Unimarkt-Chef Andreas Haider im Interview
"Ihr seid's die Einzigen, die es ehrlich mit uns meinen"

Andreas Haider ist seit 2021 Eigentümer der Unimarkt-Gruppe. | Foto: Unimarkt Gruppe
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Unimarkt-Chef Andreas Haider spricht im Interview mit der BezirksRundSchau über regionale Produkte, die Konkurrenz der großen Handelsketten und die Zukunft des Lebensmittelhandels.

Der Lebensmittelhandel ist von den Lockdowns stets verschont geblieben. Wie zufrieden sind Sie mit dem vergangenen Jahr in wirtschaftlicher Hinsicht?
Haider: Das Jahr 2020 war schon sehr gut. Wir haben in Summe 14 Prozent auf das 2019er-Jahr beim Umsatz draufgelegt. Trotzdem sind wir vorsichtig ins Jahr 2021 gegangen, aber das Vorjahr war auf dem gleichen Level wie 2020. Das war durch die ganzen Unsicherheiten bedingt – die Pandemie ist ja noch im Gange und die Menschen haben sich an das Verhalten der „heißen“ Corona-Phase angepasst. In Summe kann man jedenfalls sagen, dass die beiden Jahre 2020 und 2021 sehr gut gelaufen sind.

Was ist vom Hype um Regionalität und regionale Produkte vom Anfang der Pandemie geblieben?
Die Nachfrage nach regionalen Produkten hat sich weitgehend erhalten, aber ich denke, dass es wieder ein bisschen nachlassen wird. Wenn man sich die Inflationsentwicklung ansieht – das spüren auch die Haushalte, sie haben weniger Budget zur Verfügung und müssen da und dort einsparen. Das Pendel, das enorm ausgeschlagen hat, wird nicht wieder ganz zurückschwingen, aber ein bisschen nachgeben. Aber nicht, weil es an Qualität oder Ähnlichem hapert, sondern das Haushaltseinkommen und die Wirtschaftlichkeit werden den einen oder anderen wieder in alte Verhaltensmuster zurückbringen.

Sind regionale Produkte immer teurer als etwa Fleisch aus Polen?
Wenn wir von Wertschöpfungsketten sprechen, dann muss jeder in seinem Bereich auch wirtschaften. Dementsprechend ist es natürlich teurer. Das geht in die Richtung des Themas, das in den letzten Wochen aufgepoppt ist – das mit den marktbeherrschenden Unternehmen ist eine riesige Sauerei. Aber, nachdem die Großen die letzten zwei Jahre profitiert haben und es in Konzernen meist nicht hinnehmbar ist, wieder etwas herzugeben, müssen sie irgendwo draufdrücken. Das ist nicht okay, nicht fair und geht überwiegend auf Kosten der Kleineren.

Sie verstehen also die Kritik von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und den Bauern an den Praktiken im Handel?
Ja. Wir sind auch ein Handelsbetrieb, aber wir können uns das gar nicht erlauben. Wenn wir etwa bei der Genussland-Messe die regionalen Produzenten treffen, kriegen wir immer das Feedback, dass wir die Einzigen sind, die es ehrlich mit ihnen meinen. Denn die Großen schicken am Jahresende ein Schreiben, in dem steht: „Sie haben so viel an uns geliefert, davon bitte zwei Prozent bei uns einzahlen“. Der Produzent muss sich dann überlegen: "Zahl ich das, oder zahl ich es nicht? Und wenn nicht, dann werden sie mich sanktionieren!“

Wie kommt man aus dieser Ecke raus?
Schwierig. Es wäre wichtig, wenn die öffentliche Hand viel mehr in Richtung Aufklärung geht – bei völlig unrealistischen Preispositionierungen am Markt gibt es immer einen Haken! Das muss man aufklären.

