NÖ
Jeder 4. Fußgängerunfall in Niederösterreich auf einem Schutzweg
Es gilt erhöhte Achtsamkeit in der dunklen Jahreszeit – mit Verkehrsberuhigung und mehr Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet Sicherheit erhöhen, so der VCÖ.
NÖ (pa). 101 Fußgängerinnen und Fußgänger wurden im Vorjahr in Niederösterreich am Schutzweg angefahren und dabei verletzt. Damit passierten 26 Prozent der Fußgängerunfälle, auf Schutzwegen, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. In der dunklen Jahreszeit nimmt der Anteil der Schutzwegunfälle zu. Der VCÖ erinnert an die Straßenverkehrsordnung: Lenkende eines Fahrzeugs dürfen sich „einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann“. Der VCÖ spricht sich zum Schutz der Fußgängerinnen und Fußgänger für mehr Verkehrsberuhigung und Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet aus.
Rate gestiegen
Im Vergleich zum Vor-Pandemiejahr 2019 war die Zahl der Schutzwegunfälle in Niederösterreich im Vorjahr und im Jahr 2020 jeweils um rund ein Drittel niedriger. In der Pandemie-Zeit wurde zwar in den Gemeinden und Städten viel zu Fuß gegangen, aber es gab weniger Autoverkehr. „Weniger Autoverkehr bedeutet mehr Sicherheit für Fußgängerinnen und Fußgänger“, stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest.
Jeder vierte Unfall am Schutzweg
Im Vorjahr gab es in Niederösterreich 363 Verkehrsunfälle, bei denen Fußgängerinnen und Fußgänger angefahren und verletzt wurden. 96 davon, das waren 26 Prozent, ereigneten sich am Schutzweg. Auch österreichweit passierte jeder vierte Fußgängerunfall auf einem Schutzweg. Eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt, dass der Anteil der Schutzwegunfälle in der dunklen Jahreszeit deutlich zunimmt. In den vergangenen drei Jahren passierten im Dezember und Jänner in Österreich rund 40 Prozent der Verkehrsunfälle, bei denen Fußgängerinnen und Fußgänger verletzt wurden, am Schutzweg. Und im Vorjahr gab es im Dezember mit 93 und damit fast doppelt so viele wie im März und April mit jeweils 51.
„Gerade wenn die Sicht schlechter ist, ist es wichtig entsprechend langsamer unterwegs zu sein“, erklärt VCÖ-Experte Michael Schwendinger und ruft die Straßenverkehrsordnung in Erinnerung, in der es - seit vielen Jahren – im Paragraph 9 heißt: „Der Lenker eines Fahrzeuges darf sich einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann.“
Zudem darf ein Schutzweg nicht „nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug und für dessen Lenker überraschend betreten“ (Paragraph 76 der StVO) werden. In der dunklen Jahreszeit ist es schwierig Blickkontakt mit dem Lenkenden herzustellen. Vor dem Überqueren des Schutzwegs deshalb darauf achten, dass das herannahende Fahrzeug reagiert.
„Aber wo Menschen unterwegs sind, passieren Fehler. Deshalb ist es wichtig, das Verkehrssystem so zu gestalten, dass ein Fehler keine fatalen Folgen hat. Das heißt konkret, die Geschwindigkeit im Ortsgebiet zu reduzieren und mehr Verkehrsberuhigung umzusetzen“,
betont VCÖ-Experte Schwendinger. Gerade für die größte Opfergruppe bei schweren Fußgängerunfällen, Seniorinnen und Senioren, ist mehr Verkehrsberuhigung im Ortsgebiet eine wichtige Sicherheitsmaßnahme. Im Vorjahr waren 21 der 37 bei Verkehrsunfällen in Österreich getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger 70 Jahre oder älter.
30 statt 50
Der Unterschied zwischen Tempo 30 und Tempo 50 ist beim Anhalteweg, das ist die Summe von Reaktionsweg und Bremsweg, sehr groß, wie der VCÖ anhand eines Beispiels zeigt. Ein Pkw, der bei 30 km/h einen Anhalteweg von elf Metern hat, steht bei 50 km/h erst nach 24 Metern und hat aufgrund des langen Reaktionswegs nach elf Metern noch eine Geschwindigkeit von 49 km/h. Wird ein Fußgänger mit diesem Tempo niedergefahren sind schwerste Verletzungen die Folge. Mit Verkehrsberuhigung und mehr Tempo 30 statt 50 können Gemeinden und Städte die Sicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer deutlich erhöhen.
Gute Sicht
Wichtig ist auch das Umfeld von Schutzwegen so zu gestalten, dass Autofahrende eine gute Sicht auf Personen haben, die die Straßen überqueren möchten. Das bestehende Halte- und Parkverbot vor Schutzwegen ist von derzeit fünf auf mindestens zehn Meter zu erweitern, betont der VCÖ. Durch den SUV-Boom und dem zunehmenden Lieferverkehr wegen des Online-Handels sind immer mehr höhere Fahrzeuge unterwegs. Parken diese fünf Meter vor einem Schutzweg, ist die Gefahr groß, dass die Sicht auf Kinder, die die Straße überqueren, verstellt wird.
Statistiken
Im Schnitt zwei Verletzte durch Schutzwegunfälle pro Woche (In Niederösterreich bei Schutzwegunfällen verletzte und getötete Fußgängerinnen und Fußgänger)
Jahr 2021: 101 Verletzte, kein tödlicher Schutzwegunfall
Jahr 2020: 93 Verletzte, kein tödlicher Schutzwegunfall
Jahr 2019: 158 Verletzte, 2 Todesopfer
(Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2022)
In Vorarlberg und Wien ist Anteil der Schutzwegunfälle am höchsten
(Anteil Schutzwegunfälle im Jahr 2021 – in Klammer Anzahl)
- Vorarlberg: 35,0 % (48)
- Wien: 33,4 % (332)
- Oberösterreich: 29,3 % (129)
- Steiermark: 29,3 % (96)
- Kärnten: 28,4 % (44)
- Niederösterreich: 26,4 % (96)
- Tirol: 20,5 % (63)
- Salzburg: 19,2 % (34)
- Burgenland: 15,8 % (6)
- Österreich: 28,8 % (831)
(Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2022)
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