"Direktvermarktung wird professioneller"

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Der Winter war schneearm. Jetzt regnet es sehr wenig. Wird sich das negativ auf die Ernte auswirken?
Franz Reisecker: Noch ist es zu früh, genaue Prognosen abzugeben. Sollte der Regen kommen, wird sich der Schaden in Grenzen halten.

Voriges Jahr war die Ernte durchwachsen.
Ja, aufgrund des Hochwassers und der Dürre. Aber für 2014 traue ich mich keine Prognose abzugeben.

Müssen sich die Landwirte auf extremere Wetterphänomene einstellen?
Ja. Das ist ein Trend, der sich verstärken wird. Das macht uns in der Landwirtschaft auch riesige Probleme. Daher fordere ich auch eine Ernteversicherung.

Die gibt es derzeit ja noch nicht.
In den USA schon. In Österreich gibt es nur eine Hagelversicherung, in der Hochwasser und Dürre nur in sehr bescheidenem Ausmaß abgedeckt werden. Ich begrüße daher den Vorstoß der Bundesregierung diesen Bereich auszubauen.

In welchem Zeitraum wird eine solche Ernteversicherung kommen?
Ich denke, regionale Pilotprojekte werden bereits in den kommenden zwei, drei Jahren starten. Flächendeckend denke ich, wird es das im Jahr 2020 geben.

Als Modellregion wären auch Gegenden in Oberösterreich denkbar.
Absolut. Wir führen da auch Gespräche mit Ministerium und der Hagelversicherung. Das Klima ist in Österreich ja doch unterschiedlich. Genaueres kann ich derzeit noch nicht sagen.

Das EU-Parlament hat die Saatgutverordnung kürzlich gekippt.
Das Thema ist sehr komplex. Fest steht: die Europäische Kommission muss sich da eine neue Formulierung überlegen. Die Landwirtschaft sieht das ja sehr differenziert. Das Saatgut muss hohe Qualität haben und gleichzeitig wollen wir alte Saatgutarten weiterhin haben. Wir sind an einer EU-Saatgutverordnung interessiert, aber die Sortenvielfalt muss erhalten bleiben. Ohne Verordnung wird es auch in der Züchtung keinen Fortschritt mehr geben.

Wann rechnen Sie nun mit einer Saatgutverordnung?
Das wird sicher noch zwei, drei Jahre dauern.

Wie stehen Sie zum Freihandelsabkommen mit den USA?
Das sehe ich sehr kritisch. Wir wollen da auch ein Mitspracherecht. Es wird nur vom Wirtschaftsministerium verhandelt. Wir haben in Europa hohe Standards, mit diesen hätten wir keine Chance, dass nicht zum Beispiel hormonbehandeltes Fleisch zu uns in den Handel kommt. Unsere Landwirte wären nicht wettbewerbsfähig. Ein Freihandelsabkommen würde die Produktionsbedingungen komplett ändern.

Also Produktivität nur über die Fläche.
Genau.

Inwieweit hat sich die Struktur der Betriebe in den vergangenen Jahren geändert?
Bei den Haupterwerbsbetrieben haben wir eine stabile Situation. Wo wir Probleme haben, ist bei den kleinen Nebenerwerbsbetrieben. Viele junge Leute tun sich diese Doppelbelastung nicht mehr an.

Haben Sie da Zahlen?
Wir haben etwa 16.000 Vollerwerbsbetriebe und circa 13.000 Nebenerwerbsbetriebe.

Ist Landwirtschaft für die Jugend überhaupt noch attraktiv?
Ja, wir haben mehr als tausend Hofübergaben bei den Haupterwerbsbetrieben jedes Jahr in Oberösterreich. Junglandwirte bekommen auch eine finanzielle Unterstützung. Die Hof-Nachfolge hat sich zum Glück positiv entwickelt.

