"Ich würde mich schämen, wenn ich nicht helfen würde"

Roudi Hassan hilft jeden Tag bei der Betreuung der Flüchtlinge am Bahnhof. | Foto: privat
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  • Roudi Hassan hilft jeden Tag bei der Betreuung der Flüchtlinge am Bahnhof.
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"Syrien war kein armes Land. Wir hatten ein normales Leben, niemand hatte Hunger, jeder hatte genug zum Leben. Niemand hätte je daran gedacht, dass er jemals als Flüchtling nach Europa muss." Dennoch sitzt Roudi Hassan heute in Linz. Er kam bereits vor drei Jahren nach Österreich, floh vor dem Regime des Machthabers Baschar al-Assad. Er schlug sich bis in die Türkei durch. Nach eineinhalb Monaten brachte ihn ein Schlepper nach Österreich. "Ich konnte mir mein Ziel nicht aussuchen. Ich wollte nur in ein Land, in dem man in Frieden leben kann." Von Österreich kannte Hassan nur Wien und freute sich auf die Stadt mit der reichen Kultur. Nach einem kurzen Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum Thalham landete Hassan in Linz.

Arzt, der nicht arbeiten darf

"Inzwischen liebe ich Linz sehr und bin froh, dass ich hier bin", sagt der Zahnarzt, obwohl man es ihm hier nicht immer leicht gemacht hat. Trotz Studienabschluss und drei Jahren Arbeitspraxis darf Hassan nicht arbeiten. "Mein Studium aus der Ukraine wird nicht anerkannt." In Linz hat man ihm nach der positiven Erledigung seines Asylverfahrens geraten, lieber putzen zu gehen. Keine Alternative für den Kurden, der lieber in seinem angestammten Beruf arbeiten möchte. Hassan stellte sich beim AKh vor, durfte dort sechs Monate als unbezahlter Gastarzt arbeiten. "Ich war dankbar für die Chance, einen Einblick in das österreichische Gesundheitssystem und die Behandlungsweise zu bekommen." Mithilfe des Vereins migrare wurde zumindest sein Diplom anerkannt und Hassan darf als Zahnarzt- und Prophylaxeassistent arbeiten. Derzeit hat er eine geringfügige Stelle in Wels. "Die Unterstützung vom Staat gefällt mir gar nicht. Ich will unbedingt arbeiten und für mich selbst sorgen können."

Potenzial nutzen

So wie Hassan geht es vielen Asylwerbern in Österreich. "80 Prozent der Syrer haben eine Universität absolviert. Es kommen Ärzte, Apotheker, Ingenieure, die hier aber nicht arbeiten dürfen. Dabei wären gut ausgebildete Leute eine große Chance für die österreichische Wirtschaft. Man muss das Potenzial nur richtig nutzen." Lange hielt Hassan das Herumsitzen, zu dem Flüchtlinge während des Asylverfahrens verdammt sind, nicht aus. Er organisierte sich selbst einen Deutschkurs. Deutsch ist die sechste Sprache, die Hassan spricht. "Ich wollte Kontakt mit Menschen haben, die österreichische Mentalität kennenlernen. Nur wenn man die Mentalität eines Landes kennt, kann man im Ausland besser leben."

Im Einsatz für Flüchtlinge

Seine Kenntnisse nutzt der Kurde heute, um anderen Flüchtlingen zu helfen. "Wenn ich sehe, was die Österreicher freiwillig machen, können wir Syrer nicht zuhause bleiben. Ich würde mich schämen", so Hassan. Der anerkannte Flüchtling ist jeden Abend mit dem Roten Kreuz am Linzer Bahnhof im Einsatz. Er betreut die ankommenden Menschen und fungiert als Dolmetscher. Dabei stellte Hassan auch fest, dass nicht alle Flüchtlinge aus Syrien stammen. "Viele kommen eigentlich aus Afghanistan, dem Irak und anderen Ländern. Sie hoffen, schneller Asyl zu bekommen, wenn sie sich als Syrer ausgeben." Wenn man anderen Menschen hilft, sollte es egal sein, woher sie kommen, findet Hassan: "Ich verstehe die Menschen, die derzeit in Österreich ankommen. Ich weiß, warum sie sich für die Flucht entschieden haben. Sie hatten keine Chance mehr, in ihrem Land zu leben. In den Massenquartieren im Libanon und der Türkei ist die Versorgung schlecht, Millionen Menschen leben in Zelten. Wenn man es sich leisten kann schaut man, dass man von dort wegkommt. Diese Menschen brauchen Hilfe und Unterstützung." Die Hilfsbereitschaft der Linzer, die Hassan jeden Tag erlebt, freut ihn besonders. "Wir sind dankbar, dass die Österreicher so ein großes Herz haben. Wir werden es nie vergessen."

Roudi Hassan hilft jeden Tag bei der Betreuung der Flüchtlinge am Bahnhof. | Foto: privat
Roudi Hassan (re.) ist mit dem Roten Kreuz im Einsatz. | Foto: privat
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