FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek: "Ginge zur Hochzeit meiner homosexuellen Freunde"

Viele Ihrer Ressorts liegen in Bundeskompetenz. Wo liegt hier Ihr Selbstverständnis als Landesrat?
Es gibt irrsinnig viele Kompetenzüberschneidungen zwischen Bund und Ländern. Da bleibt sehr viel Geld auf der Strecke. Ich sehe eine Aufgabe darin, dass ich erkenne, wo es Parallelstrukturen gibt und man diese entflechtet. Meine Kompetenzen im Sicherheitsbereich sind sehr beschränkt, aber da kann ich politisch wirken. In anderen Punkten habe ich die Möglichkeit zu gestalten, zum Beispiel in der Wasserwirtschaft oder beim Feuerwehrwesen. Da kann man steuern, indem man die Investitionen entsprechend einsetzt.

Hat man auf Bundesebene nicht mehr Gestaltungsspielraum als auf Landesebene?
Wir würden eine Staatsreform benötigen. Den Großteil der Richtlinien bekommen wir von der Europäischen Union. Seit dem EU-Beitritt hat sich aber in der österreichischen Staatsorganisation nichts geändert. Ich bin ein Anhänger einer dezentralen Verwaltung. Wir haben in Brüssel schon einen Wasserkopf und jetzt will man den in Wien noch verstärken. Natürlich gibt es das Gegenargument, Bayern hat mehr Einwohner und keine neun Bundesländer. Aber mein Vorbild ist eher die Schweiz. Die Kantone haben mehr Rechte und Pflichten und die Schweiz ist ein sehr effektiv verwalteter Staat.

Sie waren einmal Mitglied des Bundesrats. Wäre der Bundesrat nicht verzichtbar?
So, wie der Bundesrat jetzt aufgestellt ist, besteht dringender Reformbedarf. Jetzt sind die Bundesräte vielfach Mandatare, die man noch nicht versorgt hat. Das haben sie sich nicht verdient. Ich habe einmal gesagt, ich komme mir im Bundesrat wie ein Wiederkäuer vor. Ich debattiere einen Monat zeitverschoben das Gleiche wie im Nationalrat. Dennoch bin ich gegen die Abschaffung, weil jede funktionierende Demokratie ein Zwei-Kammern-System braucht. Es müssen auch die Länder die Bundesgesetzgebung kontrollieren. Der Bundesrat muss mehr Kompetenzen haben und die Möglichkeit haben, korrigierend einzugreifen.

Es haben viele die FPÖ gewählt, damit sich in der Flüchtlingsfrage etwas ändert. Ist es überhaupt möglich, etwas auf Landesebene zu ändern?
Auf Landesebene sind meine Möglichkeiten sehr beschränkt. Ich kann natürlich mit meiner politischen Forderung nach mehr Polizei etwas tun, ich kann an die Grenze fahren und die Kräfte moralisch unterstützen. Aber der Wahlsieg der FPÖ ist nicht nur aufgrund der Flüchtlingsthematik entstanden. Wir haben schon im Mai gute Umfragewerte gehabt. Ich glaube, die Bevölkerung sieht einen gewissen Reformbedarf. Man hat das Gefühl, dass SPÖ und ÖVP nicht mehr gewillt oder imstande sind, etwas zu ändern.

Halten Sie die FPÖ auf Bundesebene für regierungsfähig?
Natürlich. Nur dann wird sich in Österreich etwas ändern, wenn die FPÖ in die Regierung kommt. Dieses Bild, das die Regierungsparteien derzeit darstellen, ist an Jämmerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Diese Zaun-Diskussion. Das ist ja peinlich. Zum Fremdschämen.

Wo sehen Sie die FPÖ im politischen Spektrum?
Das ist immer dieses Rechts-Links-Schema. Das ist zum Teil überholt. Wir sind natürlich in manchen Bereichen eine rechts-liberale, konservative Partei. Wir haben aber auch manche linke Positionen.

Beispielsweise?
Ich bin zum Beispiel ein radikaler Gegner dieser Finanzwirtschaft. Ich bin ein Anhänger einer liberalen, sozialen Marktwirtschaft, aber nicht, dass die Finanzwelt die Realwirtschaft diktiert. Wir haben das Problem, dass sich nur ein Bruchteil des Geldes, das im Umlauf ist, im Wirtschaftskreislauf befindet. Der Rest ist virtuelles Geld, das nur noch für spekulative Zwecke verwendet wird. Das ist eine Pervertierung einer freien Wirtschaft. Da bin ich radikal.

Was heißt das konkret?
Dass man denen das Wasser abgraben muss. Gewisse Spekulationen dürfen nicht mehr möglich sein. Mit ehrlicher Arbeit in der realen Wirtschaft wirst du nicht mehr reich, nur noch mit Spekulation. Das ist gesellschaftspolitisch ein völlig falscher Weg.

