"Der Jagdverband weiß seit vielen Jahren, wo die schwarzen Schafe zuhause sind."
Besuch bei Gutsbesitzer Gerwald Grössing.
„Gatterjagd“ - ein Unwort. Es klingt nach eingepferchten Fasanen, Hirschen oder Wildschweinen, die vor die Flinten gutzahlender, bierbauchiger Gamshutträger gescheucht und aus nächster Nähe niedermetzelt werden.
„Gatterjagd“ hinterlässt also in der Bevölkerung – nicht nur bei den Tierschützern - einen äußerst negativen Beigeschmack. Auch die Jägerschaft ist sich oft nicht einig.
Mit dem Ausspruch „Gatterjagd ist Tierquälerei“ brachte Franz Puchegger, Vorstand des österreichischen ökologischen Jagdverbandes, die übrigen Waidmänner auf die Barrikaden. Einem wurmte das ganz besonders: Gerwald Grössing, Besitzer des Gutes Haraseben in Rohr im Gebirge, der seine Reviere „umfriedete Eigenjagden“ nennt, klagte Puchegger auf Unterlassung – und bekam letztendlich recht. Der Ökojäger musste seine Aussage revidieren.
Klein ist hier gar nichts – außer der Mensch
„Gatterjagd“, „umfriedete Eigenjagd“ - was steckt hinter diesen Worten? Bedeuten sie tatsächlich das gleiche? Die Bezirksblätter besuchten Gerwald Grössing (49) und seine Lebensgefährtin Elia Schneeweiß (Herausgeberin des Magazines „die Jägerin“) am Ort der Wahrheit, im Gut Haraseben, 50 Kilometer von Wiener Neustadt entfernt, im sattgrünen Alpenvorland.
Die Tore zum Gut (vorstellbar wie die Einfahrt zur Southfolk Ranch, Dallas) öffnen sich und der naturungeübte Städter staunt das erste Mal über ein malerisches Bacherl samt gepflegter Parkanlage und steht dann vor dem imposanten Jagdhaus. Hier wird einem das erste Mal klar: Klein ist hier gar nichts – außer der Mensch. Schon gar nicht die bis zu 100 Jahre alten Nadelbäume in einem Wald, der die Haupteinkunft der Familie seit 1917 bedeutet.
"Ich bin oft Tage im Revier ohne nur ein einziges Stück zu sehen"
Imposant, weitläufig – wo ist die Gatterjagd? „Das ist sie“, zeigt Grössing hinter ihm in die Ferne. 500 Hektar Wald, Hügeln, Felsen, kleine Hütten. Wir fahren mit dem Geländewagen sogar auf einer von seiner Firma selbst angelegten Bergstraße bis in 1.000 Meter Höhe. Wie im Jurassic Park, nur ohne Dinos , aber auch ohne Wild, denn „Ich bin oft Tage im Revier ohne nur ein einziges Stück zu sehen.“ Auf 100 Hektar kommen 10 Stück Rotwild, als gesamt rund 50 Stück.
Grössing:„Für diese Anzahl ist genug Wasser und Nahrungsangebot vorhanden. Ebenso ausreichend Lebensraum samt Ruhezonen und Mutterstuben für den Nachwuchs. Die Ausgewogenheit zwischen Lebensraum und Wildbestand muss gewährleistet sein, also halten wir den Wildstand konstant. Der jährliche Zuwachs an Tieren wird wie in jeder freien Jagd auch erlegt und entnommen. Alles erlegte Wild wird auch zu 100 Prozent selber verwertet und gelangt im Laufe eines Jahres auf den Tisch."
Die Symbiose sehe Grössing dann gefährdet, wenn sein Gut nicht umzäunt, also eingegattert wäre.
"Wir unterstehen strengen Kontrollen der Bezirksverwaltungsbehörde"
"Wir bejagen die Wildtiere erst ab September und da sehr gezielt. So ist die Beunruhigung auf ein Minimum beschränkt. Damit haben die Tiere weit weniger Stress und machen fast keinen Schaden im Wald. Drück- und Treibjagden lehnen wir sowieso ab, weil dies nicht meiner jagdlichen Ethik entspricht", so Grössing.
Er besteht auf sein Eigentumsrecht zur Erhaltung seiner Umfriedung, „weil fremdes Wild nicht einwechseln soll“. Als Gutseigentümer kann er nicht abknallen, was er will. „Wir unterstehen strengen Kontrollen der Bezirksverwaltungsbehörde, sogenannten 'Plausibilitätsprüfungen'“.
Nach ein paar Klettereinlagen, wobei Haus- Herr und Frau locker voraustraben, wird dem nach Luft ringenden Journalisten klar: Gatterjagd kann man das bei einem rund zehn Kilometer langen Zaun um das Areal nicht nennen, eigentlich ist das Wort das Verbrechen. Grössing zum Abschied: „Die Haltung von Wild zum bloßen Abschuss hat nichts mit unserem Verständnis von Jagd zu tun. Der Jagdverband weiß seit vielen Jahren, wo die schwarzen Schafe zuhause sind, die die sogenannte Gatterjagd in Verruf bringen. Die Würdenträger des Verbandes und auch die zuständige Politik sollte endlich aus dem Schönheitsschlaf erwachen und sich an die Arbeit machen. Vorhandene Missstände gehören rasch beseitigt".
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