Leben mit Long Covid/Post Vac-Betroffene erzählen
Long Covid/Post Covid und ME/CFS ist bereits das 2. mal Thema beim Bürgeranwalt
Viele Betroffene haben an die Volksanwaltschaft geschrieben und von den Missständen, Falschbehandlungen, Diskriminierungen und falschen Diagnosen berichtet - auch ich. Mir geht es wieder soweit gut, dass ich fast Vollzeit arbeiten kann. Neben dieser Freude spüre ich aber eine große Traurigkeit und Betroffenheit beim Anhören oder Lesen der Erfahrungen anderer Erkrankter. Es läuft da so einiges falsch in Österreich: politisch, ärztlich und auch gesellschaftlich. Wenn Kranke auch noch mit diesem Verhalten belastet und verletzt werden, ist das wirklich schlimm.
Es ist so als würde man zu einem Beinamputierten sagen, dass dies nur Einbildung sei und er nur wollen muss und dann geht's schon wieder. "Stell dich nicht so an." "Das sind Depressionen, Burnout - nimm Tabletten, geh in die frische Luft, das wird schon wieder." "I bin a müd" 🤮(Smiley um die Wirkung des Gehörten zu verdeutlichen) ist z.b. eine Aussage, die MICH auf die Palme 🌴bringt. Nur wer den Unterschied zwischen müde und der Fatigue kennt, weiß wovon man spricht. Als die bettlägerige Frau das mit dem Elefanten sagte, schossen mir die Tränen in die Augen, weil es so treffend ist. Ich beschrieb den Zustand immer mit 100kg Säcken, die auf mir lagen und an mir hingen.
Nun zu meinem Erleben (Krankheit hat psychische Ursache lt. vielen Ärzten, die Patienten nicht ernst nehmen oder unwissend sind) welches ich vor ein paar Monaten hatte, als ich eine Zweitmeinung eines Neurologen einholen wollte. Der von mir ausgesuchte Arzt ist Neurologe und Psychiater und ich habe mich deshalb für ihn entschlossen, weil ich dachte, dass ein Arzt mit dem fachlichen Wissen beider Bereiche kompetenter und umfangreicher diagnostizieren wird. Das zu meinem Denken. Die Realität sah dann so aus:
Ich schilderte meine Symptome wie neurologische Missempfindungen und Schmerzen an Zehen, Füßen und Beine, Tinnitus und Empfindlichkeit des Gehörs bei hohen Geräuschen, Stimmen, usw., die extreme Erschöpfung und Schwere (postvirale oder chronisches Fatigue Symptom) und die Verschlechterung der Symptome bei Überanstrengung (PEM ). Damals hatte ich auch noch ab und zu die Wortfindungsstörungen und Brainfog. Dann hat der Herr Doktor mir Fragen zu meiner Lebenssituation gestellt. Da ich damals im Krankenstand war, sagte ich dies auch und bekam sinngemäß zur Antwort: Wenn ich einen Beruf hätte, der mir gefällt, würden sich meine Zustände besser. Ich dachte ich hör nicht recht und in mir stieg erstmal eine leichte Wut hoch.
Wer mich kennt, weiß das ich meinen Beruf als Seniorenanimateuren liebe und von Herzen mache und es mich sehr betroffen gemacht hat, das mein Arbeitgeber, wo ich damals an Covid 19 erkrankte, mich kündigte, weil ich zu oft im Krankenstand war. In der Zeit meines Arztbesuches stieg ich nach einem Jahr Krankenstand wieder ins Arbeitsleben ein und war geringfügig beschäftigt. Ich bin nach wie vor sehr dankbar, das ich diese Möglichkeit langsam in die Berufstätigkeit einzusteigen bekommen hab. Mich erfüllte die Arbeit und war trotzdem nicht gesund.
