Photovoltaik
Was die Nutzung der Sonnenenergie derzeit bremst

Nur bis Ende März wurden heuer bereits 7000 Anträge auf Einspeisung von Sonnenstrom an die Netz Oberösterreich GmbH gestellt – im gesamten Jahr 2021 waren es 9000. Das Bearbeiten der Anträge dauert deshalb deutlich länger als die sonst üblichen einigen Werktage. | Foto: rtbilder/panthermedia
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  • Nur bis Ende März wurden heuer bereits 7000 Anträge auf Einspeisung von Sonnenstrom an die Netz Oberösterreich GmbH gestellt – im gesamten Jahr 2021 waren es 9000. Das Bearbeiten der Anträge dauert deshalb deutlich länger als die sonst üblichen einigen Werktage.
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Die hohen Energiepreise als Folge des Krieges in der Ukraine sorgen für einen Boom bei den Photovoltaik-Anlagen in Oberösterreich. Lange Wartezeiten auf die Montage wegen Material- und Personalmangel, Einspeisebeschränkungen sowie das Ringen um die Förderungen bremsen die Euphorie etwas.

OBERÖSTERREICH. Dass so viel Energie wie möglich selbst erzeugt werden sollte, um weniger abhängig von russischen Öl- und Gaslieferungen zu werden, steht außer Frage. Das Sonnenkraftwerk am eigenen Dach wollen deshalb immer mehr Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher umsetzen. Wer derzeit eine Photovoltaikanlage bestellt, bekommt sie bei vielen Anbietern allerdings erst nächstes Jahr geliefert und montiert, denn: Es fehlt den Unternehmen an Solarpaneelen, Wechselrichtern, Montagematerial – und vor allem am Personal für die Montage. 

"PV-Anlage gehört auf jedes Dach"

"Alle wollen jetzt umstellen, der Krieg in der Ukraine hat die Bewusstseinsbildung nochmals verstärkt", sagt Energie-Landesrat Markus Achleitner. Es werde gerade "installiert, was geht" – bis 2030 soll sich die Stromerzeugung aus Photovoltaik gegenüber bisher vervierfachen – auf 3.500 Gigawattstunden. "Auf jedes Dach gehört eine PV-Anlage, unser Plan sind 200.000 Dächer mit PV-Anlagen bis 2030." Aufgrund des aktuellen Booms liege man dabei aktuell sogar über Plan. Werden derzeit noch rund 84 Prozent des oberösterreichischen Stromverbrauches durch Erneuerbare Energieträger – vor allem Wasserkraft, Photovoltaik und Windkraft – gedeckt, so sollen es laut Achleitner bis 2030 mehr als 90 Prozent sein.
Dafür wird die Investition in die eigene PV-Anlage und auch in Stromspeicher gefördert – mit bis zu 285 Euro pro Kilowatt-Peak (kWP) Anlagenleistung und mit 200 Euro pro Kilowattstunde (kWh) beim Stromspeicher. Um das Beantragen der Förderungen kümmern sich in der Regel die Unternehmen, bei denen eine PV-Anlage gekauft wird. Wer sich genauer informieren möchte, findet mehr dazu beim Bundesverband Photovoltaic Austria.

"Wie viel Stromleistung von einer Anlage ins Netz eingespeist werden kann, ohne die Netzstabilität und damit Versorgungssicherheit zu gefährden, ist vor allem davon abhängig, wie weit der nächste Trafo entfernt ist und wie alt dieser ist", erklärt Wolfgang Denk von der Netz Oberösterreich GmbH. | Foto: manfredxy/panthermedia
  • "Wie viel Stromleistung von einer Anlage ins Netz eingespeist werden kann, ohne die Netzstabilität und damit Versorgungssicherheit zu gefährden, ist vor allem davon abhängig, wie weit der nächste Trafo entfernt ist und wie alt dieser ist", erklärt Wolfgang Denk von der Netz Oberösterreich GmbH.
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Warten auf Netzzugangsbescheid

