"Du kannst die Kuh nur einmal melken"

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Kommt im Jahr 2014 der lang erhoffte Aufschwung?
Franz Gasselsberger: Grundsätzlich ist die Stimmung deutlich positiver als noch vor ein paar Quartalen. Auch wenn die Wirtschaftsforscher die Aussagen nach oben revidieren, ist für uns die Stimmung der Kunden am wichtigsten. Und die ist noch nicht so euphorisch. Es sind eine positive Grundstimmung da und eine positive Erwartungshaltung. Das Wirtschaftswachstum muss von 0,4 auf 1,7 Prozent ansteigen. Die Hoffnung ist, dass der Konsum zulegt. Eine weitere Hoffnung ist, dass die Anlageninvestitionen, die rückläufig waren, wieder zulegen. Es muss nur jetzt der Markt entsprechend kommen. Wir haben aber keinen Grund in Österreich zu jammern, da wir uns auf einem hohen Niveau bewegen. Wenn ich die Konjunkturerwartung an der Kreditnachfrage messe, dann sehe ich, dass diese deutlich besser ist als im vierten Quartal des vorigen Jahres. Wir erwarten heuer ein Kreditwachstum von vier Prozent, möglicherweise mehr. In Österreich ist der Markt um zwei Prozent zurückgegangen.

Die Kreditzinsen sind aber zurzeit auch sehr niedrig.
Das sind sie aber überall. Die Wohnbaufinanzierungen laut Bericht der Nationalbank stagnieren in Österreich und bei der Oberbank wachsen sie um vier Prozent. Die Kommerzkredite sind rückläufig, bei der Oberbank wachsen sie um fünf Prozent. Im Bereich der Unternehmensfinanzierungen haben wir uns einen Namen gemacht und das kommt uns jetzt zugute. Mit dem Kreditwachstum haben wir uns aber auch keinen Markt zugunsten des Zinsergebnisses erkauft.

Da kommt der Oberbank zudem das Schwächeln anderen Banken zugute.
Die objektiven Veröffentlichungen der Nationalbank zeigen, dass in den letzten vier bis fünf Quartalen die Kreditrichtlinien leicht angezogen haben. Ich möchte nicht sagen, verschärft. Manche Banken überarbeiten, überdenken ihre Kredit-Policies. Das merken wir auch.

Weil wir beim Thema Regulierung sind. Unter Ihrer Federführung haben sich die Banken mit Wünschen vor allen in Bezug auf Transaktionssteuer an eine künftige Regierung gewendet.
Wir haben in Österreich eine sehr ernste Situation, was die Belastung der Banken anbelangt. Die deutsche Bankenabgabe fließt nicht ins Budget, wie bei uns, sondern in einen eigenen Fonds. Bei uns versickert es. Dass wir von den Ländern keine große Unterstützung bekommen ist klar, da diese vom Finanzausgleich profitieren. In einer Zeit, in der Banken angehalten sind, auf ihre Werte gemäß Basel III zu achten, muss man auf die Leistungsfähigkeit der Banken achten. Ich habe es bereits mehrmals gesagt: Du kannst die Kuh nur einmal melken. Wir können nicht Einlagensicherungsfonds, Notfallfonds und Bankenabgabe kumulativ abliefern. Das macht bereits 20 Prozent der gesamten Gewinne der Banken auf. In Summe sind das aufgerundet 600 Millionen Euro, was einem Kreditvolumen von acht Milliarden Euro entspricht. Und das wird eine Rolle spielen, wenn die Kreditnachfrage wieder größer wird. Und es wird zu einer Verteuerung der Kredite kommen müssen, wenn die Banken hier gefordert sind. Das ist nicht nur die Meinung der Banken, sondern auch die des Internationalen Währungsfonds. Die Finanztransaktionssteuer wird so bald nicht kommen. In Brüssel ist man sich da uneins und Deutschland wird keinen Alleingang wagen. Die Spekulanten sind ja längst über alle Berge, die Transaktionssteuer wird die Konsumenten, die Steuerzahler treffen. Aber das wird zu wenig in der Öffentlichkeit gesagt. Mit dem ursprünglichen Gedanken, nämlich Spekulationen wie High-Frequency-Trading, hat diese Steuer nichts zu tun.

Kann man Spekulanten überhaupt Einhalt gebieten?
Ich glaube, wir haben das Problem, dass die Regularien immer komplexer und komplizierter werden. Man müsste ganz klar hergehen und mit Ge- und Verboten arbeiten. Das würde Klarheit schaffen. Das ist aber ohnehin nicht das Thema österreichischer Banken, sondern nur einiger weniger Großbanken.

