Kerniger Bauernbursch im Naziland

Goebbels missbracht den Volksschauspieler als Schreibunterlage. | Foto: Moritz Schell
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Florian Teichmeister ist mein Schauspieler-Hero. Und auch dieses Mal landet er eine Meisterleistung in der „Löwengrube“ des Theaters in der Josefstadt. Mit blonder Mähne schlägt er dem Rassenwahn der (österreichischen) Nazis ein Schnippchen. Es ist so wie heute, du musst dich nur als Burschenschafter tarnen, schon sitzt du an den Machthebeln der Republik. Aber das ist eine andere Geschichte. Oder doch nicht?

Die „Löwengrube“ von Felix Mitterer ist eine Botschaft zum Nachdenken. Ebenso wie in den exzellenten Dokus des ORF zum Gedenkjahr 1938. Hier wie dort geht es um Wirrnisse in Österreich, welches sehr schnell von den Nazis aus Deutschland okkupiert wurde. Es war ein leichtes Spiel, uns Alpenländler für das Gedankengut des national-sozialistischen Ideenguts zu begeistern, weil schon von vielen ein Führer erwartet wurde, der Zucht und Ordnung ins Staatsgefüge bringen sollte. Die Politiker des Ständestaates legten die Spur für Deutsch-Österreich. Als es wirklich passierte, begann für viele grenzenloses Leid.

Der jüdische Schauspieler Johannes Kirsch ist bald im Visier des mörderischen Regimes. Auch mancher Bühnenpartner entpuppt sich rasch als Denunziant. Das Theater muss von jüdischem Blut gereinigt werden, sagen die ausgeschickten Schergen. Künftig sollen nur mehr Stücke aufgeführt werden, die dem Anspruch der deutschen Herrenrasse genehm sind. Der Direktor versucht noch Widerstand zu leisten, wird aber bald belehrt, was mit dem Theater passiert, wenn er sich nicht Wünschen der neuen Befehlshaber anpasst. Er muss mit ansehen, dass ein Teil des Ensembles vertrieben wird und andere einen Ahnenpass als Bestätigung, kein Jude zu sein, bringen müssen. Selbst wenn jemand nur durch die Physiognomie mosaische Herkunft vermuten lässt, wird entfernt. „Die müssen sofort alle weg“, dekretiert der Reichsmarschall Hermann Göring. Es ist eine Groteske mit gefährlichem Ausgang. Die Handlanger, die aus ihren Löchern kriechen, sollen mithelfen, eine reinrassige Welt zu schaffen. Wozu sie zumeist intellektuell gar nicht in der Lage sind, um den krausen Ideen zu folgen. Also muss Gewalt her, um das Defizit an Menschlichkeit zu kaschieren. Mein Lebenspartner sagt, dass man das System mit den eigenen Waffen schlagen muss. Er hat Recht.

So auch der Schauspieler Kirsch. Bald taucht er mit blondem Haarwuchs und alpenländischen Outfit im Theater als Höllrigl wieder auf. Mit tirolerischem Idiom bringt er gehörig Unordnung in die naziverseuchte Schaubühne. Allen Unkenrufen zum Trotz feiert er vor dem vom Regime geblendeten Publikum heroische Erfolge in Wilhelm Tell. Sogar Joseph Goebbels eilt ins Theater, preist den Naturburschen als Urbild des deutschen Schauspielers. Lässt sich sogar herab, einer Halbjüdin einen Persilschein auszustellen. Das persönliche Schicksal der Verfemten kann er mit Niemandem teilen. Seine Frau, mit er drei Kinder hat, hat sich mit einem brauen Recken beruflich und privat arrangiert. Er ist allein. Der angepasste Direktor sieht schon weitere klassische Werke am Spielplan, die dem Heldenbild der Geisteswelt des arischen Volkes entspricht. Kein Kaufmann von Venedig soll in einem verjudeten Theater gespielt werden. Wer nicht in der Reichstheaterkammer registriert ist, hat keine Chance, je wieder im tausendjährigen Reich auftreten zu können. Die Ausgrenzung ist noch die mildeste Form der Rücksichtslosigkeit. Andere werden verschleppt, ermordet.

Felix Mitterer, soeben 70 geworden, hält sich wohl an die vorchristliche Parabel „David in der Löwengrube“, die mit einer Judenverfolgung einher geht. Und am Beispiel des Schauspielers Leo Reuss, der wegen der Rassenideologie seine Arbeit verliert. Erblondet und äußerlich verändert, wird ihm die Hauptrolle angeboten. Es ist ein riskantes Spiel. Die Mörder lauern überall.

Stephanie Mohr bringt überragende Regiearbeit auf die Bühne des Theaters in der Josefstadt. Florian Teichmeister ist als Kirsch/Höllrigl ein brillanter, wandlungsfähiger Schauspieler. André Pohl als Kollege Polacek, krankheitshalber ohne Stimme, aber mit Hilfe eines anderen, der den Text spricht (hervorragend gelungen), spielt einen judengesichtigen Akteur, dem die Arbeitserlaubnis entzogen wird und in einer psychiatrischen Anstalt landet. Alexander Absenger brilliert als hyperaktiver Nazischauspieler, der in Folge seine Hose verliert. Tobias Reinthaller gibt den lethargischen, jedoch aufmerksamen und loyalen Bühnenmeister, während sein Chef Meisel (Peter Scholz) sich zum Clown machen lässt. Claudius von Stolzmann ist ein nicht wirklich überzeugender Goebbels. Pauline Knof, Höllrigls Ehefrau, ist mir zu wenig glaubwürdig.

Fazit: Komödie mit tragischem Einschlag, wunderbares Theater plus edlem Ensemble, Gesellschaftspanorama mit Identitätsverlust. Starker Applaus für die Protagonisten.

Was lernen wir daraus? Wohl wenig, denn knapp 30 % der Österreicher wollen wieder einen Führer. Ein Generalsekretär der Regierung versucht es. Ein anderer tarnt sich als Unwissender, weil ihm die Intelligenz fehlt, was auch gefährlich ist. Und oben thront ein Führer (profil), der schweigt, oder Unrat über Flüchtlinge ausstößt. Ist das „neu regieren“? Wohl kaum. Ich bin ein Wutbürger geworden. Und Sie sollten es auch werden, weil wir sonst möglichweise verpassen, was durch die Hintertür herein schwappt.

Infos und Tickets: www.josefstadt.org

Reinhard Hübl

Goebbels missbracht den Volksschauspieler als Schreibunterlage. | Foto: Moritz Schell
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