und März 2016 haben rund 85.000 Menschen auf der Flucht das Camp in Kufstein passiert", weiß Gaschnig, "dabei kam es von Deutscher Seite zu 4.083 Zurückweisungen und Rückübernahmen Richtung Österreich. Grenzkontrolle_Kiefersfelden
166 mal wurde ein Antrag auf Asyl gestellt. Insgesamt behandelte die "AGM"-Gruppe der Bezirkspolizei 4.338 Personen.
"Im Bezirk Kufstein gibt es insgesamt derzeit 37 Unterkünfte, die von der Tiroler Soziale Dienste GmbH verwaltet werden", erklärt Gaschnig, "dort leben derzeit 781 Asylwerber in Betreuung. Von der Kapazität her, könnten im Bezirk noch 200 weitere untergebracht werden." Insgesamt 52 mal musste die Polizei im gesamten Jahr 2016 im Umfeld der Unterbringungen einschreiten, die häufigsten Zwischenfälle waren Körperverletzungen (21) und Vermögensdelikte (11) – "alle Fälle betrafen ausnahmslos Asylwerber untereinander, viele der Delikte ergeben sich aus der angespannten Lebenssituation der Betroffenen in den Unterkünften", führt Gaschnig aus. Mit dem Projekt "Migrationsintegration" hat die Polizei im Bezirk ein eigenes Werkzeug zur Hand genommen, um einen besonderen Fokus auf die Flüchtlingsunterkünfte zu legen: An jeder Polizeiinspektion gibt es ausgewählte Kontaktbeamte, die regelmäßig im Austausch mit der TSD und den Flüchtlingsheimen stehen. So erhält die Exekutive ein laufend aktuelles Stimmungsbild und könne präventiv tätig werden.

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