16. Galtürer Almbegegnung
Akuelle Krisen – "Mehr Bescheidenheit in der Ernährung nötig"

- 16. Galtürer Almbegegnung: Anton Mattle, Gudrun Pechtl, Markus Schermer, Hermann Huber, Stefan Gritsch, Heinz Gstir, Urs Niggli und Clemens Mair (v.l.).
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Das Thema "Unsichere Zeiten – sichere Zukunft für die Landwirtschaft?" wurde bei der Galtürer Almbegegnung kontroversiell diskutiert. ReferentInnen und Publikum tauschten dabei ihre Gedanken aus.
GALTÜR (otko). Am Vorabend der 28. Internationalen Almkäsepolympiade wurde bereits zur 16. Auflage der Galtürer Almbegegnung ins Alpinarium Galtür geladen. Geschäftsführer Bgm. Hermann Huber freute sich über einen gut gefüllten Saal – erstmals wieder ohne Corona-Einschränkungen. Eine Expertenrunde unter der Moderation von Markus Schermer (Universität Innsbruck, Institut für Berglandwirtschaft) diskutierte beim kultivierten Streitgespräch zum Thema ""Unsichere Zeiten – sichere Zukunft für die Landwirtschaft?". Für Schermer war es wohl der letzte Auftritt, da er seine berufliche Laufbahn beendet.

- Bgm. Hermann Huber (li.), Geschäftsführer des Alpinarium Galtür, mit Moderator Markus Schermer von der Universität Innsbruck.
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Zukunft der Landwirtschaft
Die aktuellen Krisen, wie Klimawandel, Corona-Pandemie, Migration und der Krieg in der Ukraine haben den Wert der Landwirtschaft für die Ernährungssicherheit der Gesellschaft wieder bewusster gemacht. Die Krisen, die sich derzeit überlagern, verstärken sich gegenseitig und stellen bisher als selbstverständlich angenommene globale und regionale Beziehungen in Frage.

- Urs Niggli (Agrarwissenschaftler).
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Der renommierte Agrarwissenschaftler Ur Niggli gab am Beginn einen Einblick in die aktuellen Trends.
"Bereits 2050 werden 75 Prozent der Menschen in Städten wohnen. Eine gewaltige Herausforderung wird künftig die Ernährung. Dazu wird es auch Urban Farming brauchen, um bis zu 20 Prozent der Lebensmittel selbst herzustellen. Wir brächten bis zu 600 Millionen Hektar mehr zusätzliche Landwirtschaftsflächen und 401 Millionen Hektar Grünland."
Schon jetzt verursachen aber der Verlust der Biodiversität, der Klimawandel und die Verschmutzung des Planeten große Probleme. Daher müsse die bestehende landwirtschaftliche Fläche produktiv und nachhaltig genutzt werden. "Es gibt einen Zielkonflikt zwischen Ernährungssicherheit und Biolandbau. Der Konsument entscheidet aber, was er isst. Es wäre mehr genussvolle Suffizienz, also mehr Bescheidenheit, in der Ernährung wichtig", erläuterte Niggli. Der Biolandbau könne viele Probleme lösen und hat Vorteile für die lokale Situation. Zum Beispiel ist die Berglandwirtschaft ein Hotspot der Artenvielfalt. Zum Schluss zitierte er noch Mahatma Gandhi:
"Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier."

- Stefan Gritsch (Farmionic).
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Innovationen, Kooperation und regionale Kreisläufe
Hightech-Spezialist Stefan Gritsch (Farmionic) sieht gerade aufgrund der fehlenden Arbeitskräfte in der Pandemie Potential für die vermehrte Automatisierung und Robotik in der Landwirtschaft. Das Start-up aus Telfs bietet einen vollautomatischen Gemüseanbau mittels einer Containerlösung an. "Der Roboter erntet erst, wenn der Konsument vor dem Container steht."

- Gudrun Pechtl (Nachhaltigkeits-Expertin).
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Die Nachhaltigkeits-Expertin und Almerin Gudrun Pechtl (Firma MPREIS) glaubt als Teil eines Ackerkollektivs sehr an die Biolandwirtschaft.
"Wir müssen die Landwirtschaft neu denken und uns gearde in Tirol vernetzen. Kooperationen und Offenheit in gefragt. Unsere bisherige Lebensweise wird es in dieser Form nicht mehr geben und sie ist auch nicht gut für das Klima."

- Clemens Mair (AgrarmarketingTirol).
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Clemens Mair von der Agrarmarketing Tirol sieht gerade für die kleinsturkturierte Landwirtschaft und die regionalen Kreisläufe eine Chance.
"Wir haben über 2.000 Almen in Tirol und es führt für die Veredelung des Günlandes kein Weg an den Wiederkäuern vorbei. Es braucht aber künftig Kooperationen, Innovationen, mehr Wertschätzung und mehr Wertschöpfung für die Landwirtschaft",
plädiert Mair.

- Heinz Gstir (Biobauer).
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Mehr Wertschöpfung und "heile Heidi-Welt"
Für den Biobauern Heinz Gstir braucht es künftig jeden Bauern, wenn wirklich eine Krise sein sollte.
"Tirol kann sich nie selber ernähren und wir verlieren im Land zu viele Bauern. Gerade die Landwirtschaft ist massiv unter Druck gekommen. Intensive Gebiete werden intensiver genutzt und die extensiven Berggebiete kommen aus der Produktion. Es wird Masse und Größe gefördert."
Es brauche daher neben der Vielfalt auch mehr Wertschöpfung für die Bauern in Form von Geld.
"Ein Landwirt kann nicht die Bevölkerung um zehn Prozent des Haushaltseinkommens ernähren und gleichzeitig in einer heilen 'Heidi-Welt' produzieren. So wird es nicht gehen",
zeigte Gstir anschließend auf.

- 16. Galtürer Almbegegnung: Anton Mattle, Gudrun Pechtl, Markus Schermer, Hermann Huber, Stefan Gritsch, Heinz Gstir, Urs Niggli und Clemens Mair (v.l.).
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