Expertin: So spricht man mit Kindern über den Umgang mit Fremden
Wie redet man mit Kindern über den Umgang mit Fremden? Die bz hat mit Expertin Lilly Axster vom Verein Selbstlaut gesprochen.
WIEN. Es ist ein Horrorszenario für Kinder, Eltern und Pädagogen: Vor einem Kindergarten in der Donaustadt masturbierte ein fremder Mann vor zwei Mädchen und versuchte, sie dabei anzufassen. Eine ähnliche Tat ereignete sich wenig später auch in Floridsdorf. Laut Polizei könnte es sich dabei um denselben Täter handeln. Er wurde noch nicht gefasst.
Die bz hat mit Lilly Axster vom Verein Selbstlaut darüber gesprochen, wie man mit Kindern umgeht, die in schwierige und bedrohliche Situationen mit Fremden geraten. Der wichtigste Tipp lautet, die Gefühle des Kindes immer ernst zu nehmen und ehrlich und offen über alles zu sprechen. Das bedeutet, Dinge auch so beim Namen zu nennen, wie sie vorgefallen sind, und sie kindgerecht zu erklären. "Im Fall des Sexualtäters sollte man erklären, dass sich Erwachsene manchmal selbst berühren und beim Mann dabei aus dem Penis eine weiße Flüssigkeit herauskommt, die man Samen nennt. Dabei sollte auch erwähnt werden, dass man das nicht draußen und nicht vor Kindern machen darf und sich das Kind deshalb unwohl in der Situation gefühlt hat", so Lilly Axster.
Eine falsche Herangehensweise wäre zum Beispiel, wenn man so einen Vorfall als Pinkeln umschreiben würde. "Den Unterschied kennen Kinder genau und sie verstehen dann nicht, warum sie sich in der Situation so angespannt und unwohl gefühlt haben." Wichtig sei dabei auch immer, zu betonen, wie mutig es vom Kind sei, wenn es sich damit an die Eltern oder eine erwachsene Vertrauensperson wendet.
Gefühle ernst nehmen
Auch das Mitgehen mit Fremden ist ein großes Thema in Familien. Lilly Axster: "Spätestens wenn Kinder kurze Wege alleine zurücklegen, sollte man ihnen sagen, dass sie mit keinem Fremden mitgehen dürfen. Das kann man so erklären, dass man das nicht möchte, weil es Erwachsene gibt, die kleine Kinder erschrecken wollen, weil sie sich dann stark fühlen. Oft stellen sich Kinder noch viel schlimmere Sachen vor, wenn man sie vor Fremden warnt. Mit offenen Worten nimmt man ihnen etwas die Angst und macht gleichzeitig klar, dass man sie vor solchen Situationen schützen will."
Ob es sich nun um das Mitgehen mit Fremden oder einen Vorfall mit einem Sexualtäter handle, wesentlich sei immer das direkte Benennen der Gefühle des Kindes. "Kinder erhalten durch das offene Gespräch mit Erwachsenen die Sicherheit, dass ihr Gefühl nicht falsch war. So wissen sie, dass sie immer mit allem zu den Erwachsenen kommen können, weil diese sie ernst nehmen und sich auskennen", so Axster.
Zur Sache
Der Verein Selbstlaut befindet sich in der Thaliastraße 2 im 16. Bezirk. Er bietet unter anderem kostenlose Beratung bei Verdacht auf oder Fragen zu sexueller Gewalt sowie Präventionsworkshops für Kindergärten und Schulen an. Termine werden wieder ab 12. September unter Tel. 01/810 90 31 oder office@selbstlaut.org vergeben.
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