Astrologie und Astronomie
Ungeliebtes Erbe
Es ist nicht zu übersehen, dass sich die Astrologie aus der Astronomie entwickelt hat.
Wo sind hier die Gemeinsamkeiten und warum hat die Astrologie, die astronomischen Grundlagen scheinbar verlassen ?
Jedesmal, wenn ich die Sonnenhoroskope in den Tageszeitungen sehe, finde ich es erstaunlich wie gut der Sternenhimmel und die Bewegung des Himmelszelts dafür beobachtet worden sind.
Wahrscheinlich hatten bereits die Sumerer um 3000 vor unserer Zeitrechnung (also vor etwa 5000 Jahren) die Idee zu den Tierkreiszeichen. Jedenfalls verwenden auch wir noch heute einige tradierte Sternzeichen des Tierkreises der mesopotamischen Astronomie also der Sumerer, Assyrer und Babylonier ( Stier, Krebs, Löwe und Skorpion - alle anderen wurden umbenannt).
Das war nur möglich durch genaues beobachten, vermessen, anwenden und interpretieren des Himmels von der Erde aus.
Beobachten:
Sie beobachteten also ein starres Muster von Sternen, das sich während der ganze Nacht bewegt. Sterne gehen unter und gleichzeitig gehen neue auf.
Bis dann auch die Sonne aufgeht und den Sternenhimmel unsichtbar macht. Obwohl die Sterne tagsüber nicht sichtbar sind, sind sie trotzdem am Himmel.
Sie beobachteten auch, dass sich die Sonne im Laufe des Jahres vor diesem starren Muster der Fixsterne weiterbewegt und sich deshalb der sichtbare Sternenhimmel von Nacht zu Nacht langsam verändert bis wieder die bekannten Muster auftauchen.
Da war aber auch noch der Mond, der sich weit schneller als die Sonne vor den Fixsternen weiterbewegt und auch oft am Tag sichtbar ist. Außerdem kommt er sehr regelmäßig und eignet sich gut für Zählung der Tage ( ein Mondumlauf ist etwa ein Monat).
Auch andere Lichtpunkte, wie Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn wandern relativ zu den Fixsternen. In der Nacht war der Mond neben anderen Fixsternen zu sehen, deshalb konnte man leicht annehmen, dass diese Sterne am Tag von der Sonne überstrahlt werden und deshalb unsichtbar sind. Bei Sonnenaufgang und Untergang kann man auch die Sterne neben der Sonne sehen.
Merkwürdigerweise befinden sich alle diese bewegten Objekte auf der Linie, die auch die Sonne im Laufe des Jahres belegt, auf der Ekliptik.
Diese Zeichen am Himmel haben aber auch Auswirkungen auf der Erde.
Je nach Jahreszeit steht die Sonne tagsüber hoch und die Ekliptik in der Nacht tief und umgekehrt.
Vermessen:
Weil das Muster der Fixsterne eine gute Referenz für die Bewegung des Mondes und der Sonne sind, wurde die Eklipitik in 12 gleiche Teile unterteilt.
Das war eine tolle Leistung, weil man ja nur immer nur einen Ausschnitt sieht, der durch den Horizont begrenzt ist und nie den ganzen Kreis.
Um sich schnell am Himmel orientieren zu können, wurden die Sternenmuster in jedem dieser Abschnitt mit einem Tiernamen belegt und jeweils eine Geschichte dazu erfunden.
Weiters entspricht jeder dieser 12 Abschnitte einem sumerischen Monat.
Der Tierkreis war somit als Hilfsmittel für die Vermessung der Bewegung der Sonne, Mond und Planeten auf der Ekliptik definiert und leicht über die Sternbilder aufzufinden.
Als Nullpunkt diente der Frühlingspunkt, die Tag und Nachtgleiche. Ein wichtiges Datum, weil die Natur neu erwacht.
Aber dieser Nullpunkt verschob sich über mehre Generationen und das hat sicher die Vermesser erstaunt.
Vielleicht wussten die alten Völker auch schon etwas von der Präzession, die für den Erdenbeobachter den Frühlingspunkt verschiebt genauso wie den Drehpol der Sterne am Himmel.
Die heiligen Tiere waren zuerst der Stier und danach der Widder (bei den Sumerern noch Ziegenbock genannt) und standen für Vitalität also für den Frühling.
Der Frühlingspunkt wandert langsam vom Stier zum Widder dann zu den Fischen weiter zum Wassermann und so weiter über alle Tierkreiszeichen und fängt dann wieder von vorne an.
Man könnte es auch als eine Drehung des fixen Himmelgewölbes interpretieren.
Angeblich wurden zur Vermessung dieser Bewegungen bereits im alten Babylon Instrumente nachgewiesen ( einfache Armillarsphären ).
Jedenfalls wurden die Messergebnisse in langen Zahlenreihen auf Tontafeln festgehalten.
