Erinnerung und Reflektion zum Gedanken vom 29.1.22
Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, kann einem wenigstens niemand in den Rücken fallen

- hochgeladen von WANDERFEE MORIYHA/Michaela Gold
Dieser Gedanke auf meinem Foto ist voriges Jahr in mir entstanden, als ich schon ahnte, dass ich gekündigt werden würde, sollte ich wieder in Krankenstand gehen müssen. Es ging voriges Jahr nach 2 Monaten reduziertem Arbeiten nach Krankenstand und REHA wieder gesundheitlich bergab. Obwohl mir seitens der AUVA und der REHA-Ärzte Wiedereingliederungsteilzeit bzw. Schonarbeit dringend angeraten wurde, hat mein Arbeitgeber (der sich eigentlich für Inklusion, gegen Diskriminierung und in vielen Bereichen sozial engagiert) dies nicht zugelassen. Insgesamt wurde es 4x erbeten und jedesmal abgelehnt.
Die Kündigung erfolgte dann tatsächlich Anfang März, nachdem ich eine Woche im Krankenstand war. Vorher hat es noch ein Gespräch mit meinen direkten Vorgesetzten und einer Vertreterin aus der Personalabteilung von der Zentrale gegeben. Ich ging in dieses Gespräch voller Hoffnung, weil ich eben hörte, das eine Dame von Eisenstadt kommen würde. Ich dachte, mir würde die Wiedereingliederungsteilzeit genehmigt werden. Im Nachhinein dachte ich dann wie naiv ich doch manchmal bin? Aber ich bin trotzdem froh, das ich ins Gespräch hoffnungsvoll, frei von Aufregung und ruhig gegangen bin. So konnte ich relativ ruhig und gefasst reagieren und ließ mich nicht überrumpeln.
Im Gespräch wurde mir einerseits die Wiedereingliederungsteilzeit abgelehnt und freundlicherweise eine einvernehmliche Kündigung angeboten, da man ja das Arbeitsverhältnis nicht so beenden wolle, das es einen schalen Nachgeschmack gäbe - so ähnlich die Ausdrucksweise.
Gut das ich mich schon im Vorhinein rechtlich bei der AK erkundigt habe und nicht auf die einvernehmliche Trennung eingestiegen bin. Ich hätte einiges an Geld verloren. Dies zum Vorgehen einer Einrichtung, wo ich dachte, das es ein sozialer Betrieb wäre? Das gilt aber anscheinend für andere, nicht aber für Mitarbeiter?
Warum erwähne ich Diskriminierung? Weil es als diskriminierend gelten kann, wenn man länger als ein halbes Jahr an einer Krankheit leidet und dann gekündigt wird. Wenn ihr in einer ähnlichen Situation seid, erkundigt euch bei der AK und beim Sozialministerium.
Ich selbst hab dies beim Sozialministerium gemeldet und mit guter Vertretung der GPA eine Schadensersatzzahlung vom Arbeitgeber bezahlt bekommen. Das Schlichtungsgespräch fand dann nach der Kündigung im April oder Mai - glaub ich - statt. Ich hätte die Kündigung auch wegen Sozialwidrigkeit anfechten können, aber dies ließ ich aus dem Grund sein, weil die damaligen Arbeitsbedingungen für meine Genesung sowieso zu stressig gewesen wären.
Ich bin aber auch sehr dankbar für die 6,5 Jahre, die ich dort verbracht habe. Meine Tätigkeit und die Betreuung der Senioren hat mich so sehr erfüllt und ich bin meiner Chefin nach wie vor dankbar, dass sie sich damals für mich entschieden hat.