Leicht verärgert sagte ich meine Meinung und mein Empfinden dazu, eben dass meine Zustände nicht aufgrund des Jobs sind. Dies schien bei ihm anzukommen. Danach fragte er mich nach meinem Beziehungsstatus, der da Single ist. Er hat mich nicht einmal gefragt, wie es mir geht, sondern hat gleich daraus geschlossen, das ich unglücklich mit dieser Situation sei und meinte - ich übertreibe nicht - wenn ich einen Mann hätte, würde es mir besser gehen.
Dies war für mich der Augenblick wo ich aufstand meine Tasche nahm und äußerte, das ich mit dieser "Meinung" nicht kann und wollte die Praxis verlassen. Da meinte der Arzt, er würde mich nur abfragen zwecks Anamnese, mein Einwand, das seine Schlussfolgerungen nicht stimmen würden empfand er glaub ich als etwas "frech". Er sagte zu mir, dass er genug Patienten hätte und das er mich als Patientin quasi nicht braucht. Ich weiß nicht mehr wie seine Wortwahl war, aber jedenfalls kam das bei mir an. Ich blieb dann doch, weil er irgendwas sagte, was mir dann doch schlüssig vorkam.
Nachdem er alles "wusste" was er wissen wollte, verschrieb er mir ein Antidepressiva, wo er auf Grund meiner Nachfrage dann meinte, das dies nicht wegen Depressionen, sondern das Medikament entzündungshemmend sei. Da ich schon öfter von anderen Long Covid Betroffenen hörte, das solche Medikamente tatsächlich bei Schmerzen, auch bei neurologischen Schmerzen eingesetzt werden, nahm ich das Rezept an. Auf meine neurologischen Probleme ging er NULL ein, das Gespräch dauerte 10 Minuten und ich ging mit einer Diagnose und entsetzt, enttäuscht und mit vielen Fragen aus der Ordination. Mich erinnerte die Situation an die Gutachter der PVA und an die, die mich wegen Bezug von REHA-Geld begutachteten. Das was man hat wird ausgeklammert und Long Covid und auch ME/CFS gibt es für viele nicht.
Das Medikament habe mich nach Absprache mit meiner Ärztin nicht genommen. Eine der stärksten Nebenwirkungen war übrigens Müdigkeit. Hallo? genau das ist mein Hauptproblem. A bisserl mehr und i steh nimma auf😅. (Manche Dinge muss i wirklich ins Lächerliche ziehen) Ich bin sehr dankbar, das meine Hausärztin mich gut berät und mich ernst nimmt.
Diese Schilderung, oder ähnliche, kann wahrscheinlich fast jeder Long Covid-Patient berichten. Viele haben dies auch getan, um auf den Versorgungsmissstand aufmerksam zu machen und endlich - nach bereits 3 Jahren Covid - auf eine ordentliche medizinische Behandlung zu bestehen. Dies hat wahrscheinlich auch dazu beigetragen, das es aufgrund der vielen Schreiben an die Volksanwaltschaft beim "Bürgeranwalt" gelandet ist. Die Sendung ist noch bis 19. oder 20. Jänner 2024 in der ORF TV-Thek zu sehen.
Die von dieser Krankheit betroffenen werden immer mehr und es ist egal ob sie geimpft sind oder nicht. Der Krankheitsverlauf und die Folgen sind sehr ähnlich. Es braucht Anlaufstellen und viel mehr Ärzte, die sich um Weiterbildung bemühen, um Patienten richtig zu versorgen.
Mittlerweile hat sich mein Gesundheitszustand auch soweit stabilisiert, das ich wieder arbeiten kann, was mir große Freude bereitet und ich sehr dankbar bin.
Ich berichte weiterhin und sorge für Bewusstmachung dieses großen Problems - auch für die es nicht können. Long Covid Austria ist eine Betroffeneninitiative, bei der ich mich schon längere Zeit einbringe soweit es meine Zeit erlaubt.
Ich würde mich freuen, wenn der Beitrag in diversen sozialen Medien geteilt wird. Oder wenigstens der Beitrag auf der Mediathek.
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