Internationaler Frauentag
Gender-Gap in der Politik. Muss das noch so sein?

STR Claudia Pfeffer präsentiert LTP Karl Wilfing die Ergebnisse ihrer Masterarbeit
 | Foto: LT-Direktion NÖ / Schultes
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Mit ihren 26 Jahren schloss Mistelbachs Kulturstadträtin ihr Studium am FH IMC Krems ab. Thema ihrer Masterarbeit war "Gender-Gap in der Politik & Gründe warum tendenziell weniger Frauen politische Ämter in Österreich bekleiden“. Die BezirkBlätter wollten es genauer wissen.

BEZIRKSBLÄTTER: Was sind die herausgefundenen Gründe, dass es weniger Frauen in der Politik gibt?

PFEFFER: Das politische Interesse von Frauen besteht, aber viele Frauen finden die Rahmenbedingungen in der Politik nicht attraktiv. Es mangelt ihnen oft die Zeit aufgrund von Familie, Kinderbetreuung und anderen Pflegetätigkeiten (zum Beispiel Eltern, Großeltern...), Haushalt und so weiter. Frauen empfinden das Arbeitsumfeld und den Umgangston in der Politik als abstoßend. Nicht selten wird der Ton in Gemeinderats-, Landtags oder Nationalratssitzungen angriffig und persönlich. Frauen bevorzugen eine sachliche Diskussion auf Augenhöhe. Sie empfinden persönliche Angriffe deutlich unangenehmer als Männer. 

Diverse Interviews während der Masterarbeit haben auch gezeigt, dass Frauen es offenbar schwerer fällt Netzwerke zu finden, die ihnen in ihrer Arbeit und vor allem bei Kandidaturen zu Wahlen helfen. Hier sind Männer im Zusammenhalt deutlich unterstützender, niederschwelliger. Auch Vorzugsstimmensysteme dienen Männern in Relation mehr, da sie tendenziell bestehende Netzwerke unterstützen, also aktive Mandatare, die natürlich schon höhere Bekanntheit in der Bevölkerung genießen. Und diese Mandatare sind nun mal sowohl im Nationalrat, im NÖ Landtag, als auch auf Bürgermeisterebene deutlich mehr Männer als Frauen.

Hinzu kommt, dass die Politik natürlich ein sehr unsicheres Berufsumfeld ist. Von einen auf den anderen Tag kann man seinen Job verlieren. Das empfinden viele Frauen – vor allem Mütter - in den Interviews als sehr besorgniserregend. Ich verstehe das total, dass sich gerade Mütter mit Kindern das zweimal überlegen und es vielleicht für alleinerziehende Mütter kaum in Frage kommt.

Auf Gemeindeebene bekommen Frauen scheinbar reflexartig das Kinder- und Jugendressort. Warum ist das so?

Dafür habe ich leider keine wissenschaftlich geprüfte Antwort. Ich merke oft, und es geht auch vielen Parteikollegen in der Region so, dass es viel leichter ist, Männer als Parteimitglieder zu werben. Männer sagen schnell einmal zu, während Frauen sich oft Bedenkzeit nehmen. Das heißt im Umkehrschluss, man muss eine Frau öfters fragen und hartnäckig bleiben, wenn man sie wirklich im Team dabei haben möchte.

In diversen Studien zeigt sich auch dass Frauen der Sinn in ihrer Tätigkeit sehr wichtig ist, dass sie etwas bewirken können. Das heißt man kann eine Frau zum Beispiel aus der Motivation heraus, dass sie sich zum Beispiel im Elternverein engagiert auch für eine Gemeindefunktion – im Bildungsausschuss – motivieren, weil ihr das Arbeiten mit und für Kinder und Jugendliche Spaß macht. Es zeigt sich in Studien, zum Beispiel von Sonja Dörfler und Markus Kaindl von der Uni Wien schon deutlich, dass sich Männer im politischen Ausschüssen eher für die Themen Bauen, Wirtschaft, Landwirtschaft, Finanzen ecetera melden, während bei Frauen vor allem Bildungs-, Familien und Umweltthemen hoch im Kurs stehen.

Dazu ein Kommentar: Sehr wichtig wäre es dass sich möglichst viele für Frauen für den Finanzausschuss melden und in den Budgetverhandlungen fleißig mitgestalten. Hier werden die Weichen gestellt für künftige Projekte. Wenn kein Geld budgetiert wird für ein Projekt, dann wird dieses auch nicht umgesetzt. Generell ist das politische Interesse von Frauen und Männern in Österreich ähnlich groß, aber die Form der Partizipation ist anders. Frauen haben eine deutlich höhere Präferenz bei Unterschriftsammelaktion, Demonstrationen, ecetera mitzumachen, als sich parteipolitisch zu engagieren, also zum Beispiel Parteimitglied zu werden. Dabei sind die Frauen, die sich dann politisch wirklich engagieren meist grandios und sehr engagiert in dem was sie tun. Also es lohnt sich, dran zu bleiben und noch ein zweites oder drittes Mal zu fragen!

