Alice Erik Moe im Interview
"Das Recht, zu sein, hat jede Person"

Die Linzer Aktivistin Alice Erik Moe bezeichnet sich selbst als genderfluid.
 | Foto: Alice Erik Moe
3Bilder
  • Die Linzer Aktivistin Alice Erik Moe bezeichnet sich selbst als genderfluid.
  • Foto: Alice Erik Moe
  • hochgeladen von Laura Schachner

Alice Erik Moe im Interview mit der BezirksRundschau spricht sie über ihren Zugang zum Feminismus, ihre Ziele und die Kooperation mit der Stadt Linz.

Wer bist du?
Alice Erik Moe: Im Alltag bezeichne ich mich als Alice Erik Moe und bin 31 Jahre alt. Studiert habe ich Soziale Arbeit und dann Kunst. Ehrenamtlich bin ich vor allem im Jugendbereich tätig.

Du bezeichnest dich selbst als genderfluid, kannst du kurz erklären, was das heißt?
Genderfluid heißt für mich, dass ich weder Mann noch Frau noch nicht-binär bin und trotzdem aber auch bin. Es ist für mich eine Identität ohne mich an Strukturen binden zu müssen. Diese Strukturen existieren zwar und sind womöglich auch wichtig, aber wie der Begriff schon sagt, es ist fluid. Man befindet sich wirklich im Einklang mit sich selber und im Fluss.

Was hat dich zum Feminismus gebracht?
Der Alltag und das Leben. Es ist schräg, egal als welches Geschlecht man sich identifiziert, sich nicht als Feminist zu bezeichnen. Weil einfach ein Krieg gegen jegliche Form von Weiblichkeit auf dieser Welt herrscht.

Seit wann engagierst du dich aktivistisch?
Je nachdem wie man Aktivismus bezeichnen möchte, habe ich schon als Kind damit angefangen. Ich wollte keine Röcke tragen, weil ich nicht dazu gezwungen werden, sondern die Entscheidung selbst treffen wollte. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, da gibt es ganz konservative Richtlinien. Da werden schon junge Menschen in solche Geschlechterrollen reingezwungen, was ich überhaupt nicht verstehen kann.

Was ist Queer-Feminismus für dich?
Queer-Feminismus kann ich gar nicht so genau zuordnen, das ist einerseits gut, aber auch verwirrend. Feminismus hat viele Strömungen, wir sind gerade im Vierte-Welle-Feminismus, der von mehr als zwei Geschlechtern ausgeht und auch nicht transphob und rassistisch ist. Man stellt die Strukturen der Geschlechternormen und -regelungen infrage.
Queerness ist für mich mehr als nur eine Identität aber auch ein Werkzeug. Man bedient sich dieses Werkzeugs, um Strukturen und Hierarchien infrage zu stellen, die nichts mit Ordnung zu tun haben, sondern Unterdrückung.

Du bist in verschiedenen Organisationen tätig, welche sind das und was sind deine Aufgaben?
Ich bin Community-Manager und Kultur und Kunst-Referentin in der HOSI Linz, bin bei der Jugendgruppe YOUnited eine Leiterin und auch bei der KUPF OÖ dabei.

Was macht dir am meisten Spaß an deiner Arbeit?
Dass ich Kunst und Soziales verbinden kann, was mir persönlich sehr wichtig ist und was mich als Mensch auch ausmacht. Ich bin der Meinung, Wissen schafft. Also Educate yourself! Das bringt einen immer dahin, wo man hin soll.

Was sind die Herausforderungen deiner Arbeit in Linz?
Linz ist sehr provinziell für eine Stadt und wo Potenzial ist, gibt es natürlich auch Herausforderungen. Was ich an Linz sehr schätze ist, dass man sehr viel aufbauen kann. Da ich Sachen gerne vorreite und auch mit unterstütze, gefällt mir das sehr gut.

"Diese Werbungen sind oft sehr patschert”

Was ist deine Meinung zum umstrittenen Werbevideo des Linzer Tourismusbüros?
Ja, diese Werbungen sind oft sehr “patschert”. Das passiert halt, wenn der Regenbogen-Kapitalismus klappt. Er klopft an und mischt mit, sobald es bei gewissen Subgruppen was zu holen gibt. Am besten man bindet immer Expert*innen mit ein, wenn man schon so strategisch vorgehen möchte.

Was kann die Stadt Linz machen, um das queer feministische Netzwerk zu unterstützen?
Die Stadt Linz ist tatsächlich immer mehr engagiert an der Zusammenarbeit mit queer feministischen Netzwerken, das merken wir bei der Arbeit beim Queer-Feminsmus Linz zum Beispiel oder der 8. März-Aktion. Ich bin auch ganz stark in Kontakt mit fiftitu und Kunstuni-Aktionen. Linz ist da wirklich am aufsteigenden Ast ist und zeigt sich sehr offen und kooperativ in Gesprächen. Was nur politisches Gelaber ist, wegen der Wahlen, wird sich dann zeigen. Es ist auf jeden Fall sehr positiv, dass so eine Kommunikation überhaupt möglich ist.

Wer sind deine Vorbilder?
Ich habe tatsächlich nie Vorbilder gehabt und habe somit mich selber aus zusammengebastelt. Ich finde Vorbilder sehr hilfreich, aber später im Erwachsenenalter geht es dann eher darum zu entgiften, Strukturen wieder zu verlernen und zu sich selber zu finden. Heute ist man durch die sozialen Medien international mehr vernetzt. Das hat seine guten und schlechten Seiten. Eine gute Seite ist auf jeden Fall, dass man sich einfach einmal ausprobieren kann und nicht immer gleich festlegen muss. Man kann sich überall das nehmen, was man braucht und was einem gut tut.

Was willst du mit deinem Aktivismus erreichen?
Mit meinem Aktivismus, mit meiner Kunst, mit meiner Präsentation auch medial möchte ich erreichen, dass Menschen wie ich auch Teil dieser Normalität sind. Dass uns nicht etwas zugesprochen wird, was wir uns nicht selber aussuchen. Dass uns die Möglichkeit der Selbstdefinition bleibt bzw. geschaffen wird; dass wir ernst genommen werden, indem was wir sind und nicht mehr darum kämpfen müssen und dass das auch gar nicht mehr infrage gestellt wird bzw. dass es keine Strukturen gibt, die das rechtlich und sozial infrage stellen können. Das heißt, absolute Gleichstellung. Toleranz oder Akzeptanz, das steht überhaupt nicht zur Debatte. Das Recht zu sein hat jede Person, so wie sie ist.

Was möchtest du den LeserInnen der BezirksRundschau noch mit auf den Weg geben?
Unsicherheiten hat jeder Mensch und was einem fremd ist, kann einen schon mal verunsichern. Also unsere Gehirne sind ja auch biologisch so geschaffen. Aber jeder Mensch sollte an sich arbeiten, dass er wirklich sicher ist. Wenn man wirklich sicher in sich ist, dann können so kleine Irritationen, wie etwas Unbekanntes, einen gar nicht so sehr aus der Fassung bringen. Man ist positiv neugierig anstatt mit Aggression oder sogar Gewalt zu reagieren. Wenn die andere Person das möchte, kann man auch gute Gespräche führen auf eine respektvolle Art und Weise oder einfach googeln. Das möchte ich den Menschen nahelegen: Interesse statt Furcht! Das ist das Einzige, was uns eine schöne diverse Welt auch zeigt und lebhaft macht.

– Von unserer Lehrlingsredakteurin Laura Schachner.

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.