NaturRundSchau
"Linz macht überdurchschnittlich viel für den Artenschutz"
- Biologe Friedrich Schwarz leitet den Botanischen Garten. Ihm liegt die Artenvielfalt in der Stadt besonders am Herzen.
- Foto: BRS/Gschwandtner
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Friedrich Schwarz, Leiter des Botanischen Gartens in Linz, erklärt, welche Naturräume für Linz typisch sind, welche seltenen Arten man beobachten kann und was die Stadt für den Erhalt der Biodiversität tut.
LINZ. Trotz Industriestadt-Image ist es um die Artenvielfalt in Linz ganz gut bestellt. Friedrich Schwarz, Leiter des Botanischen Gartens, erklärt, warum gerade Brachflächen rund um Produktionsbetriebe wie der voestalpine wichtig sind, und welche seltenen Pflanzen und Tiere im Stadtraum zu finden sind.
Was sind besondere Naturräume in Linz?
Friedrich Schwarz:
Linz hat eine Vielzahl von verschiedenen Naturräumen. Im Norden, in Urfahr, gibt es einen großen Anteil an Mühlviertler Kulturlandschaft im Stadtgebiet. Dieser beinhaltet alle klassischen Elemente wie Bauernhöfe, Obstbäume, Äckern, Wiesen und wunderschöne naturnahe Wälder: zum Beispiel am Pöstling- oder Bachlberg, und sogar in einer Größenordnung, die man am Land eher selten findet. Dort herrschen Monokulturen vor. Im Stadtgebiet haben wir sehr viele naturnahe Wälder. Das zeichnet Linz landschaftlich aus und ist ein wichtiger Teil der Stadtnatur. Das Land reicht ziemlich weit in die Stadt herein.
Und wie schaut Natur in der Innenstadt aus?
Auch im verbauten Zentrum findet man auch immer wieder Naturräume, zum Beispiel in den wunderschönen Innenhöfen im Neustadtviertel. Dort ist auch unglaublich viel Tierwelt beheimatet. Es gibt etwa eine unheimliche Fledermausdichte. Das ist sensationell. Die Tiere finden in der Innenstadt genug Futter und Versteckmöglichkeiten.
- Natur existiert hier neben Industrie und bietet zahlreichen Tier- und Pfanzenarten den benötigten Lebensraum.
- Foto: BRS
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Was ist sonst noch typisch Linz in puncto Stadtnatur?
Außergewöhnlich sind die großen Industriegebiete mit ihren Stadtwildnisräumen. Die Brachflächen auf Lagerplätzen oder Gleisflächen werden von der Natur in Beschlag genommen. Da wächst unglaublich viel wilde Natur von selbst, sogenannte Gstettn. Da sind auch besondere Pflanzen und Tiere dabei. Auch die Bodenqualität ist etwas Besonderes, nämlich Rohboden - das heißt Boden ohne Humus. Auf diesen sehr nährstoffarmen Böden wie Schlacke oder Schotter stellt sich eine natürliche Sukzession ein. Erste Siedlerpflanzen wie Moose, Flechten und Gräser wachsen dort bis der Bewuchs langsam immer dichter wird.
Gibt es auch besonders geschützte Gebiete in der Stadt?
Die Traun-Donau-Auen etwa sind ein Natura 2000-Gebiet. Es gibt nicht viele Städte, die direkt neben einem großen Stahlkonzern eine solche Schutzzone auf europäischem Niveau vorweisen können. Die Auwälder sind besonders, weil es sich um großflächig zusammenhängende Flächen handelt, insgesamt mehr als 6,6 Quadratkilometer. Die Artenvielfalt durch die bestehenden Alt- und Totarme ist fantastisch. Im Mitterwasser etwa glaubt man, im Amazonas zu sein. Das ist mehr oder weniger Urnatur. Durch gezielte Maßnahmen, sogenanntes Naturschutzmanagement, ist es gelungen, verschollen geglaubte Arten zurückzuholen. Dazu zählen das Helmknabenkraut – eine Orchideenart oder die Krebsschere, eine österreichweit vom Aussterben bedrohte Wasserpflanze.
Welche außergewöhnlichen Tiere kann man in Linz beobachten?
Zu den besonderen Tierarten zählt zum Beispiel die Wechselkröte, die im Industriegebiet vorkommt. Für diese haben wir gemeinsam mit dem Naturschutzbund dort mehrere Biotope angelegt. Dann gibt es in den Traunauen Eisvögel, die auch dort brüten. Erst vor einigen Jahren wurde auch der seltene Drosselrohrsänger im Stadtgebiet als Brutvogel nachgewiesen. Außerdem gibt es viele Turm-, Wander- und Baumfalken. Letztere brüten auch im Botanischen Garten. Sogar Nachtgreifvögel wie Waldohreulen und Waldkäuze findet man in der Stadt und wir haben eine hohe Biberpopulation.
- Die seltene Wechselkröte zählt zu den außergewöhnlichen Bewohnern im Linzer Industriegebiet.
- Foto: Huebauer
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Was macht die Stadt Linz, um die Artenvielfalt zu erhalten und zu verbessern?
Von der Abteilung Stadtgrün und Straßenbetreuung, wo auch der Botanische Garten dazugehört, versuchen wir auf den stadteigenen Flächen gezielte ökologische Maßnahmen umzusetzen. Wir bauen zum Beispiel Kleinbiotope für Eidechsen, Insekten, Wildbienen oder Schmetterlinge. Hier wurde vor kurzem ein Projekt im Rahmen der Linzer Klimastrategie an ein externes Landschaftsökologie-Büro vergeben und läuft bereits. Außerdem versuchen wir Wiesen zu vergrößern und den Mahdrhythmus zu reduzieren. Die Wälder werden möglichst ökologisch und naturnah bewirtschaftet. Es wird ja immer gemutmaßt, dass zu viele Bäume umgeschnitten werden. Meiner Meinung nach wird sehr sorgsam mit den Bäumen auf öffentlichen Flächen umgegangen und viel nachgepflanzt.
Inwiefern hängen Artenvielfalt und Klimaschutz zusammen?
In der Linzer Klimastrategie wurde das Thema Biodiversität mitbeschlossen. Das ist in anderen Städten eher selten der Fall. Klimaschutz ist ein Hype-Thema und auch wichtig, aber man vergisst oft auf die zweite Krise: der Rückgang der Artenvielvalt – die Biodiversitätskrise. Das ist teilweise unabhängig vom Klima zu sehen. Hier geht es um den richtigen Umgang mit Grünflächen und deren weiteren Ausbau.
Was kann man im eigenen Garten oder Balkon für die Artenvielfalt tun?
Wichtig wäre, möglichst viele heimische Pflanzen im eigenen Garten zu verwenden und verschiedene Lebensräume zu schaffen. Das beginnt bei einer kleinen Wasserstelle für Vögel zum Tränken und baden. Außerdem wäre es gut, Wiesen nicht bis in den letzten Winkel kurzzuhalten, sondern nur die häufig gebrauchten Flächen. Den Rest könnte man länger stehen lassen und auch das Totholz im Garten und die Brennnesseln nicht sofort entfernen. Gewürzsträucher im Balkonkistl, etwa Oregano, Thymian oder Bohnenkraut sind gutes Insektenfutter und auch in der eigenen Küche nützlich
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