Braucht es 2024 eine Frauenquote für politische Ämter, vielleicht auch um Frauen den Mut zu geben aus der zweiten Reihe hervorzutreten?

Generell zeigt sich, je niedriger die politische Ebene, umso höher der Gender Gap. Weltweit gibt es nur etwa 7-8 Prozent weibliche Staats- und Regierungschefs, bei den Regierungen ist oft schon halbwegs ausgeglichen, siehe Österreich in den letzten Jahren. In den Parlamenten gibt es im weltweiten Schnitt noch deutlich mehr männliche als weibliche Mandatare. Auf regionaler Ebene (gerade im ländlichen Bereich) sind Frauen eher eine Mangelware. Gerade eine politische Funktion auf Gemeinderatsebene ist oft das Eintrittstor für eine Landtags- oder Nationalratskandidatur. Das heißt man muss auch vor allem auf der regionalen Ebene schrauben, damit sich das dann auf höhere Ebenen auswirkt.

Geschlechterparitäre Listen würden im Sinne der fairen Repräsentation von beiden Geschlechtern nicht nur das beste Bild abgeben, sondern auch die Gesellschaft am ehesten abbilden. 2023 sind immerhin 50,55 Prozent der österreichischen Bevölkerung Frauen. Dazu ist zu sagen, dass diverse Teams - was Alter, Geschlecht, Beruf, Expertise, ecetera anbelangt - auch wissenschaftlich erwiesen sehr förderlich in Arbeitsprozessen, beispielsweise für gute Resultate in Prozessen, bei Projekten, ecetera weil viele verschiedene Sichtweisen eingebracht werden.

Aber um spezifisch zum Punkt „Quoten“ zurück zukommen. Die Quote ist nur dann ein Erfolgsrezept, wenn sie auch richtig angewendet wird. Wenn ich also für meine Nationalratsliste 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer in jedem Wahlkreis auf die Kandidatenliste schreibe, aber dann – überspitzt gesagt - in jedem Wahlkreis ein Mann auf dem ersten Platz ist, dann ist die Quote für die Katz. Also was ich damit sagen will, ist dass der Listenplatz oft ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor für das Erringen des Mandats ist. Und oftmals haben diesen ersten Listenplatz eben Männer. Das heißt politische Parteien müssten gezielt Frauen auf den ersten Listenplatz setzen.

Macht und Mitbestimmung wird oft über die wirtschaftliche Potenz einer Person definiert. Welche Schritte müssen unternommen werden um den Gender Pay Gap endlich zu schließen?

Das habe ich in meiner Arbeit nicht untersucht.

Männer und Frauen werden in ihrem Auftreten oft anders bewertet: Tritt er bestimmend auf ist er ein Macher, bei ihr ist es anstrengend. Frauen sind mehr geschlechterspezifischen Hass in den sozialen Medien ausgesetzt. Ist es Aufgabe der Politik hier für mehr Schutz zu sorgen bzw. geschlechterspezifische Stereotype abzubauen und falls ja, welche Maßnahmen könnten das sein?

Teile dieser Frage wurden oft auch in Interviews genannt. Mehrere Nationalratsabgeordneten (verschiedenster Parteien) finden zum Beispiel, dass Männer oft ein höheres Selbstbewusstsein haben. Zitat aus einem Interview „Die stellen sich vorne hin auf die Bühne, ohne Selbstzweifel, ob sie das überhaupt können, die machen einfach und denken nicht zu viel darüber nach“. Weibliche Nationalräte schildern in den Interviews auch, dass sie von Männern oft in Wortmeldungen als „hysterisch“ abgestempelt werden.

Hinzu kommt, dass Frauen, speziell in höheren politischen Funktionen, bezüglich ihrem Aussehen, Kleidung, Frisur, ecetera oft öffentlich diffamiert werden. Sowohl in Persona, aber auch Online in Kommentaren in den Sozialen Medien oder auf Diskussions- oder Nachrichtenplattformen. Das bestätigen zahlreiche Studien als auch Interviews mit aktiven Politikern auf höheren Ebenen. Dabei werden diese verbalen Angriffe natürlich gezielt bewusst und unterbewusst so gewählt, um das Opfer aus dem Konzept zu bringen.

Um geschlechterspezifischen Hass zu unterbinden, braucht es sicherlich mehr bewusstseinsbildende Maßnahmen und Sanktionen. Wenn sich ein männlicher Politiker eine weibliche Politikerin (oder andersrum) im Nationalrat aufgrund ihres Aussehens verbal diffamiert, muss nicht nur vom Sitzungsleitenden sondern auch innerhalb der Partei / des eigenen Parlamentsclubs eine entsprechende Sanktion kommen. So etwas darf in politischen Parteien einfach nicht toleriert werden. Online ist es schon viel schwieriger das zu sanktionieren oder einzugrenzen. Man kann die Person melden, blockieren, etc. aber ein möglicher (beim Opfer) entstandener Schaden ist vielleicht im Nachgang nicht mehr reparabel…

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