Die Dankbarkeit und Wertschätzung der Bewohner haben mich für sooo Vieles entschädigt:
*das Lächeln, wenn ich in ihr Zimmer kam
*das Lachen, welches ich mit irgend etwas verursacht habe
*die Aussage: jetzt bist du grad recht gekommen
*oder wie ein Herr mal sagte: "Ich mag die Gruppen nicht, ich komme nur mit, weil ich mich in ihrer Gegenwart so wohl fühle"
*Aussagen wie: "dir kann ich es sagen, du nimmst mich ernst"
Gleich am Anfang meines Dienstes fragte mich eine Frau: "Warum sind sie so freundlich zu mir?" Diese Frage hat mich total erschüttert und mir schossen die Tränen in die Augen. Warum? Ich könnte ja die Aussage, das ich freundlich bin, dankend annehmen. Was mich aber berührt hat war, das was ich hinter der Frage wahrnahm. Was veranlasst jemanden zu dieser Frage? Das Fehlen von einer Freundlichkeit generell? Wahrscheinlich gibt es viele, die nicht freundlich sind? Ist es eine Besonderheit, wenn ich freundlich bin? Ich konnte das nicht beantworten und will auch niemanden eine generelle Unfreundlichkeit unterstellen. Tatsache ist, das diese Frau sehr dankbar war, wenn ich sie im Zimmer besuchte und Zeit mit ihr verbrachte.
Ein besonderes Erlebnis hatte ich auch bei der Anwendung der Klangschalen bei einem Mann, der sehr wenig sprechen konnte und wenn, dann nur zeitverzögert. Anfangs konnte er nur die Klänge der Klangschalen hören, die feinen Vibrationen aber nicht spüren. Wenn ich nach seiner Befindlichkeit fragte, gab er mir mit einem Ja-Nicken und einem Nein-Nicken zu verstehen, ob es für ihn gut sei oder nicht. Nach mehrmaliger Anwendung sagte er plötzlich während der Klangmassage: "Angenehm" und hatte ein seliges Lächeln auf den Lippen. Auch dieses Lächeln und den Herrn werde ich mir in Erinnerung behalten.
Ich bin auch dankbar, dass ich meine Kenntnisse von Klangmassagen in meine Arbeit miteinbeziehen konnte. Es war eine Bereicherung für die Senioren.
Und es gab so viele Erzählungen aus deren Leben, die mich die Stärke und Weisheit der Frauen und Männer, die einen Teil ihres Lebens im Krieg verbrachten, erkennen ließen. Ich finde es beachtenswert, wie lebensfroh und geistig lebendig einige von ihnen trotz der Schwere ihres Schicksals blieben oder vielleicht auch wurden?
Manchmal, wenn Menschen am Ende ihres Lebens angekommen sind, die letzten Tage oder Stunden erlebt haben und ich ihnen die Hand hielt und mit ihnen oder für sie betete, öffneten sie die Augen. Sie sahen mir ganz offen in die Augen und ich ihnen. Diese Augenblicke waren so, als ob zwischen oder in uns, das ganze Universum oder die Gegenwart Gottes wäre. Ich glaube auch, das es tatsächlich so ist. Gott ist in uns, um uns und im Überall. In diesen kurzen Momenten der Offenheit und Liebe war das so intensiv spürbar - wie bin ich dankbar, dies so erleben zu dürfen.
Für mich ist das auch in meiner Situation ein Mutmacher und Wegweiser: Danke liebe Mitmenschen, die ihr mir soviel Vertrauen entgegen gebracht habt und euer Erfahren und Erleben mit mir geteilt habt.
Diese und so viele andere wundervolle Momente haben mich täglich bereichert und mir Kraft gegeben weiterzumachen, auch wenn ich vieles vom System in Frage stellte und auch jetzt noch stelle.
Dies zu reflektieren und zu teilen, gibt mir auch jetzt Kraft und den Frieden, mit dem was für mich nicht gut und angenehm war liebevoll und dankbar abzuschließen und damit offen zu sein für Neues.
Warum ich so offen über doch sehr intime Gedanken und Erfahrungen schreibe? Meine Antwort ist nach wie vor die Gleiche – Wenn ich nur einen Menschen im Guten berühren kann, Mut machen, eine Erkenntnis auslösen kann und/oder eine Inspiration bin, bin ich sehr dankbar. Die Geschichte von den Seesternen inspiriert mich da sehr
Gut - das kann ich nicht wissen, aber ich gehe doch davon aus. Ich wünsche euch das Allerbeste und viele wundervolle Momente
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