Anwenden :
Diese Beobachtungen und Messergebnisse wurden dazu verwendet um einen Kalender zu entwickeln und die Jahreszeiten genau vorherzusagen.
Der Kalender war natürlich eine Vorhersage der Zukunft und musste berechnet werden.
Dafür wurde der Gang des Mondes und der Sonne im Jahreslauf herangezogen, den die Vermessungen ergaben.
Das war alles sehr viel Aufwand und funktionierte mit Hilfe der Mathematik sehr gut bei den Sumerern, Babyloniern, Agyptern und Griechen aber auch bei anderen Völkern.
Deshalb wurde diese Vorhersagen sehr wichtig und es wurde immer noch mehr verlangt.
Diese Sternenbeobachter sollten nicht nur die Jahrezeiten vorhersagen sondern auch das Schicksal des Volkes.
Dafür wurden noch mehr Himmelsbeobachtungen durchgeführt und neu interpretiert.
Interpretieren:
Die Zeichen des Himmels wurden schließlich Teil der Religion und die Sterne zur Mystik.
Die intensiven Himmelsbeobachtungen und Berechnungen wurden für ein kompliziertes System der Vorhersagen der Schicksale auf der Erde verwendet.
Die Beziehungen zwischen Sonne, Mond und Planeten wurden für diese Horoskope herangezogen
Dafür war natürlich die Sonne, die Jahrezeiten und das Klima auf der Erde entscheidend.
Die einzelnen Sternbilder waren die Namensgeber für einzelne Abschnitte dieses Geschehens. Jede Jahreszeit war in drei Typen unterteilt.
Die 12 Sternzeichen eben, wenn sich die Sonne vor diesen Abschnitten befindet.
Um allgemein anerkannte Vorhersagen zu machen entdeckten diese Seher das was die Psychologie „Verifikationsphänomen“ oder Barnum Aussagen nennt
(Nutzung von Ängsten, Dipol-Formulierungen, Suggestionsmethode, Bestätigungseffekt oder selbsterfüllende Prophezeiung und Placebo-Effekt).
Wie sollte man also vorgehen, nachdem feststand, dass sich der Frühlingspunkt gegen den Bezugssystem Sternbilder der Tierkreiszeichen verschob?
Was war wichtiger, die Einteilung des Jahres oder das Vermessungssystem Sternbilder.
Wahrscheinlich die alten Griechen entschlossen sich dazu, die alten Bezeichnungen beizubehalten und die zugehörigen Sternbilder weiterziehen zu lassen.
Das ist eine durchaus logische Entscheidung. Wir halten es auch nicht anders mit unserem Kalender. Unser gregorianische Kalender zementiert auch das tropische Jahr ein und lässt nicht den Frühlingsbeginn durch die Monate wandern.
Das sorgt übrigens noch immer am 1.April für Verwirrung, weil ja ursprünglich die alten Kalender alle im Frühling begonnen haben und der 1.April eben nicht der Jahresanfang ist.
Meine Konklusio:
Ich finde die Astrologie hat die astronomischen Gegebenheiten eigentlich nicht verlassen, obwohl das manch so empfinden, weil sich die Sternzeichen des Tierkreises nicht mehr an der historischen Position befinden - manche sprechen von "tropischen" Tierkreis.
Die Interpretationen für die einzelnen Charaktertypen bleiben aber trotzdem nicht nachvollziehbar und können wegen der vielfach verwendeten Barnum Aussagen auch kaum verifiziert werden
------------- kurze Erklärungen dazu aus der heutigen Astronomie -------------
Bewegung der Fixsterne = Drehung der Erde, wobei etwa 23 Stunden 56 Minuten durch Eigendrehung und etwa 4 Minuten durch voranschreiten in der Bahn um die Sonne erklärt werden kann.
Wanderung der Sonne durch die Sternbilder = weil Erde um die Sonne wandert und deshalb die Sonne immer vor einem anderen Hintergrund steht
( zur Illustration kann man z.B. um einen Baum herumgehen und wird den Baum immer vor einem anderen Hintergrund sehen).
Ekliptik = ist eine wichtige Eigenschaft unseres Sonnensystems, weil alle Planeten und auch der Mond auf einer Scheibe rund um die Sonne liegen (siehe auch Saturnringe)
Sternbilder = eignen sich gut zur Vermessung der Bewegungen der Planeten , aber die Sterne sind zwar unvorstellbar weit weg aber bewegen sich auch. So wurde berechnet, dass in etwa 100.000 Jahren wichtige Sternenmuster komplett anders ausschauen werden.
Präzession = Drehung der geneignet Erdachse um Sternbild Drache, Dauer einer Umdrehung 25.800 Jahre - verantwortlich für Verschiebung des Frühlingspunktes
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https://www.astronomie.de/einstieg-in-die-astronomie/unsere-erde/die-praezession/
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Das astronomische Weltbild im Wandel der Zeit
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