Aschermittwoch
Fastentuch in Gaweinstal
Fastentuch 2024 - Alltägliches im heiligen Raum
GAWEINSTAL. Das wichtigste, aber auch das am wenigsten beachtete Utensil in der Küche ist das Geschirrtuch. Geschirrtücher fallen immer erst dann auf, wenn sie nicht da sind. So ist es auch mit Gott. Er fehlt uns meistens erst in der „Not“.
Aus einer anfangs kleinen Idee von Alexander Wimmer wurde mit Hilfe der Gemeinschaft ein sprechendes Fastentuch. Im Herbst des letztens Jahres rief Wimmer auf Geschirrtücher an die Pfarre zu spenden. Elisabeth Stephan war sofort begeistert von der Idee und unterstützte die Idee mit Design und Tatkraft. Sie versuchte sich an mehreren Designs und nähte schlussendlich alles zusammen. Das Fastentuch hängt ab Aschermittwoch bis Ostern in der Pfarrkirche Gaweinstal. Diese ist täglich geöffnet, dabei kann man auch das Tuch besichtigen. In der Kirche finden Sie auch eine genauere Beschreibung des Tuches.
Geschirrtücher – für das Fastentuch 2024 wurde Dinge des Alltags zusammengenäht um damit den Altar zu verhüllen.
Die Fastenzeit
Sie unterbricht den Alltag und bereitet auf ein großes Fest vor. Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit, die „österliche Bußzeit“. Sie dauert 40 Tage (Sonntage ausgenommen – die Zahl 40 symbolisiert in der biblischen Sprache immer eine Zeit der Vorbereitung auf Gottes Offenbarung). Die kommenden 40 Tage rufen dazu auf, uns ganz auf Ostern vorzubereiten. Nachzudenken über unser alltägliches Tun und Handeln, zu überlegen, ob wir einfach in unserem Leben weitermachen wie bisher, oder ob wir umkehren, Neuem Raum geben – so wie die Taufanwärter*innen der alten Kirche, die sich auf ihre Taufe in der Osternacht vorbereitet haben und wie die Büßer*innen, die wieder in die volle Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden wollten.
Geschirrtücher in der Kirche?
Ein Geschirrtuch ist etwas Alltägliches. Es ist hilfreich vor, während und nach Kochvorgängen. Besteck polieren, Geschirr abtrocknen, Germteig abdecken, nasse Hände trocknen, etwas abwischen. Die meisten Geschirrtücher, die angeboten werden, bestehen aus Baumwolle. Diese wurde früher oft in Sklav:innenarbeit angebaut und geerntet. Heute wird die Baumwolle für Geschirrtücher oft in China, Indien und Pakistan hergestellt – von den Arbeitsbedingungen wissen wir meist wenig. Baumwolltücher sind meist mehr oder weniger kariert. Geschirrtücher sind in allen Farben und Mustern beliebt. Nun wird durch dieses besondere Tuch unser Alltag in die Kirche geholt. Das Alltägliche wird mit dem Heiligen verbunden. Dieses wichtige, aber oft unbeachtete und oft wenig wahrgenommene Utensil soll uns wachrütteln. Besonders die Fastenzeit soll auf das Unscheinbare, Unsichtbare und Unbeschreibliche hinzeigen.
Warum ein Fastentuch?
"Der Gedanke führt zum Vorhang im Tempel in Jerusalem, der Heiliges und Profanes trennt. Zum Zeitpunkt des Todes Jesu reißt der Vorhang im Tempel mitten entzwei. Das Fastentuch entfernen wir zu Ostern wieder", erklärt Initiator Alexander Wimmer. Das Fastentuch sorgt auch als "Gesprächs-Stoff".
Geschichte der Fastentücher
Die Tradition der Fastentücher reicht bis ins Mittelalter zurück. Während der Passionszeit werden Altar und bildliche Darstellungen Jesu mit dem Fasten- oder Hungertuch verhüllt, damit sich die Gläubigen im Gottesdienst ganz auf das gesprochene Wort konzentrieren können und sozusagen mit den Augen fasten. Eine Aufforderung ein Tuch anzubringen, das den gesamten Altar verhüllt, findet sich erstmals um das Jahr 1000. Aelfric, der um 1006 verstorbene Abt des Klosters Winchester, erwähnte in seiner Predigt den Brauch zwischen Altarraum und Kirchenschiff ein Tuch zu spannen. In der Schweiz, in Schwaben und im Elsaß sind die Fastentücher bis heute als "Hungertücher" bekannt. In Deutschland gibt es das Misereor-Hungertuch. Ein Ausdruck, der sich in der Redensart "Am Hungertuch nagen" bis heute erhalten hat und im deutschen Sprachraum seinen Sinn, nämlich "Mangel leiden", nicht geändert hat.
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