Dutzende Tiere
Ausgesetzte Hauskaninchen wurden zu Wiener Wildtieren
Entlang des Treppelwegs am Handelskai hoppelt es mit dem einsetzenden Frühlingswetter wie wild. Der Grund ist eine größere Kaninchenkolonie. Einst dürften Haustiere ausgesetzt worden sein, inzwischen werden sie von Experten als natürliche Wildtiere betrachtet.
WIEN/BRIGITTENAU/LEOPOLDSTADT. Der Osterhase war kürzlich in Wien und passend zum Thema hat er zahlreiche Artgenossen aus dem Winterschlaf gelockt. Denn dank mildem Wetter samt Temperaturen um die 25 Grad lockt es am Handelskai zahlreiche Kaninchen aus ihren Erdbauten.
Wer hier, genauer gesagt zwischen Georg-Danzer-Steg in der Brigittenau und der Reichsbrücke in der Leopoldstadt, regelmäßig spazieren geht oder Sport betreibt, dem sind sie sicherlich schon aufgefallen. Mindestens mehrere Dutzend Stück an Kaninchen haben die Wiesen entlang des Treppelwegs zu ihrer Heimat gemacht. Seit Jahren schon kann man die munteren Tierchen sehen. Seelenruhig hüpfen sie im niedrigen Gras gleich neben den Asphaltflächen umher. Nur, wenn man direkt in der Nähe der Tiere stehen bleibt, ergreifen sie hastig die Flucht.
Auch beim Veterinäramt kennt man die Kolonie. Amtsärztin Susanne Drechsler spricht auf MeinBezirk.at Anfrage inzwischen schon von einer Art natürlichen Population: "Dem Veterinäramt ist seit vielen Jahren eine wildlebende, aus ehemals ausgesetzten Hauskaninchen entstandene, Kaninchenpopulation am Handelskai bekannt."
Schwer einzufangen
Inzwischen hat sich bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, um das Thema Treppelweg-Hasen genauer unter die Lupe zu nehmen: "Vertreter*innen einiger Magistratsabteilungen der Stadt Wien (wie Forstamt, Umweltschutzabteilung, Veterinäramt), der Tierschutzombudsstelle, der Wiener Umweltanwaltschaft, des FIWI (Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien) und des Tierservice haben das Thema dieser Kaninchen eingehend erörtert." Das Ergebnis: Im Laufe der Jahre haben sich Hauskaninchen mit Wildkaninchen gekreuzt. "In diesem Fall kann man bereits von einer Wildkaninchenpopulation sprechen, welche sich selbst reguliert", erklärt die Amtstierärztin Drechsler vom Veterinäramt.
Genaue Daten zur Anzahl der Tiere nennt man auch auf Nachfrage nicht. Ein Lokalaugenschein von MeinBezirk.at zeigt jedoch rasch, dass es sich um Dutzende handeln muss. Besonders auffällig: Alle gesichteten Exemplare haben entweder braunes oder schwarzes Fell. Gefährlich für Flora und restliche Fauna scheinen die Häschen zumindest nicht zu sein. Zumindest geht niemand vom Veterinäramt gegen die Tiere vor.
Dies wäre auch sehr schwer, wie Drechsler erklärt: "Diese Wildkaninchen mit Fallen zu fangen ist aufgrund des reichlichen Futterangebots außerhalb der Fallen sowie der langen, gegrabenen Wohnröhren nur schwer möglich." Das Aufstellen von Fallen und der Abtransport von einzelnen Tieren würde zudem Unruhe in die Population bringen. "Auch können diese Tiere nicht an Tierhalter*innen vermittelt werden", so Drechsler.
Natürliche Regulierung
Bei den Kaninchen, die man also inzwischen als natürliche Population ansieht, setzt man auf Selbstregulierung. Eben durch die Natur: "Ist die Population zu stark angestiegen, dezimiert sich diese durch den steigenden Infektionsdruck bzw. Beutegreifer auf natürliche Weise."
So oder so, die kleinen Tiere leben quasi mitten in einer Stadt, ein Aufeinandertreffen mit Menschen ist unausweichlich. Drechsler ermahnt daher: "Die Tiere sollten daher von Passant*innen in Ruhe gelassen werden." Und wer jetzt denkt, ein Kaninchen mehr oder weniger wird doch niemanden stören, der irrt. Das Aussetzen von Haustieren kann erneut Einfluss auf die Population haben. Überzeugend sollte auch das Argument sein, dass darauf bis zu 7.500 Euro Strafe drohen.
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