Um überhaupt Strom ins öffentliche Netz einspeisen zu können, ist vorab eine Prüfung des Netzbetreibers notwendig, ob das lokale Stromnetz dadurch nicht überfordert wird. Heuer hat die Netz Oberösterreich GmbH alleine bis März bereits 7000 Anträge für einen sogenannten Netzzugangsbescheid verzeichnet. Im gesamten Jahr 2021 waren es noch 9000. Bis die Anträge bearbeitet sind, dauert es deshalb derzeit deutlich länger als die üblichen paar Werktage. So erging es auch einem BezirksRundSchau-Leser, der nach langem Warten endlich seinen Netzzugangsbescheid in der Hand hielt – und dann enttäuscht feststellen musste: Für die geplante Anlage mit 14 Kilowatt-Peak (kWp) Leistung bekam er vom Netzbetreiber nur 8 kWp Einspeisung genehmigt.

Einspeisebeschränkung – was heißt das?

Warum so genannte Einspeisebeschränkungen von den Stromnetzbetreibern erlassen werden, erklärt Wolfgang Denk, Sprecher der Netz Oberösterreich GmbH: "Wie viel Stromleistung von einer Anlage ins Netz eingespeist werden kann, ohne die Netzstabilität und damit Versorgungssicherheit zu gefährden, ist vor allem davon abhängig, wie weit der nächste Trafo entfernt ist und wie alt dieser ist. "Treten hier Kapazitätsengpässe auf, kann die Einspeiseleistung beschränkt werden, damit es zu keinen Instabilitäten im Stromnetz kommt. Kann eine Erzeugungsanlage aufgrund fehlender Kapazitäten gar nicht angeschlossen werden, muss der Netzbetreiber den Anschluss zum Beispiel für Haushaltsanlagen binnen eines Jahres ermöglichen.“ Auf höheren Netzebenen sind es drei Jahre. Es handle sich hier allerdings um Einzelfälle, so Denk. Wesentlich häufiger sei es, dass Netzkunden zwar der Anschluss nicht verweigert, aber die Einspeiseleistung beschränkt wird. Das geschehe, damit Erzeugungsanlagen errichtet werden können, ohne dass sofort ein Netzausbau durchgeführt werden muss. Bestehe ein Kunde aber auf der vollen Einspeiseleistung, wird der Netzausbau eingeleitet, an dem der Kunde einen Teil der Ausbaukosten tragen muss.
Eine spätere Aufhebung der Einspeisebeschränkung ist gesetzlich nicht geregelt, eine automatische Aufhebung der Beschränkung gibt es nicht. Stattdessen müssten Photovoltaikbetreiber ihr Einspeiserecht erweitern lassen und dann für einen erfolgten Netzausbau, der das Aufheben der Beschränkung ermöglicht, einen Kostenanteil tragen.
Aktuell erneuert die Netz OÖ GmbH routinemäßig 200 der insgesamt 9000 Trafos in Oberösterreich. Diese haben normalerweise eine Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren.

Materialmangel bremst Ausbau des Stromnetzes

Wegen des Photovoltaik-Booms sollte die Erneuerung beschleunigt werden, allerdings: "Unsere Lieferanten können wegen des Kriegs in der Ukraine wesentliche Komponenten nicht liefern – wir haben Lieferzeiten von 70 Wochen und die Preise haben sich verdreifacht", so Denk.
Die Linz Netz GmbH, Tochter der Linz AG, kann den explosionsartigen Anstieg der PV-Nachfragen und die damit verbundenen Herausforderungen im Netzbau bestätigen. Im Versorgungsgebiet, das grob skizziert die Stadt Linz und das Untere Mühlviertel umfasst, gab es in den ersten drei Monaten des Jahres 2.000 neue Einspeisungs-Anträge. Im ganzen vergangenen Jahr waren es 3.000 Anträge.

