Anrainer-Aufstand
Gestank aus Naturgasanlage Engerwitzdorf – Gas trat aus

Über die schwarze Fackel wird zuerst produziertes Biogas abgebrannt, das nicht ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. | Foto: BRS/Fohler
  • Über die schwarze Fackel wird zuerst produziertes Biogas abgebrannt, das nicht ins Erdgasnetz eingespeist werden kann.
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Nach vielen Jahren problemlosen Betriebs häuften sich Beschwerden über fauligen Gestank, der seit rund einem Jahr wellenartig die Engerwitzdorfer Ortschaften Steinreith, Haid, Langwiesen aber auch Schweinbach heimsucht. Der Verursacher: Die Naturgasanlage Engerwitzdorf, wo Biogas entwichen ist – und möglicherweise weiterhin entweicht.

ENGERWITZDORF (win). Seit rund einem Jahr klagen Anrainer der Naturgasanlage Engerwitzdorf über fauligen Geruch. Die Gemeinde versuchte, das Problem mit den Betreibern zu lösen: vier Landwirte und die Energie AG. "Im März können die Geruchsemissionen auf das Ausbringen von Gärsubstrat und das damit verbundene Aufrühren des Lagerbehälters zurückgeführt werden", heißt es von der Energie AG. Diese zuerst auch von den Landwirten gelieferte Erklärung passte aber für die Anrainer nicht mit dem wellenartig und vor allem nachts auftretenden Geruch zusammen. Anfang April alarmierte die Gemeinde die Umweltabteilung des Landes. Wegen des fauligen Gestanks und weil die Fackel über der Anlage im Gegensatz zu früher selten brannte, hegten die Anrainer bald den Verdacht, dass Biogas austritt. Dass sie Recht hatten, räumt der Sprecher der beteiligten Landwirte, Gottfried Reichinger, ein: "Wir haben es unzählige Male elektronisch durchgeprüft und nichts entdeckt. Aber wir haben nach einiger Zeit selbst gesehen, dass Gas aus der Fackel kommt und nicht entzündet wird."

Energie AG: "Kein unkontrollierter Biogas-Austritt mehr"

Ein Defekt an der Zündanlage hatte laut Umweltabteilung zur Folge, "dass überschüssiges Biomethan unverbrannt durch die Gasfackel ausgeblasen wurde." Die Energie AG bestätigt: "Im Zeitraum von Mai bis Anfang Juli gab es ein Problem mit der Gasfackel. Dieses wurde Anfang Juli behoben und es kam seit diesem Zeitpunkt zu keinem unkontrollierten Austritt von Biogas." Laut Reichinger kontrollieren die Landwirte die Funktion täglich: "Wir haben vollstes Verständnis für die Anrainer, wir sind hier daheim, wollen mit den Leuten auskommen. Wir haben alles getan, eine Geruchsbelästigung kann von unserem Teil der Anlage nicht mehr kommen."

Kein Ende des Gestanks – Gemeinde "sehr verärgert"

Aber auch nach der Reparatur der Gasfackel zog wiederholt der faulige Geruch über Engerwitzdorf – zuletzt in der Nacht auf jenen Samstag, an dem der Tag der Einsatzkräfte in Langwiesen tausende Besucher anlockte. Es besteht der Verdacht, dass weiter Gas austritt, das zwanzigmal klimaschädlicher als CO2 ist. Alfred Watzinger, Amtsleiter in Engerwitzdorf, ist mit der Geduld am Ende: "Leider fruchteten die bisherigen Ersuchen und Bitten der Gemeinde um eine nachhaltige Problemlösung nichts. Wir als Gemeinde sind darüber sehr verärgert."

Runder Tisch am 26. August

"Wir haben nun ein Gespräch mit den Betreibern der Anlage und der Energie AG, gleichzeitig aber auch einen Termin mit dem Sachbearbeiter des Landes OÖ vereinbart. Unserer Meinung nach werden keine oder zu wenige konkrete Schritte seitens der Behörde gesetzt. Wir wollen keine Ankündigungen mehr hören, sondern echte Maßnahmen zur tatsächlichen Lösung", so Watzinger. Termin: 26. August. Da die Gemeinde nicht Behörde sei, "haben wir auch keine Handhabe, zu prüfen, ob die Probleme in der Naturgas-Anlage selbst, oder in der Übernahmestation der Energie AG OÖ begründet sind", so der Amtsleiter.
Die Umweltabteilung hält in ihrer Stellungnahme fest: "Unabhängig von der Fehlfunktion der Gasfackel ergibt sich aus der Häufung des ordnungsgemäßen aber sodann auch fehlerhaften Gasfackelbetriebes, dass das produzierte Biogas von einer nachgeschalteten Verbrauchseinrichtung nicht im selben Umfang aufgenommen werden kann." Heißt: Die Landwirte produzieren zu viel Gas, oder die Energie AG nimmt zu wenig ab. Sie bezahlt die Landwirte jedoch fürs überschüssige Gas, das über die Fackel auf der Anlage abgebrannt wird.

Wie es weitergeht

Laut Umweltabteilung müsse die Anlage so betrieben werden, "dass keine unzumutbaren Belästigungen bestehen oder die Umwelt über das unvermeidliche Maß hinaus verunreinigt werden kann." Sollten die bisherigen Maßnahmen der Betreiber nicht ausreichen, bliebe "nur mehr die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen bzw. elektronischer Überwachungsmaßnahmen."

Infos zur Naturgasanlage Engerwitzdorf

Seit Ende 2010 ist die Naturgasanlage Engerwitzdorf in Betrieb. Sie war österreichweit die erste speziell fürs Einspeisen des erzeugten Gases ins Erdgasnetz. Erzeugt wird das Gas laut Betreiber-Sprecher Gottfried Reichinger zu drei Vierteln aus der Ernte von Feldern im Umkreis von nur sechs Kilometern. Das restliche Viertel sind Hühnermist und Gülle aus den Ställen der Landwirte. Jährlich werden, so die Rechnung der Betreiber im Jahr 2011, daraus zehn Millionen Kilowattstunden Biogas gewonnen – genug, um 4.000 Einfamilienhäuser zu versorgen. Der Betrieb ist zweigeteilt: Die vier beteiligten Landwirte Gottfried Reichinger, Rudolf Mairhofer, Franz Gstöttenmeier und Franz Reichinger betreiben die Rohgaserzeugungsanlage. Die Energie AG ist für die Aufbereitung, das Einspeisen und die Vermarktung des Gases verantwortlich.

Ja zum Pionierprojekt, nein zum Gestank

Kommentar zum Artikel von Thomas Winkler, Chefredakteur

Als Anrainer der Naturgasanlage Engerwitzdorf gehöre ich zu jenen, denen der faulige Gestank schon nachts den Schlaf geraubt oder morgens beim Öffnen der Haustür die Laune verdorben hat. Keine gute Voraussetzung, um unvoreingenommen zu berichten – was ich im Artikel nebenan trotzdem versuchen will. Ich war und bin Befürworter dieses Pionierprojekts von Landwirten und Energie AG. Denn es ist notwendig, Technologien zu erproben, um Erdöl und Erdgas zu ersetzen. Bei Bekanntgabe des Projekts versprachen die Betreiber, dass keine Geruchsbelästigung zu befürchten sei – das war auch jahrelang der Fall. Seit mehr als einem Jahr wird dieses Versprechen gebrochen. Aus der Anlage, die Kohlendioxid einsparen soll, ist Methan ausgetreten, das zwanzigmal klimaschädlicher als CO2 ist. Das darf nicht mehr passieren.

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