Evangelischer Themenabend in Neusiedl
Vom Roten Kloster zur Tagesschau

- Der Diplom-Journalist Hans-Jürgen Wittenburg spricht beim nächsten ev. Themenabend im Weinwerk über die politische Wende in der DDR, die er persönlich als "Berichterstatter in 2 Systemen" erlebt hat
- Foto: Hans-Jürgen Wittenburg
- hochgeladen von Andrea Glatzer
Als "Berichterstatter in zwei Systemen" hat der Diplom-Journalist Hans-Jürgen Wittenburg die Wende in der ehemaligen DDR erlebt. Beim evangelischen Themenabend am 15. Mai, 19.00 Uhr, im Weinwerk, wird er vom Journalismus in einer Diktatur und in einem demokratischen Staatssystem sprechen und persönlich Erlebtes wiedergeben.
NEUSIEDL AM SEE. Wittenburg, der aus der ehemaligen DDR stammt und heute in Berlin lebt, berührt mit sehr persönlichen Aussagen zu seinem Leben im politischen Umbruch, nämlich von der DDR zum vereinten Deutschland. Er war eifriger Anhänger der kommunistischen Idee und musste schmerzlich erfahren, wie seine Überzeugung des richtigen Weges der DDR zur
Bedeutungslosigkeit verfiel. Dazu beschreibt er seinen Lebensweg, der vom „Roten Kloster“ zur ARD-Tagesschau führte, ein langer Weg, nicht immer gerade und mit Hindernissen gespickt, wie er selbst meint.
Studium an der Karl-Marx-Universität Leipzig
Im „Roten Kloster“, so nannte der Volksmund die Fakultät für Journalistik der Karl-Marx-Universität in Leipzig, wurde er in einem fünfjährigen Studium zum Journalisten ausgebildet. Eine Immatrikulation war dort nur möglich, wenn man einen „festen Klassenstandpunkt“ nachweisen konnte, das Elternhaus linientreu ausgerichtet war und ein sehr gutes Abitur, also Matura, ablegte. Mit dieser Ausbildung schaffte er es als jüngster Auslandskorrespondent des
staatlichen DDR-Hörfunks für mehrere Jahre aus den Ländern des Ostblocks, wie Bulgarien und Ungarn, zu berichten. Wie er erzählte, wurde ihm auch zur Berichterstattung die Ausreise nach Jugoslawien gestattet. So erlebte er hautnah Osteuropa Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre. Dem normalen DDR-Bürger war die Reise nach Jugoslawien verwehrt, er hätte von dort nach Westdeutschland flüchten können.
Der Fall der Berliner Mauer
Mit dem Ende der DDR wurde auch der Rundfunk, wie es so schön hieß, „abgewickelt“. Das bedeutete für ihn, dass er aus seiner privilegierten Stellung des Auslandsjournalist ins Bodenlose fiel. Sein bisheriger Arbeitgeber war verschwunden, und sein gesamtes Arbeitsleben stand auf dem Prüfstand. Das Nachdenken über die Gründe des Scheiterns der DDR und des „realen Sozialismus“ begann für ihn jedoch schon viel früher, befeuert nicht nur durch
die Erfahrungen in Ungarn und Ex-Jugoslawien. Seine politische Überzeugung schmolz dahin, das Versagen der vergreisten DDR-Regierung und der an Fahrt aufnehmende wirtschaftliche Abschwung waren nicht mit dem Gelernten kompatibel. Eine generelle Neuorientierung war zwingend notwendig.
Unterwegs als Kriegsberichterstatter
Neben der Schulung in Marxismus und Leninismus erfuhren die DDR-Journalisten eine profunde, fachliche Ausbildung. Diese ermöglichte Wittenburg den Neustart. So führte ihn sein Weg über die Mitarbeit an privaten Hörfunk- und TV-Unternehmen – er war unter anderem mehrere Wochen als Reporter für VOX im kroatisch-bosnischen Kriegsgebiet unterwegs – zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ARD), der Anstalt des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg/Radio Berlin Brandenburg und schließlich zum Gründungsteam für das digitale Fernsehen der ARD. Dort war er bis zu seiner Pensionierung 2014 für die Programmplanung des Kanals „tagesschau24“ verantwortlich.
Sein Vortrag findet im Rahmen der monatlichen Themenabende der evangelischen Tochtergemeinde Neusiedl am See im Weinwerk in ökumenischer Zusammenarbeit mit dem Forum-Katholischer-Erwachsenenbildung statt.
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