Interview
Tina Blöchl: "Mir ist ein offenes Stadtklima wichtig"

Vizebürgermeisterin Tina Blöchl beim Interview im noch nicht ganz fertig eingerichteten Büro im Alten Rathaus. | Foto: BRS/Diabl
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Die neue Vizebürgermeisterin Tina Blöchl (SPÖ) über ihre Rückkehr nach Linz, die Stadtfinanzen, den Kampf um die besten Köpfe und die Integrationsaufgaben der Stadt.

LINZ. Tina Blöchl (38) ist seit November unter anderem für Finanzen, Personal und Integration verantwortlich.

Als Hobby geben Sie an erster Stelle „Zeit mit der Familie“ an. Wie hat sich der neue Job darauf ausgewirkt?
Blöchl: Mein Leben hat sich natürlich verändert, aber meine Familie reagiert sehr positiv und unterstützt mich. Ich habe eine sechsjährige Tochter und schaue, dass wir gemeinsame Zeit haben – am liebsten auf Linzer Wanderwegen.

Was ist anstrengender, ein Budget zu erstellen oder Wahlkampf zu führen?
Das sind wirklich zwei ganz unterschiedliche Aufgabenfelder. Im Wahlkampf hat man viel Kontakt zu Menschen. Das mag ich sehr. Das Budget ist für mich eine sehr kreative Arbeit, wo man sehr verantwortungsbewusst agieren muss.

Sie sollten eigentlich die Paschinger SPÖ in die Wahl führen. Nun stellt die ÖVP den Bürgermeister. Wie geht es Ihnen damit?
Ich habe Pasching vor knapp zwei Jahren verlassen, das liegt für mich in der Vergangenheit. Mein Blick ist ausschließlich auf die Zukunft gerichtet.

Vor ihrer Rückkehr nach Linz war Blöchl acht Jahre in Pasching. | Foto: BRS/Diabl
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Ihre Kür zur Vizebürgermeisterin war in der Fraktion nicht unumstritten, da sich Kollegen übergangen gefühlt haben. Haben sich die Wogen inzwischen geglättet?
Die Wogen habe ich persönlich nicht so drastisch empfunden. Für mich ist die Frage im Vordergrund gestanden, ob ich die Hypo nach 17 Jahren verlasse und hauptberuflich in die Politik gehe. Klaus Luger (Bürgermeister, Anm.) hat mich im Oktober gefragt und ich habe mich über diese Ehre gefreut. Es gibt immer Personen, die mit Entscheidungen nicht ganz einverstanden sind, aber im Endeffekt war es eine gemeinschaftliche der Bezirkspartei und die ist in einem hohen Ausmaß positiv für mich ausgegangen. Ich spüre wenig bis gar keinen Gegenwind.

"Ich fühle mich sehr wohl"

Sie fühlen sich in der Linzer SPÖ gut aufgenommen?
Ja, sehr, ich bin lange in der Linzpartei im Stadtteil Froschberg aktiv gewesen. Als ich zurückgekommen bin, war es ein Heimkommen. Ich fühle mich sehr wohl und schätze die Kollegen in höchstem Maße.

Was sind die Unterschiede zwischen einer Gemeinde wie Pasching und einer Stadt wie Linz?
Die Bedarfe in einer kleineren Gemeinde sind ganz anders als in einer Landeshauptstadt. Man kann es nicht vergleichen, das ist ganz eine andere Dimension.

Linz hat die Schuldentilgung wegen Corona auf 2025 verschoben. Jetzt ist Krieg. Glauben Sie, dass 2025 hält?
Wir haben voraussichtlich 100 Millionen Euro Covid-bedingte Belastung bis 2025, eine Nettotransferbelastung an das Land OÖ von 81 Millionen Euro jährlich und wollen trotzdem unsere sozialen Leistungen aufrechterhalten. Zusätzlich wollen wir klimaneutral werden. Das sind massive Herausforderungen. Unseren Konsolidierungskurs fortführen heißt unser Leistungsportfolio evaluieren, Prozesse überarbeiten und schauen, welche Fördermaßnahmen werden wir uns in Zukunft leisten wollen.

