NÖs Wirtschaftskammer bei den Schwaben: Auf der Suche nach dem Patentrezept
Lernen von den Besten: Eine Wirtschaftsdelegation auf "Spionagereise" in Baden-Württemberg.
NÖ. 118 Arbeitsschritte. Genau so viele sind nötig, bis aus einer leeren Karosserie ein voll ausgestatteter Porsche geworden ist. Drei Minuten und 40 Sekunden hat jeder Arbeiter für seinen Beitrag Zeit – vom Einbau des Vordersitzes bis zum Armaturenbrett. Hier bei Porsche in Stuttgart läuft am Fließband alles wie geschmiert. Der Konzern steht dabei sinnbildlich für das ganze Bundesland Baden-Württemberg, in dem Hochkonjunktur herrscht. Die Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) wollte herausfinden, was man von den Schwaben lernen kann – außer dem Rezept der berühmten Maultäschle.
Bodenständig und vernetzt
Ähnlich wie Niederösterreich ist Baden-Württemberg klein- und mittelständisch geprägt und setzt auf ein duales Ausbildungssystem (Lehre mit Berufsschule). Und man hat das selbe Problem: Es fehlen gute Nachwuchskräfte, da es weniger Junge gibt und viele von diesen wiederum studieren.
Die Schwaben haben ihre Lehre gezogen. Und sie heißt Engagement. So unternehmen viele Unternehmen selbst viel, um für Lehrlinge attraktiv zu werden. Die Tischlerei Westermann etwa. Sie ist auf Berufsmessen vertreten, bietet 40 Praktika an und ist Bildungspartner an Schulen. Der Lohn: 15 Bewerber auf jede Lehrstelle.
"Man kann qualifizierte junge Menschen für einen Beruf begeistern, wenn sie ihn auch wirklich sehen", sagt wiederum Katrin Schütz vom Wirtschaftsministerium. Dafür werden zum einen Videos über Azubis (kurz für Auszubildende) gedreht, zum anderen sind über 4.000 Lehrlinge im ganzen Land in Schulen als "Ausbildungsbotschafter" tätig. Eine Idee, die auch bei den Gästen aus NÖ gut ankommt. "Ein junger Mensch, der den Job selbst macht, kann seine Begeisterung natürlich viel besser rüberbringen", ist etwa WKNÖ-Präsidentin Sonja Zwazl angetan.
Weitere Schwaben-Ideen: Ein Digitalisierungs-Scheck für Unternehmen sowie das Programm "Kümmerer", bei dem sich Betreuer gezielt um die Integration von Migranten auf dem Arbeitsmarkt bemühen. Besonders gut sieht man die Verbindung zwischen Baden-Württemberg und Niederösterreich am Beispiel des Dachspezialisten Bauder. Das Familienunternehmen hat in Bruck ein neues Werk gebaut. Und was nimmt Sonja Zwazl als Erkenntnis mit nach Hause? "Wenn Betriebe mehr kooperieren, haben sie noch mehr Chancen. Und kommen gemeinsam auf den Geschmack des Erfolges." Oder auf den Geschmack von Maultäschle.
ZUR SACHE
Baden-Württemberg ist nach Bayern, USA, Italien und Schweiz Österreichs fünftwichtigster Handelspartner. Im Land leben rund elf Millionen Menschen, die Arbeitslosenquote beträgt nur 3,8 Prozent, es herrscht Vollbeschäftigung. Das Wirtschaftswachstum lag zuletzt bei 3,1 Prozent.
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