Wie lange wird das Zinsniveau so niedrig bleiben?
Das hängt von der Konjunktur ab. Wenn diese um ein Prozent wächst, dann werden wir keinen Zinsdruck bekommen. Wenn man aber etwas optimistisch an die Sache herangeht und die Konjunktur anzieht, dann ist die EZB (Europäische Zentralbank, Anm.) zum Handeln genötigt. Ich kann mir vorstellen, dass die langfristigen Zinsen nächstes Jahr nach oben gehen werden. Vor allem dann, wenn die Vereinigten Staaten ihre lockere Geldpolitik zurückführen. Das hängt dort aber davon ab, dass die Arbeitslosenrate unter die 6,5 Prozent fällt.

Aus Sicht der Banken. Was sind Forderungen für den Finanz- und Wirtschaftsplatz Österreich?
Die Forderungen an eine vermutlich große Koalition sind sonnenklar. Das sind die Themen Pensionsreform, Bildung, Gesundheit und Verwaltungsreform. Beim Pensionsantrittsalter sind wir meilenweit vom EU-Durchschnitt entfernt. Das ist ja verantwortungslos. Bei uns erhöht es sich pro Jahr um nur ein Monat. Das ist ja nichts. Wer soll das denn bezahlen. Bei der Verwaltung haben wir enormes Einsparpotenzial. Ich erwarte mir, dass die künftige Regierung, die Sachen umsetzt, die sich die Bevölkerung erwartet. Aber bei einer Mitte-links-Partei und einer Mitte-rechts-Partei ist der kleinste gemeinsame Nenner nur sehr klein.

Was sind Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich?
Das demografische Thema wird das zentrale werden. Stichwort Facharbeitermangel. Die geburtenschwachen Jahrgänge werden am Arbeitsmarkt voll durchschlagen. Wir sind daher quer über alle Branchen gefordert motivierte Mitarbeiter länger in den Betrieben zu halten. Wir müssen Modelle entwickeln, wie Unternehmen einem 60-Jährigen Anreize geben können, dass er seine Erfahrung zur Verfügung stellt. Auch beim Thema Frauen und Beruf haben wir noch viel zu tun. Doch da fehlen mir seitens der Politik noch die Rahmenbedingungen.

Kommen wir zur Oberbank. Was sind die Vorhaben der Oberbank in den kommenden Monaten und Jahren?
Wir haben es geschafft, uns hervorragend in den stürmischen Jahren zu halten. Wir haben ein sehr gutes Zinsergebnis, das spiegelt sich in den Kennzahlen wider. Wir haben auch eine sehr gute Kostenstruktur. Da haben andere Banken noch einen hohen Handlungsbedarf. Von Großinsolvenzen waren wir zum Glück kaum oder nur gering betroffen. Wenn andere Banken meinen, sie müssten Filialen schließen, dann kann ich nur sagen, dass ich anderer Meinung bin. Da bewegt man sich vom Kunden weg und erhöht den Risikoaufwand. Wir sind auch stark organisch gewachsen. Wir haben im Schnitt sechs bis sieben Filialen pro Jahr eröffnet und das rechnet sich. Und wir haben bestens ausgebildete und motivierte Mitarbeiter. Diese Mixtur macht den Erfolg der vergangenen Jahre aus.

Und diesen Expansionsweg setzen Sie fort?
Ja.

Mit sechs bis sieben neuen Filialen pro Jahr?
Das mag ich noch nicht im Detail sagen, aber wir haben noch viel vor.

Sie waren immer für eine Expansion nach Wien.
Wir haben kürzlich 25 Jahre Oberbank in Wien gefeiert. Wir waren die erste Bundesländerbank in Wien und wir sind die erfolgreichste. Heuer haben wir bis jetzt drei Filialen eröffnet und halten derzeit bei 20. Wir sind dort bereits ein Faktor. Wien ist ein Riesenmarkt für uns. Wir wollen dort auf 30 Filialen aufstocken. Dann wären wir die Nummer fünf am Wiener Markt.

Wann wollen Sie 30 Filialen in Wien haben?
Wir wollen in dem Tempo wachsen, wie bisher, mit zwei, drei Filialeröffnungen pro Jahr.

Wie läuft es am bayerischen Markt?
Sehr gut. Auch das ist ein riesiger Markt. Man kann nicht nur in Oberösterreich herumkurven. Ich bin daher auch viel bei Kunden in Bayern unterwegs. Auch in Tschechien und Ungarn entwickeln sich die Geschäfte gut.

Wie werden in fünf bis zehn Jahren die Bankgeschäfte abgewickelt werden?
An Smartphones und Tablets führt sowieso kein Weg mehr vorbei. Die Kunden wollen zeit- und ortsunabhängig ihre Informationen haben und Transaktionen durchführen. Das wird sich noch verstärken. Der Markt steckt aber noch in den Kinderschuhen. Nur ein Prozent der Transaktionen läuft über Lösungen via Applikationen für Smartphones. Fast 60 Prozent der Österreicher erledigen ihre Geldgeschäfte nur in der Filiale. Das ist von Generation zu Generation unterschiedlich, kann sich daher rasch verändern. Spezialisten werden bei Kundengesprächen mittels Videokonferenz zugeschaltet werden.

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Foto: Cityfoto
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