Photovoltaikanlage nach Plan trotz Beschränkung

Der Netz OÖ-Sprecher stellt jedoch beispielhaft für den von der Einspeisebeschränkung betroffenen BezirksRundSchau-Leser klar: "Die Beschränkung gilt nur für das Einspeisen. Der Herr kann die geplante 14 Kilowatt-Peak-Anlage installieren, muss jedoch technisch sicherstellen, dass nie mehr als 8 kWp eingespeist werden." Das sei etwa durch ein gezieltes Abschalten einzelner Solarmodule möglich – oder durch einen eigenen Stromspeicher. Die – in diesem Fall sehr große notwendige – Batterie im eigenen Haushalt wird angesichts der stark gestiegenen Strompreise immer interessanter, um möglichst viel vom am Dach produzierten Strom selbst zu nutzen, weil das Einspeisen ins Netz finanziell nur mäßig attraktiv ist. Zudem kann mit einem Stromspeicher auch eine so genannte Insellösung umgesetzt werden – heißt: Wenn im Falle eines Blackouts überall die Lichter ausgehen, ist man dank Photovoltaikanlage und Batterie im eigenen Haushalt weiterhin mit Elektrizität versorgt.

Strom speichern – aber wie?

Was im Haushalt immer bessere Stromspeicher ermöglichen, ist im großen Maßstab noch eine Herausforderung. Das Speichern elektrischer Energie. Um sich von Öl und Gas schrittweise unabhängig zu machen, ist die Speicherung aber unerlässlich – vor allem aus einem Grund:  Wasserkraftwerke, Photovoltaikanlagen und auch Windkraftanlagen produzieren im Sommer deutlich mehr Strom als im Winter. Der Grund, warum Österreich trotz vieler Wasserkraftwerke im Winter bisher  viel Strom importieren muss.
Um Strom kurzfristig zu speichern, gibt es sogenannte Pumpspeicherkraftwerke. Mit überschüssigem Strom wird Wasser in einen Speicher nach oben gepumpt – braucht es Energie, lässt man das Wasser nach unten rauschen und erzeugt mit Turbinen Elektrizität. Für ein Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee hat die Energie AG alle Bewilligungen. Derzeit werde gerade die Möglichkeit einer Realisierung geprüft, heißt es aus dem Konzern. Im Herbst soll es eine Entscheidung geben.

Mobile Batteriespeicher für Ortsnetze

Laut Linz AG ist der Einsatz von Batteriespeichern nicht nur im Haushalt sinnvoll: Die Linz Netz GmbH plant den Einsatz sogenannter netzdienlicher, teilweise auch mobiler Batteriespeicher in den Ortsnetzen. Im Bereich Batteriespeicher zur Netzstabilisierung beziehungsweise zum Ausgleich von Stromschwankungen im Niederspannungsnetz habe die Linz Netz GmbH bereits in den letzten Jahren intensiv geforscht und verfüge über entsprechende Erfahrungen.

Das Projekt Underground Sun Storage 2030 der RAG in Kooperation mit der Energie AG in Gampern: Überschüssiger umweltfreundlicher Strom aus Photovoltaik- und Windkraftwerken wird in Wasserstoff umgewandelt und in einer ehemaligen Gas-Lagerstätte gespeichert, um ihn dann bei Bedarf zu nutzen. | Foto: RAG/USS2030
  • Das Projekt Underground Sun Storage 2030 der RAG in Kooperation mit der Energie AG in Gampern: Überschüssiger umweltfreundlicher Strom aus Photovoltaik- und Windkraftwerken wird in Wasserstoff umgewandelt und in einer ehemaligen Gas-Lagerstätte gespeichert, um ihn dann bei Bedarf zu nutzen.
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Wasserstoff aus Strom speichern

Für eine längerfristige Speicherung von Strom hat sich die Energie AG zusammen mit der Johannes Kepler Uni am Projekt Underground Sun Storage unter Leitung des Erdgasspeicher-Betreibers RAG Austria AG beteiligt: Aus Wasser und überschüssigem Strom wird vorrangig im Sommer per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt und in einen ehemaligen Erdgasspeicher im Untergrund gepumpt. Gibt es Bedarf, kann der Wasserstoff ins Gasnetz eingespeist oder etwa der Industrie zur Verfügung gestellt werden. Aus Wasserstoff lässt sich durch Hinzufügen von Kohlendioxid (CO2) zudem künstliches Gas erzeugen, das die gleichen Eigenschaften wie Erdgas aufweist und so noch besser handhab- und verwertbar als reiner Wasserstoff ist.

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