Auf der Covid-Station Oberpullendorf
"Man glaubt nicht, wie gefährlich das Virus wirklich ist!"

- Der diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger Martin Eberhardt in voller Corona-Ausrüstung auf der Intensivstation des KH Oberpullendorf
- Foto: Iren Buczolich
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Ein aufrüttelndes Gespräch mit dem Ärztlichen Direktor des Krankenhauses Oberpullendorf, Primar Dr. Tillhof und zwei Mitarbeiterinnen der Intensivstation und der Covid-Station Oberpullendorf.
„Es ist so schön, wenn du siehst, in welchem Zustand du jemanden auf die Intensivstation verlegen musstest und wenn die Patienten dann wieder zu uns auf die Covid-Normalstation zurückkommen können und es ihnen besser geht! Leider waren es in letzter Zeit deutlich weniger, die das geschafft haben. Der Krankheitsverlauf wird mit der Mutation immer schwieriger“, beschreibt die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Verena Fischer-Poosch das, was sie täglich in ihrem Covid-Dienst im Krankenhaus Oberpullendorf erlebt.

- Auch auf der Corona-Normalstation ist Schutzbekleidung von Kopf bis Fuß seitt über reinem Jahr Alltag. Ein Lächeln gibt es nur mit den Augen.
- Foto: Verena Fischer-Poosch
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Noch keine Therapie
Auch nach über einem Jahr Corona-Pandemie gibt es zwar Impfungen, aber nach wie vor keine wirksamen Therapien der Krankheit. „Nur Antibiotika oder Cortison. Und Sauerstoff, Sauerstoff, Sauerstoff. Es ist eine sehr fordernde Krankheit, die wir hier täglich erleben. Du bist oft machtlos. Du kämpfst und kämpfst und verlierst das Rennen am Ende manchmal doch“, zeigt sich auch Prim. Dr. Herbert Tillhof von seinen täglichen Erfahrungen als Leiter der Intensivstation in Oberpullendorf berührt. „Wir können oft gar nicht helfen. Das belastet sehr. Es geht uns manchmal nicht gut dabei. Man glaubt nicht, wie gefährlich das Virus wirklich ist!“, mahnt er dringlich auch weiterhin zu Wachsamkeit: „Vorsichtig durchs Leben gehen! Handhygiene, Masken, testen, impfen! Es ist noch nicht vorbei. Mit über 10.000 Toten in Österreich sind wir schon jetzt bald so weit, dass wirklich jeder in seinem Umfeld einen Toten kennt.“

- DGKP Verena Fischer-Poosch nach 3 Stunden in der Schutzkleidung.
- Foto: Verena Fischer-Poosch
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Patienten immer jünger
„Unsere Patienten werden immer jünger. Durch die neuen Mutationen kommen auch viele Patienten in meinem Alter auf die Intensivstation“, berichtet die diplomierte Intensivkrankenpflegerin Iren Buczolich. „Jetzt sterben bei uns nicht mehr nur alte Menschen an Covid, sondern die 45- bis 65-jährigen. Wenn du keine Chance mehr hast, ihnen zu helfen, dann macht das auch was mit dir persönlich.“
Mit ihren KollegInnen auf der Intensivstation des Krankenhauses Oberpullendorf steht Schwester Iren seit über einem Jahr ganz vorne an der „Front“ im Kampf um das Leben der burgenländischen Corona-PatientInnen. Spätestens wenn man erlebt, dass ein „alter Hase“ wie sie, die schon seit Jahrzehnten auf der Intensivstation Dienst tut, während unseres Gesprächs zwischendurch mit den Tränen kämpfen muss, wird deutlich, in welcher Ausnahmesituation sich Pfleger und Ärzte, Patienten und Angehörige durch Covid befinden.