2025 ist also nicht in Stein gemeißelt.
Ich kann Ihnen nicht zusagen, dass das 2025 sein wird.

Rechnen Sie mit Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Linzer Wirtschaft und damit die Stadtfinanzen?
Das wissen wir noch nicht.

Sie haben die steigenden Transferzahlungen an das Land angesprochen. Wird es ohne eine Neuregelung der Finanzströme überhaupt gehen?
Diese 81 Millionen Euro belasten uns maßgeblich und wenn wir unser Leistungsportfolio weiterhin aufrechterhalten wollen, wird es wichtig sein, an dieser Stellschraube zu drehen.

"Wir agieren transparent"

Die Linzer ÖVP pocht seit Jahren auf eine Gesamtdarstellung der Finanzen inklusive der ausgelagerten Schulden.
Wir agieren transparent, haben eine Konzernbilanz und eine Rechnungslegung im Haus. Alles ist einsehbar. Mir geht es immer um das Gemeinsame und die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien ist wirklich gut.

Immer mehr Gemeinden klagen darüber, freie Stellen nicht optimal besetzen zu können. Bekommt die Stadt Linz die besten Köpfe?
Wir haben Herausforderungen im Ärztebereich, in den IT- und technischen Berufen sowie in der Kinderbetreuung. Aber wir schaffen es dennoch, dass wir diese Stellen besetzen. Die Führungskräfte sind ja am Auswahlprozess beteiligt und hier habe ich noch keinen Unmut vernommen.

Was tun Sie, damit die Stadt Linz ein attraktiver Arbeitgeber bleibt?
Wir wollen gute Arbeitsplätze anbieten und als guter Arbeitgeber wahrgenommen werden, besonders für junge Menschen, die bei uns ihre Berufslaufbahn starten. In der Lehrlingsausbildung setzen wir in Zukunft stark auf IT und Technik. Damit stärken wir auch den Wirtschaftsstandort Linz. Wir leisten zudem einen Beitrag zur Beschäftigung von Menschen 50 plus und beteiligen uns am Job-Restart-Programm. Neu ist eine Kooperation mit dem AMS vor allem im Kindergartenbereich.

Seit November ist Blöchl für Finanzen, Personal, Integration und LGBTIQ*-Angelegenheiten zuständig. | Foto: BRS/Diabl
  • Seit November ist Blöchl für Finanzen, Personal, Integration und LGBTIQ*-Angelegenheiten zuständig.
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Sie sind auch für Integration zuständig. Wie steht es um das Zusammenleben in Linz?
Mir ist ein offenes Stadtklima wichtig, das auch zukunftsorientiert ist und einen Lebensort für Menschen mit verschiedenen Kulturen bietet. Wir haben ganz klare Grundprinzipien: Einerseits wird jede Art von Diskriminierung in Linz nicht akzeptiert, andererseits ist die Sprache ein zentraler Anknüpfungspunkt, um hier ein gleichberechtigtes und selbstständiges Leben zu führen. Sprachförderung ist deshalb ein ganz wesentlicher Bestandteil des Integrationspakets. Mir ist aber auch wichtig, dass sich alle, egal welchen Background sie haben, an unsere Rahmenbedingungen halten und jeder etwas für ein positives und wertschätzendes Miteinander in Linz beiträgt. Wir nennen das das Grundprinzip des Forderns und Förderns.

Eigentlich gilt die Sprachförderung in Linz ja als vorbildlich. Warum reicht das nicht?
Es findet gerade eine Evaluierung statt. Danach werden wir unsere Angebote entsprechend anpassen, um vor allem Kinder zu unterstützen, die Sprache rasch und frühestmöglich zu erlernen, damit es zu keinen Nachteilen im Bildungssystem kommt.

"Gibt Regeln und Normen, an die man sich halten muss"

Viele Menschen haben ein prinzipielles Problem damit, dass sich die Bevölkerungsstruktur verändert.
Ich sehe es ganz klar als Aufgabe von uns als Stadt und der kooperierenden Vereine, hier für wechselseitiges Verständnis zu sorgen. Es ist Tatsache, dass wir in Linz einen anderen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund haben als in ländlichen Gemeinden. Wichtig ist, dass wir ein Umfeld schaffen, in dem wir weltoffen damit umgehen. Im Gegenzug gibt es Regeln und Normen, an die man sich halten muss, seien es gesetzliche, aber auch Gepflogenheiten, die für ein respektvolles Miteinander wichtig sind.

