Das Dunkel von München

- Unsere Kinder und der Terror -

Eine ganze Nation hielt für eine Nacht den Atem an. Das Großstadtleben von München wurde jäh unterbrochen. Die noch ungezählten, mörderischen Pistolenschüsse am Olympia-Einkaufszentrum der bayrischen Hauptstadt haben dunkelste Erinnerungen an den vernichtenden Terror-Einschnitt in die fröhlichen Olympischen Spiele von 1972 in mir wach gerufen. Die nächtlichen Bilder vom Heer der Einsatzkräfte, das endlose Blinken der Blaulichter auf dem Fernsehbildschirm, die unglaubliche Aufnahme von einem jungen Mann der aus der McDonalds Filiale kommend einfach so um sich schießt, Gerüchte, Vermutungen, Bilder von Panik und Angst haben erschreckt und den Gedanken an Terror und dumpfe Gefühle der Unsicherheit genährt. In diesen verrückten Zeiten sind wir manchmal sehr schnell mit Lösungen, die dann oft nach außen weisen.
Ganz ehrlich! Mich hat das schreckliche Bild des feuernden Schützen an die Computerspiele unserer Kinder erinnert, die nun seit über zehn Jahren vor, nach oder statt der Hausaufgaben einen Gutteil unserer Volksschüler beschäftigen. Bei einem Hausbesuch zeigte mir der 7jährige Sohn der Familie ein solches Freizeitprogramm, bei dem es darum ging, als Schütze so viele „Gegner“ wie möglich auf schnellste Art und Weise per Todesschuss aus der virtuellen Maschinenpistole zu erledigen. An den Schul-Montagen konnte ich immer wieder im Unterricht erfahren, dass unsere Kinder nicht nur in den sportiven Wochenend-Freizeitstress und künstlichen Leistungsdruck ihrer Familien hineingetrieben wurden, sondern auch so mancher Dreikäsehoch im unverantwortlichen Leichtsinn der Erwachsenen grausamste Gewaltfilme oder schmierigste Porno-Videos auf dem häuslichen Bildschirm zu mitternächtlichen Stunde konsumiert hatte. Nicht nur, dass mit solchen Freizeitbeschäftigungen natürlich kein Platz mehr für Gott, Gebet oder gar Kirchgang bleibt; die ständige seelische und körperliche Überbelastung dieser Kinder muss Folgen und Konsequenzen haben. ADHS heißt das Schlagwort. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist an unseren Schulen allgegenwärtig und beschreibt nicht selten auch die Folgen von überforderter, verantwortungsschwacher, ungeordneter Elternschaft. Maß und Ziel sind vielfach verloren. Die „Werte“ – die so gerne im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik bemüht werden – spielen sich oft nur noch im Pendelschlag zwischen McDonalds, Einkaufzentrum, Computer-Ballereien und übertriebener Körperkultur ab. Eine gekreuzigte, gott-befreite und ent-wert-ete Generation, angenagelt an künstlich erzeugte Bedürfnisse, Überforderungen durch das System, Ängste zu kurz zu kommen und dem sich daraus ergebenden zügellosen Hass auf alles was lebt… Das sind die "feinen" Zutaten zum zornigen Trittbrettfahren im Windschatten des islamistischen Terrorismus.
Bewusst überzeichne ich an dieser Stelle. Jedoch ging der leid- und todbringenden, dunklen Nacht des Amoklaufs von München längst eine persönliche, dunkle Geschichte eines jungen Mannes voraus: Die, des 18jährigen Amokläufers. Was in den Kinder- und Jugendzimmern unserer oft vernachlässigten und unverstandenen Kinder und Jugendlichen sich anbahnt... was da im Dunkel aus Einsamkeit und Orientierungslosigkeit an seelischen Mixturen entsteht... „Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht. Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht,“ schreibt Brecht in seiner Dreigroschenoper. Die Nacht von München lässt viel Spielraum offen für Vermutungen und Auslegungen. Ja - es ist wichtig und richtig, zuerst der Trauer um die Opfer dieser Nacht breiten Raum und den Angehörigen unser tiefstes Mitgefühl zu schenken! Ich möchte diese Nacht aber darüber hinaus als Aufruf, ja als Schrei begreifen, unsere Kinder und Jugendlichen nicht allein zu lassen in einer Welt der Überforderungen von Computer-, Konsum-, Erfolgs-, Schönheits- und Wachstumsterror…

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