- Jeder Handgriff sitzt bei dem Team des Krankenhauses Oberpullendorf, auch wenn die Arbeit in den vielen Schichten der Schutzbekleidung noch herausfordernder ist als sonst.
- Foto: Iren Buczolich
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Lange Spitalsaufenthalte
„Viele unserer Patienten sind sehr lange bei uns auf der Intensiv. Sie werden oft zwei bis drei Wochen beatmet, manche länger“, so Iren Buzolich. „Erst wenn sie von der Beatmung wegkommen und nur noch die Sauerstoffbrille brauchen, dann weißt du, sie werden es schaffen. Je mehr Angst und Panik die Patienten durchleben, umso schlimmer ist es.“ „Viele Patienten haben, auch nachdem sie die Intensivstation verlassen, noch lange mit körperlichen und psychischen Folgen der Krankheit zu kämpfen“, ergänzt Prim. Tillhof.
„Wir bemühen uns sehr um die Patienten, versuchen sie aufzumuntern, erfüllen Wünsche, begleiten sie durch Krisen. Auch wenn wir für die Patienten in unserer Schutzkleidung kaum zu unterscheiden sind“, berichtet auch Schwester Verena von der Covid-Normalstation. Mit einem Schmunzeln erzählt sie von dem Patienten, der ganz erstaunt feststellte: „Ihr seid ja wirklich so angezogen, wie man es im Fernsehen sieht!“
Extremfaktor Schutzkleidung
Ebenso wie die Mitarbeiter der Intensiv muss auch auf der Covid-Normalstation unter vielen Schichten schweißtreibender Schutzkleidung gearbeitet werden.
Allein das Anziehen ist dabei ein aufwändiges Unterfangen: Zuerst die FFP2- oder FFP3-Maske, als Brillenträger kämpfst du immer gegen das Beschlagen, dann die Haube. Anschließend Skibrille, Faceshield, lange Handschuhe. Dann folgt der Mantel, den sollte man am Hals zupicken. Zweites Paar Handschuhe darüber, auf dem Mantel anpicken, zum Schluss die Einmalschürze. Dann hat man noch eine letzte Chance, etwas zu korrigieren, die Brille gerade zu rücken, ein letztes Mal kratzen und dann ist man auf der Intensivstation 3 Stunden oder länger bei den Patienten im Covid-Bereich. Ohne Durchatmen, ohne sich zu kratzen, ohne WC-Pause.
„Man muss vorausblickend arbeiten, damit die Versorgung mit Infusionen und so weiter bis zum nächsten Reingehen gewährleistet ist. Schnell mal reinschauen geht nicht. Draußen wartet eine Kollegin als Assistenz, mit Babyphon verbunden, die dir alles bis zur Schleuse bringt. Du bekommst den ganzen Dienst nur schlecht Luft. Nach jeder Runde sind wir komplett durchgeschwitzt, waschelnass“, so beschreibt Iren Buczolich ihren Corona-Alltag.
Respekt vor der Krankheit
„Es hat auch in der Vergangenheit immer wieder Herausforderungen gegeben. Die ersten multiresistenten ‘Krankenhaus-Keime‘, Isolationen, Grippepatienten, aber Covid ist etwas Spezielles. Eine Pandemie ist was anderes als eine Grippewelle, die geht vorüber. Natürlich schützen wir uns auch in anderen Situationen, aber ich hatte noch nie diesen Respekt vor einer Krankheit wie jetzt“, so Schwester Iren. „Sie betrifft nicht nur geschwächte, ältere Menschen, sondern alle. Man weiß nicht, wann es einen selbst erwischt. Es gibt nach wie vor keine Therapie, du versuchst es mit allen zur Verfügung stehenden Möglichen, aber im Endeffekt hängt es immer nur am lieben Gott.“
Die Gefahr ist noch nicht vorbei!
Corona-Demos, Corona-Leugner, Impf-Gegner – das trifft bei den Mitarbeiterinnen und dem Primar des Spitals auf absolutes Unverständnis. Prim. Dr. Tilhoff mahnt: „Gehen Sie Impfen, gehen sie Testen, bleiben sie vorsichtig! Glauben Sie bitte nicht, dass ab dem 19. Mai, wenn alles öffnet, auch die Gefahr vorbei ist!“
Was nach diesen sehr berührenden Gesprächen bleibt, ist ein Appell:
Die Pandemie verläuft in Wellen. Was draußen passiert mit den Infektionszahlen, kommt 3 Wochen später in den Intensivstationen an.
Übernehmen wir Verantwortung, rücken wir unsere Masken gerade, auch wenn es unbequem ist, gehen wir Impfen und helfen wir so zusammen, damit nicht auch die nächste Welle wieder über den Köpfen der Ärzte und Krankenpflegerinnen zusammenschlägt, die seit über einem Jahr unermüdlich, unter schwierigsten Bedingungen um das Leben der Covid-PatientInnen kämpfen!




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