Wie hoch ist der Anteil an regionalen Produkten beim Unimarkt?
Wir machen circa 20 bis 25 Prozent des Umsatzes mit lokalen oder regionalen Produkten. Und ich traue mich zu behaupten: Wir sind damit Regionalitätskaiser. Denn die Großen nehmen oft nur die Gesichter der Produzenten, damit sie sich als Unterstützer der Lokalität darstellen können. Der Unterschied ist: Wir machen und leben es, aber wir geben nicht die Millionen aus, um uns im TV so darzustellen.

Andreas Haider, Chef der Unimarkt-Gruppe. | Foto: Unimarkt Gruppe
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Sie haben Ihr Franchise-System in den letzten Jahren stark ausgebaut. Was ist da der Hintergedanke?
Der Unternehmer vor Ort weiß ganz genau, welcher Bauer und welcher Selbstvermarkter einen guten Job macht – und die gehen aufeinander zu. Das ist ein riesiger Mehrwert, da der Franchisenehmer direkt vor Ort verankert ist. Das kann ich aus der Zentrale gar nicht so steuern wie der Unternehmer vor Ort. Und der kommuniziert das dann bei seinen Kunden. Die Franchise-Partner haben zumeist auch eine bessere Umsatzperformance als eine normale Filiale, da das "Unternehmer-Gen" da ist.

Sie forcieren auch die Uniboxen, also kleine Selbstbedienungsläden ohne Personal.
Man sieht, dass die Menschen immer digitaler werden und sich das Konsumverhalten ändert. Mit der Unibox kommen wir sehr nahe an digital-affine Mensche heran. Speziell in kleinen Gemeinden wird es auch immer schwieriger, kleine Läden wirtschaftlich zu führen – und das ist eine der Lösungen für dieses Problem. Damit kann es auch in kleinen Gemeinden in Zukunft noch einen Nahversorger geben

Sehen Sie im klassischen Lebensmittelhandel eigentlich eine "Amazonisierung" kommen, also geht es mehr in Richtung Zustellung?
Ja, speziell am Wiener Markt gibt es zahlreiche Start-ups, die sich mit der Lebensmittelzustellung beschäftigen. Für uns ist es weniger ein Thema, da wir überwiegend in ländlichen Strukturen sind – dennoch müssen wir genau hinschauen und unser Online-System, mit dem wir 2015 gestartet sind, in die ländlichen Strukturen raus bringen.

Wie geht es Ihnen mit der Mitarbeiter- und Fachkräfterekrutierung?
Im Herbst war es ziemlich mühsam, derzeit hat es sich aber wieder entspannt. Wir finden wieder Mitarbeiter, teilweise aus der Gastro kommend.

Im Handel ist auch die Bezahlung immer ein Thema. Gäbe es bei den Kollektivverträgen Spielraum, nachdem der Handel die letzten Jahre gute Gewinne erzielt hat?
In diesem sehr guten Jahr haben wir dementsprechend Corona-Prämien ausgezahlt. Spielraum sehe ich ehrlich gesagt nicht, da die Ergebnismargen bei etwa einem Prozent sind. Was derzeit abgeht ist ja, dass die Lebensmittel bei Mitbewerbern teilweise um minus 50 Prozent verschleudert werden, was natürlich auf die Substanz geht. Mir wäre viel lieber, wir würden mehr verdienen und könnten dementsprechend die Löhne erhöhen.

Also, mit den zahlreichen Aktionen nehmen sich die Handelsbetriebe selber die Margen?
Ja, das ist leider ein riesiges Desaster. Es gibt ja keine Woche mehr, wo nicht eine Aktion minus 50 Prozent ankündigt. Das erhöht den Preisdruck und ruiniert die Ergebnisse – die Spirale dreht sich wieder nach unten. Vernünftiger wäre ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis und dementsprechend mehr Spielraum, um in Mitarbeiter zu investieren. Aber wir als „Kleiner“ können uns nur nach dem Markt richten, weil wir den Markt nicht machen.

Zur Sache: Unimarkt
Unimarkt betreibt derzeit 132 Filialen, 71 davon sind Franchise-Filialen. Der Lebensmittelhändler beschäftigt 1.800 Mitarbeiter.

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