Sie fallen immer wieder durch Ihre deftige Wortwahl auf. Sind Sie ein Provokateur?
Ja, das bin ich gerne. Ich bin nicht einer, der hardcoremäßig immer nur gegen die Wand rennen will. Aber man muss auf Missstände aufmerksam machen. Ich bin in meiner Grundeinstellung ein Urliberaler. Für mich ist die Freiheit des Wortes und Geistes etwas ganz was Wichtiges. Und da provoziere ich dann natürlich.

Wie ist das, wenn sich andere Menschen durch Ihre Wortwahl verletzt fühlen?
Mich fragt auch keiner, ob ich mich verletzt fühle. Ich bin zum Beispiel Angehöriger einer schlagenden Verbindung und werde deshalb dauernd in das rechte Eck gestellt, obwohl wir das gar nicht sind. Fragt mich wer, ob ich verletzt bin?

Das heißt, man vergilt hier Gleiches mit Gleichem.
Nein, aber wie man in den Wald hineinruft, so hallt es zurück. Ganz einfach.

Es heißt, Sie stehen für den deutschnationalen Flügel in der FPÖ.
Schauen Sie, das ist alles so überholt. Natürlich entstammt, historisch bedingt aus dem 19. Jahrhundert, die FPÖ aus dem national-liberalen Lager. Aber national ist für mich heute völlig anders zu definieren als vor 50 Jahren.

Hat der deutschnationale Gedanke, der sich historisch im Linzer Programm begründet, für Sie Bedeutung?
So wie für einen Sozialdemokraten die Diktatur des Proletariats auch wahrscheinlich keine Bedeutung mehr hat. Für mich ist das eine kulturelle Einstellung. Dazu stehe ich. Aber ich hänge weder einem Deutschen Reichsgedanken noch einem Anschlussgedanken nach. Das ist obsolet. Für mich ist das ein kultureller Begriff.

Bitte definieren Sie das.
Das heißt, ich spreche Deutsch. Historisch gesehen waren wir Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Meine Heimat war bis vor etwa 200 Jahren ein Teil Niederbayerns, also sehe ich mich als Teil dieser deutschen Kulturgemeinschaft, die sich unterschiedlich entwickelt hat. Es gibt Deutsch-Schweizer, Österreicher, Deutsche, Deutsche in Südtirol et cetera. Das ist für mich einfach eine Selbstverständlichkeit, so wie ein Teil meiner Vorfahren Slowenen sind. Und es gibt Österreicher mit türkischen Wurzeln, Österreicher mit rumänischen Wurzeln et cetera. Die Mehrheit der Bevölkerung entstammt halt diesem deutschen Kulturkreis. Dieses krampfhafte Sich-Abgrenzen ist ja nur ein Resultat des Zweiten Weltkriegs, weil Österreich sich aus der historischen Verantwortung stehlen hat wollen. Jetzt haben wir halt krampfhaft versucht, eine eigene Staatsnation zu schaffen. Aber das sehe ich völlig komplexfrei. Ich bin nicht im nationalen Flügel. Wir in der FPÖ denken alle ähnlich. Heimatbewusst, unsere Wurzel erkennend, in gesellschaftspolitischen Themen in mancher Hinsicht konservativ, in mancher Hinsicht sehr liberal. Ich meine, ich habe zum Beispiel genauso homosexuelle Freunde.

Wie stehen Sie persönlich zur Homo-Ehe?
Ich will nicht ins Theologische kommen. Ich glaube, dass die Institution der Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau gedacht ist, um Nachkommenschaft zu zeugen. Das hat für mich eine andere Bedeutung als eine Partnerschaft. Es gibt ja auch Heterosexuelle, die keine Ehe wollen, sondern nur eine Partnerschaft.

Angenommen, Ihre homosexuellen Freunde würden heiraten, weil es in Österreich erlaubt ist. Würden Sie zur Hochzeit gehen?
Warum nicht? Natürlich. Für mich ist Sexualität so wie Religion Privatsache. Ich lehne nur die nach außen und offen zur Schau getragene Sexualität und Religion ab. Das geht vom Kopftuchtragen der Frau bis hin zur Love Parade. Das finde ich persönlich abstoßend. Aber deswegen stört es mich nicht, wenn die das machen wollen. Aber das wird für politische Zwecke missbraucht. Ich bin liberal, weil ich gegen jegliche Art von Zwang bin. Aber der Zwang wird zum Teil von den anderen ausgeübt. Wenn du nicht dabei bist, bist du derjenige, der ausgegrenzt wird.

Das Interview führten Thomas Kramesberger und Rita Pfandler.

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