Es könnten neue Bürger aus der Ukraine in Linz bleiben. Wie bereitet sich die Stadt abseits der Ersthilfe darauf vor?
Wir wissen noch viel zu wenig. Für mich ist aber ganz klar, dass der Erwerb der Sprachkompetenz von Beginn an eine wichtige Maßnahme ist.

Sie haben sich im Dezember im Stadtsenat bei einer Pro-forma-Abstimmung enthalten, was ungewöhnlich war. Sind Sie besonders gründlich oder war das ein „Anfängerfehler“?
Das war sicher kein Anfängerfehler. Es mag sein, dass das eine Standard-Abstimmung war, aber mir war es zu wenig aufbereitet. Ich bin ein sehr gründlicher Mensch und mir ist immer wichtig, dass ich hinter den Entscheidungen stehen kann. Jedes Stadtsenatsmitglied agiert anders und meine Ansprüche an die tägliche Arbeit waren einfach noch zu wenig bekannt.

Sie sind auch für die LGBTIQ*-Angelegenheiten zuständig. Wird es mehr als symbolische Regenbogenbänke geben?
Ja, auf jeden Fall. Dieses Thema ist mir sehr wichtig. Wir wollen durch unsere Maßnahmen die Akzeptanz und auch die Lebensqualität der LGBTIQ*-Community verbessern.

Blöchl ist Vorsitzende der SPÖ Sektion Froschberg. | Foto: BRS/Diabl
  • Blöchl ist Vorsitzende der SPÖ Sektion Froschberg.
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Die SPÖ ist seit Jahren in der Krise. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Es gibt verschiedenste gesellschaftliche Herausforderungen, die Stimmungen in einem Land verändern, die auch ein Jahr später wieder komplett anders ausschauen können. Die Gründe sind vielfältig. Wer hätte gedacht, dass die MFG in den Landtag einzieht? Wir wissen auch, dass sich die Parteizugehörigkeit ganz stark verändert hat, wie man auch an der Vielfalt in unserem Gemeinderat sieht. Mir ist es wichtig, die Sozialdemokratie zu stärken, damit die Arbeitnehmer eine Vertretung haben.

Wie schafft man das?
Indem man Maßnahmen setzt, die die Arbeitnehmer in ihrem täglichen Leben unterstützen und für mehr Lebensqualität sorgen. Wir als Stadt haben uns entschieden, einen großen Teil unseres Budgets im Sozialbereich zu verankern. Unsere Politik hat eine ganz starke sozialdemokratische Handschrift.

Trauen Sie sich das Amt als Bürgermeisterin auch zu?
Die Frage ist viel zu verfrüht. Wir haben eine Wahl im Herbst gehabt, wo Klaus Luger zum Bürgermeister gewählt wurde und ein Nachfolgegespräch finde ich einfach auch nicht angemessen.

Sie sind Sektionsvorsitzende der SPÖ Froschberg. Was sind dort die wichtigsten Herausforderungen?
Bei meiner Rückkehr habe ich eine Strategie und ein Maßnahmenpaket für die SPÖ Froschberg erstellt und dafür sehr viele Gespräche mit den Menschen am Froschberg geführt. Das beinhaltet die qualitative Weiterentwicklung der Kinderbetreuungseinrichtungen und leistbares Wohnen, das qualitativ hochwertig ist. Der Großteil der Mietwohnungen am Froschberg sind Eisenbahnerwohnungen. Da geht es mir darum, dass Sanierungsmaßnahmen gesetzt werden, damit die Wohnqualität steigt. Wichtig ist mir auch würdevolles Leben bis ins hohe Alter, Stichwort Vereinsamung. Da müssen wir mit leistbaren Angeboten ansetzen, etwa einem Reparatur-Café. Da geht es auch um Nachbarschaftshilfe. Gerade nach Covid wird es wichtig, wieder ein soziales Leben herzustellen.

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