St. Andrä/St. Paul
Pflegekoordinatorin abgesägt – "Bürger erschüttert"
Christina Unterberger, Pflegekoordinatorin von St. Andrä und St. Paul, musste ihren Posten räumen. Im Gemeinderat überstimmten ÖVP und FPÖ die Sozialdemokraten mit einer Stimme – man wolle einsparen. "Reine Machtdemonstration", meint die Bürgermeisterin. Marktgemeinde St. Paul will das Pflegeprojekt unbedingt weiterführen.
ST. ANDRÄ/ST. PAUL. Drei Jahre lang stand in St. Andrä und St. Paul die Pflegekoordinatorin Christina Unterberger vor allem älteren Gemeindebürgern mit Rat und Tat zur Seite, wenn es beispielsweise um das Einreichen von Anträgen, der Suche nach Heimplätzen, den Umgang mit Demenzkranken oder die Koordination von ehrenamtlichen Mitarbeitern ging.
Im letzten St. Andräer Gemeinderat wurde das Projekt abgedreht: ÖVP und FPÖ überstimmten die SPÖ mit nur einer Stimme und schoben der Pflegekoordination somit einen Riegel vor. Damit sind St. Andrä und – weil es sich um ein Kooperationsprojekt handelte – auch St. Paul die einzigen beiden Gemeinden im ganzen Bezirk ohne Pflegekoordinatorin.
„Bin kein Verwaltungsjob“
Die Pflegekoordinatorin Christina Unterberger versah am 30. November ihren letzten Dienst: „Ich war ehrlich gesagt sprachlos angesichts dieser Entscheidung“, so Unterberger, die in den letzten drei Jahren nach eigenen Angaben etwa 1.200 Kontakte mit Bürgern verzeichnete. „Dass meine Arbeit als Verwaltungsjob bezeichnet wurde, hat mich gekränkt, denn ich habe den Leuten auf vielen verschiedenen Wegen geholfen, habe sie persönlich beraten und mich um ihr Wohl gekümmert.“
„Nicht Aufgabe der Gemeinde“
FPÖ-Stadtrat Jürgen Ozwirk sieht die Pflegekoordination nicht als Aufgabe einer Gemeinde: „Dieses Kirchturmdenken, dass jede Gemeinde ihre eigene Community Nurse hat, kann nicht die Zukunft sein. Es muss möglich sein, dass das Land Kärnten das nötige Geld in die Hand nimmt und diesen Service für den gesamten Bezirk zur Verfügung stellt. Die Anschubförderungen des Landes, die wir für dieses Projekt bekommen, laufen mit Sicherheit irgendwann aus, und dann müssen wir als Gemeinde die gesamten Kosten tragen.“ Es gehe ihm nicht darum, die Arbeit von Christina Unterberger schlecht zu machen, jedoch wäre auch ohne Pflegekoordinatorin für die ältere Bevölkerung gesorgt: „Es gibt den Bürgerservice und die Sozialabteilung der Stadtgemeinde, die beim Thema Förderungen auch beraten können, und viele andere Organisationen, die ähnliche Arbeiten wie die Pflegekoordinatorin übernehmen.“
Eigene Potenziale nutzen
Eher wortkarg gibt sich Vizebürgermeister Maximilian Peter (ÖVP): „Es war keinesfalls eine Entscheidung gegen die ältere Generation, sondern sind wir vielmehr überzeugt, dass es auch innerhalb der Mitarbeiter der Stadtgemeinde Potenzial gibt, die Ehrenamtlichen zu koordinieren und die ältere Generation bei Anträgen im Pflegebereich zu unterstützen“, ließ er der Woche Lavanttal schriftlich zukommen.
„Reine Machtdemonstration“
Bürgermeisterin Maria Knauder (SPÖ) ist bitter enttäuscht: „Das war eine reine Machtdemonstration von ÖVP und FPÖ. Bei dieser Sache gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer. Und das sind die 13.000 Bürger von St. Andrä und St. Paul. Es tut mir irrsinnig leid, denn Christina Unterberger hat hervorragende Arbeit geleistet.“ Für Knauder sei es ein Rätsel, wie man als Gemeindemandatar ein Projekt zum Wohle der Bevölkerung einfach abwürgen könne: „Das Projekt war ja komplett ausfinanziert. Die Kosten für die Gemeinde in Höhe von 12.000 Euro wären durch die Förderung für interkommunale Projekte von Landesrat Daniel Fellner gedeckt gewesen. Sowohl Gemeinderat Dieter Hacker als auch ich haben uns außerdem bereiterklärt, zur Not mit Verfügungsmitteln bzw. sogar mit privaten Mitteln einzuspringen, um das Projekt am Leben zu erhalten. Die Bürger, mit denen ich gesprochen habe, sind erschüttert.“
Emotionale Kommentare
Tatsächlich häufen sich auf Facebook teils emotionale Kommentare, viele ehemalige Klienten der Pflegekoordinatorin sprechen ihr ihren Dank für das Geleistete aus – andere halten mit ihrer Meinung zu dem Gemeinderatsbeschluss nicht hinter dem Berg.
Salzmann: „Irrationale Entscheidung“
Auch für die Marktgemeinde St. Paul bedeutet der St. Andräer Gemeinderatsbeschluss das Ende der Pflegenahversorgung. „Das ist ein absoluter Rückschlag“, sagt Bgm. Stefan Salzmann (SPÖ). „Wir waren in St. Paul mit Christina Unterberger höchst zufrieden. Sie ist nicht nur eine Expertin in Sachen Pflege, auch den Umgang mit demenzkranken Menschen beherrschte sie perfekt. Am 6. Juli hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, das Projekt fortführen zu wollen. Die Entscheidung der Funktionäre im St. Andräer Gemeinderat, die dagegen gestimmt haben, halte ich für höchst irrational“, so der Bürgermeister, der aber bereits ankündigt, die Pflegenahversorgung in St. Paul fortführen zu wollen: „Wir würden Unterberger gerne weiter beschäftigen, sofern sie das möchte. Ich habe auch schon Gespräche mit dem Land Kärnten geführt. Wir werden eine Lösung finden."
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