Interview mit Verkehrslandesrat Schleritzko
"Mehr Autos durch Corona"

- Ludwig Schleritzko: „Ein Kreisverkehr erhöht die Verkehrssicherheit gegenüber einer Ampel um 80 Prozent.“
- Foto: Markus Berger
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NIEDERÖSTERREICH. Steig ein: Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko über sichere Kreisverkehre und einen Ausritt in den Acker.
Wir haben unsere Verkehrsserie „Steig ein!" acht Wochen lang der Verkehrssicherheit gewidmet. Wie sicher ist der Verkehr in unserem Land?
Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden, die Verkehrssicherheit steigt. Wir hatten 2017, 2018, 2019 so wenige Verkehrstote wie noch nie. Zum Vergleich: In den 70er-Jahren hatten wir um 80% mehr Verkehrstote als heute.
Was sind da die Gründe dafür?
Also natürlich zum einen die Fahrzeugtechnik, die besser geworden ist, Stichwort „Airbag“. Zum anderen natürlich das große Thema der baulichen Maßnahmen, die getroffen worden sind. Also, wir haben Kurvenbegradigungen gemacht, Unfallhäufungsstellen entschärft. Drittens natürlich die Initiativen, die für mehr Achtsamkeit sorgen. Ich sage nur Aktion Schutzengel.
Wir haben in der Serie die Unfallhäufungsstellen in den Bezirken abgefragt. Wenn man so eine Unfallhäufungsstelle ortet, wie geht es dann weiter?
Wir schalten die Verkehrsbehörde ein, die mit der BH dort quasi eine Verkehrsverhandlung macht, sich anschaut, warum kommt es dort häufiger zu Unfällen? Und dann überlegt man eben, wie kann man dort das entschärfen. Zum Beispiel eine Ortseinfahrt, wo sehr schnell hineingefahren wird, ist dann eine Möglichkeit einen Fahrbahnteiler zu bauen. Der nimmt dann die Geschwindigkeit vor Ort raus. Oder eine Stopptafel ist auf einer Kreuzung nicht ausreichend, in weiterer Folge kann man natürlich überlegen, ob man eine Ampel hinmacht.
Und in letzter Konsequenz kommt der Kreisverkehr?
Nicht immer, aber der Kreisverkehr ist in NÖ ein bewährtes Konzept in der Verkehrssicherheit. Ein Kreisverkehr ist 80 % sicherer als eine Ampelanlage. Also, wir sind jetzt bei weit über 400 zurzeit, das funktioniert auch gut, wird von den Menschen angenommen.
Also die Geheimwaffe für Verkehrssicherheit.
Alle baulichen Maßnahmen werden immer auch im Sicherheitsaspekt überprüft. Etwa die Umfahrung Wieselburg, das größte Landesverkehrsprojekt zurzeit mit 80 Millionen Euro Volumen dient natürlich der Verkehrssicherheit, weil du nicht mehr durch die Ortschaften durch musst. Das heißt, die Konfliktsituation mit Radfahrern, Fußgängern wird entschärft. Also auch so große Projekte sind Verkehrssicherheitsprojekte.
Sind Schnellstraßen sicherer als Landstraßen?
Nicht unbedingt. Unseren Zugang sieht man im Waldviertel relativ gut. Wir haben die beiden Hauptachsen von Krems Richtung Zwettl. Die andere ist die Achse von Stockerau über Horn, Richtung Gmünd. Und da hat man sukzessive darauf gesetzt, dass man die Verkehrssicherheit erhöht. Man hat Überholspuren gebaut, das hat die Unfallzahlen bereits stark gesenkt.
Das sicherste Verkehrsmittel in Österreich ist die Bahn. Ich bin heute mit dem Zug da, noch ist wenig los. Glauben Sie, dass sich das wieder „einpendeln“ wird?
Es gibt eine Studie von der Agentur für Gesundheit, die klarstellt, dass bei uns die Öffis keine Corona-Hotspots sind. Wir merken natürlich, dass die Leute im öffentlichen Verkehr verhaltener sind, eher lieber ins Auto einsteigen, weil sie eine Ansteckung fürchten. Ich glaube schon, dass jetzt der Zeitpunkt ist, wo man versuchen muss dieses Vertrauen in die öffentlichen Verkehrsmittel wieder zu bestärken. Da fehlt eine Infokampagne. Aber ich gehe davon aus, dass sich das mit der Normalisierung nach Corona auch wieder einpendeln wird auf das Niveau, das wir vorher gehabt haben.
Jetzt gibt es Autos, es gibt Züge und Busse natürlich gibt es auch Radfahrer. Einerseits habe ich als Fußgänger ein bisschen das Gefühl, der Radfahrer ist manchmal für mich die größere Gefahr als ein Auto, andererseits habe ich als Autofahrer manchmal das Gefühl, dass ich die Radfahrer gefährde. Also, es ist nicht ganz leicht mit diesem Verkehrsmittel...
Sowohl zu Fuß gehen als auch Rad fahren, sehen wir als gute Möglichkeit kurze Strecken zu überwinden. Sollte man auch tun, hilft ja der Gesundheit. Wir versuchen natürlich gerade diese Sicherheitsdefizite, Rad- und Fußgängerverkehr versus Autoverkehr, zu entschärfen. Da gibt es auch ein tolles Projekt, ein sogenannter Trixi-Spiegel, Stichwort Rechtsabbieger bei Lkws. Da haben wir in Korneuburg und in Krems Projekte laufen – funktioniert sehr gut. Zum Radfahren: Ich glaube natürlich, das beste Mittel um Sicherheit zu gewährleisten beim Radfahren, ist ein baulich getrennter Radweg. Wir haben uns einige Regionen angeschaut, wo so etwas Sinn machen würde. Natürlich im Süden von Wien, wo viele Menschen sind, viel Mobilität an sich unterwegs ist. Wo es flach ist, wo du eben aber auch kurze Strecken zurzeit mit dem Auto zurücklegst, welche aber auch mit dem Rad gehen würden. Dort haben wir Strecken identifiziert, die man besser ausbauen könnte. Wir haben aber auch im Waldviertel eine Strecke identifiziert, zwischen Schrems und Gmünd, wo es mit dem Rad interessant sein könnte. Wir sind in intensiven Verhandlungen mit dem Bund, was die Co-Finanzierung des Ganzen betrifft.
Schlussfrage: Haben Sie selbst schon Erfahrungen mit Unfällen gehabt?
Ja. Ohne Personenschaden, ein Ausritt ins Gelände. Es war eine enge Straße, eine Unachtsamkeit des anderen Lenkers, und ich bin quasi ausgewichen in den Acker. Ich hab gesehen, dass er kommt. Ich bin vorausschauend gefahren, zum Glück ist nichts passiert.
Interview von Oswald Hicker
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