Ein Silberstreif am Horizont

- Nach "The Fighter" kehrt Regisseur David O. Russell mit "Silver Linings" wieder in sein Genre Komödie heim.
- Foto: Senator Film
- hochgeladen von Michael Grießler
David O. Russell lässt in "Silver Linings" einige herrlich verwirrte Charaktere auf uns los. Absurde Dialoge und tolle Schauspieler sorgen dabei für einen erfrischend aufgedrehten Streifen, der das Meiste richtig macht.
Ein Mann mit bipolarer Störung, der seine Gewaltausbrüche nicht unter Kontrolle hat und dennoch euphorisch von dem Silberstreif am Horizont philosophiert, den er zu sehen glaubt. Eine Frau, die ihren Mann bei einem Unfall verliert, und fortan jede Menge Sex mit jeder Menge Männer hat, um sich so von ihren Depressionen abzulenken. Ein Vater, dessen Wettsucht ihn zu manischem Aberglauben und einem Stadionverbot geführt hat.
Willkommen in der Welt von "Silver Linings". Hier hat jeder seine Macken, hier kommt auch keine Nebenrolle als "normaler Mensch" davon. Regisseur David O. Russell schickt einige wunderbar verrückte Menschen in seinen Mix aus Drama, Komödie und Romanze.
The Hangover Games
Pat Solotano (Bradley Cooper) erwischt seine Frau beim Fremdgehen und schlägt daraufhin ihren Liebhaber fast tot, was ihn eine Einweisung in eine Psychiatrie einbringt. Nach acht Monaten wird er von seiner Mutter dort abgeholt, um nun wieder bei seinen Eltern zu wohnen. Sein einziges Ziel ist es seine Frau wiederzugewinnen, doch dann ist da auch noch die kühle Tiffany (Jennifer Lawrence), die ihm nicht nur im Nehmen von Pillen um nichts nachsteht.
Der Film lebt von Situationskomik und seinen eindringlichen Figuren, von rabenschwarzem Humor und der Devise "Humor ist, wenn man trotzdem lacht". Nicht geschadet haben ihm auch die durchwegs tollen Performances seiner Hauptdarsteller. Die gewohnt fantastische Jennifer "The Hunger Games" Lawrence verkörpert die unberechenbare Tiffany, auch Robert De Niro als Pats Vater kann endlich wieder einmal seine schauspielerischen Stärken ausspielen.
Toll auch, wie Bradley "The Hangover" Cooper seinen Part meistert. Wer ihn nach dem Filmriss-Blödelhit nicht mehr zugetraut hatte, der musste schon beim unterschätzten Bewusstseinsdrogen-Thriller "Ohne Limit" - übrigens auch mit Robert De Niro - erste Zweifel anmelden. Mit "Silver Linings" legt er noch eins drauf und so dürfen wir gespannt das im März startende Crime-Drama "The Place Beyond The Pines" erwarten, in dem er den Gegenspieler von Ryan Gosling mimt. Damit, so lässt der vielversprechende erste Trailer hoffen, könnte er endgültig den Sprung nach ganz oben schaffen.
0815-Festspiele in Hälfte 2
Nach all der Lobhudelei über die Charaktere muss man dem Film aber eine etwas abfallende und vorhersehbare zweite Hälfte vorhalten. Da fällt er nämlich nur allzu gerne in alte Schemen von 0815-Romanzen zurück und bedient doch das eine Klischee zu viel. Das ist zwar alles romantisch und gut und folgerichtig, lässt aber etwas den erfrischenden Witz der ersten Hälfte vermissen.
Den tollen Gesamteindruck des Films vermag das aber auch nicht zu vermiesen, schließlich hatte man ihn ja schon von Anfang an lieb gewonnen. "Silver Linings" ist selbst dieser Silberstreif am Horizont, ihm gelingt es nämlich diesen Mix aus Drama und Komödie auf seine absurde Weise gekonnt zu vereinen, so wie es seit dem Meisterwerk "Ziemlich beste Freunde" - der natürlich noch eine Liga höher spielt - kaum einem Streifen gelungen ist.
Ja, zugegeben, "Silver Linings" hat seine meisten Höhepunkte in der ersten Hälfte des Films, wenn man seine Protagonisten kennenlernen darf. Und ja, wir lieben ihn vor allem wegen seiner Charaktere und nicht so sehr wegen seiner Story, die ihm auch seinen 8. Regionautenpunkt kostet. Nichtsdestotrotz macht der Film jede Menge Spaß und gute Laune, er vermittelt dabei auch eine tolle Message zum Thema Akzeptanz - eine würdige Eröffnung für das Kinojahr 2013!


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