Viele Landwirte versuchen es mit Urlaub am Bauernhof und anderen Nebenerwerbsmöglichkeiten. Wird dieser Trend weitergehen?
Ja, und diese Betriebe werden diese Dienstleistungen noch professioneller anbieten. Egal, ob es sich um Urlaub am Bauernhof oder Direktvermarktung handelt. Bei Urlaub am Bauernhof haben wir schon 320 Mitgliedsbetriebe mit 4000 Betten. Und im Vorjahr gab es dort in Oberösterreich 400.000 Nächtigungen. Das ist schon eine sehr gute Auslastung. Zudem haben wir schon 2000 Direktvermarkter. Da gibt es auch mittlerweile eine App, von der Landwirtschaftskammer Österreich entwickelt, die die Direktvermarkter in der Nähe anzeigt. Das zeigt den mittlerweile hohen Grad der Professionalisierung.

Ist bei den Direktvermarktern noch Luft nach oben?
Vereinzelt ja. Aber von von der Gesamtanzahl her, glaube ich nicht an große Steigerungsraten. Aber ich denke, die Produktpalette wird noch zulegen.

Und qualitativ?
Bei Fleischprodukten haben wir bei der Qualität und der Vielfalt noch Potenzial.

Stichwort Bio. Haben wir da schon den Plafond erreicht?
Alle reden darüber, aber von der Wertschöpfung werden nur sieben Prozent der Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft gekauft. Letztendlich entscheidet der Konsument und da geht halt viel über den Preis.

Also gibt es da kaum noch Steigerungsmöglichkeiten?
Wir müssen den Leuten klar machen, dass konventionelle Landwirtschaft nicht schlecht ist. Die ist sogar ziemlich gut. Wenn man ein österreichisches Produkt kauft, kann man sich sicher sein, ein hochqualitatives Produkt in Händen zu halten.

Das heißt, die konventionelle Landwirtschaft hat zumindest ein kleines Imageproblem?
Wir haben sicher noch Bedarf bei Werbung und Marketing in dem Bereich. Da helfen solche Aktionen wie die von Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, die heimische Lebensmittel in den Mittelpunkt rücken. Die vergangenen 15 bis 20 Jahre ist fast alles in Richtung Bio gegangen. Das war auch Sache und Aktion des Lebensmittelhandels.

Die Milchpreismengenregelung fällt mit 1. April 2015. Was erwarten Sie da für Oberösterreich?
Es gibt in Oberösterreich viele Landwirte, die mehr Milch als derzeit möglich, produzieren wollen. Die Milchmenge wird sich daher erhöhen. Ich schätze, sie wird um zehn bis 15 Prozent zulegen. Beim Milchpreis wird sich für die Konsumenten wahrscheinlich nichts ändern.

Wie viele Milchbauern gibt es in Oberösterreich?
Circa 9000.

Auf die Zahl der Betriebe wird sich das nicht auswirken, oder?
Nein. Die Betriebe werden nur größer werden.

Die Landwirte haben sich in den vergangenen Jahren bei den Investitionen zurückgehalten. Da gibt es seit kurzem ein neues Förderprogramm.
Genau. Da haben bereits die ersten Betriebe eingereicht. Ich erwarte mir eine rege Bautätigkeit. Von 2007 bis 2013 haben wir 1,1 Milliarden Euro Investment in Oberösterreich gehabt. Nur in Stallungen und Gebäude.

Und mit wie viel Investment rechnen Sie von 2014 bis 2020?
Mindestens mit genauso viel.

Auch wertberichtigt?
Auch wertberichtigt.

Welche Ideen schweben Ihnen noch im Service für die Mitgliedsbetriebe vor?
Ich will verstärkt in die Weiterbildung investieren und neue Beratungselemente den Landwirten anbieten. Zum Beispiel im Berich des Kostenmanagments oder bei der Tierhaltung. Wir haben die riesige Unterschiede zwischen den Besten und den weniger guten.

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