Zeitgeschichte
Helene Delacher – einfach. mutig.

Helene Delacher mit Abschiedsbrief im Hintergrund | Foto: Verein Lila Winkel
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  • Helene Delacher mit Abschiedsbrief im Hintergrund
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Helene war eine einfache osttiroler Bauerntochter. An einem Novembertag wurde sie im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee enthauptet. Wie ist es dazu gekommen?

Familienleben

Als Jüngste von ursprünglich 12 Kindern wurde Helene Delacher 1904 in Burgfrieden bei Leisach geboren. Wegen der harten Lebensbedingungen überlebten fünf ihrer Geschwister die ersten Lebensjahre leider nicht. Helene besuchte die Volksschule Leisach noch vor dem ersten Weltkrieg und arbeitete anschließend am elterlichen Hof. Später im Krankenhaus Hall als Küchenmädchen. In den 1930er Jahren herrschte Massenarbeitslosigkeit. Auch Helene verlor ihre Anstellung und übersiedelte nach Innsbruck. Dort lernte sie 1936 ihren späteren Verlobten, den Südtiroler Alois Hochrainer kennen. Nach dem Kontakt mit Jehovas Zeugen traten beide aus der katholischen Kirche aus und ließen sich als Zeugen Jehovas taufen. Ein mutiger Schritt, denn unter dem NS-Regime waren Jehovas Zeugen verboten. Um zu heiraten, konnten sie nicht einfach vor dem Standesamt erscheinen, ohne eine sofortige Verhaftung zu riskieren. Deshalb gaben sie sich vor der Gemeinde der Zeugen Jehovas ein „Treueversprechen“.

Verfolgung

Wegen ihrer Religionsausübung wurden Helene und Alois mit zehn weiteren Zeugen Jehovas aus Innsbruck 1940 verhaftet und angeklagt. Helene verbüßte acht Monate im Gefängnis Innsbruck. Alois wurde nach seiner Haft in seine Heimat Südtirol ausgewiesen. Auch nach ihrer Freilassung hielten sie an ihrer Überzeugung fest. Nach einer langen Zeit der Trennung vereinbarte das Paar im Juni 1943 ein Treffen auf einer Alm im deutsch-italienischen Grenzgebiet. Helene hatte einige Ausgaben der damals verbotenen Zeitschrift „Der Wachtturm“ bei sich, die sie an Alois weitergeben wollte. Auf dem Weg dorthin wurde sie jedoch von der Grenzpolizei aufgegriffen, durchsucht und verhaftet. Während ihrer erneuten Inhaftierung erklärte sie mutig, dass sie wusste, dass es strafbar war, Wachttürme und andere Schriftstücke der Bibelforscher weiter zu verbreiten. Sie werde aber nie und nimmer von den Bibelforschern ablassen. Das genügte, um Helene im Oktober 1943 zum Tod zu verurteilen.

November 1943

Vom Frauenstrafgefängnis Berlin-Barnimstraße aus, bat sie schriftlich um Begnadigung - hauptsächlich wegen ihrer lieben, kranken Mutter, die sehr an ihr hing. Dieses Gnadengesuch wurde abgelehnt. Am 12. November 1943 wurde Helene wahrscheinlich im Laufe des Tages vom Gefängnis in die Hinrichtungsstätte Berlin-Plötzensee überstellt. Nur wenige Stunden vor der Vollstreckung verfasste sie einen liebevollen Abschiedsbrief an ihren Verlobten, in dem ihr unerschütterlicher Glaube zum Ausdruck kam. Unter anderem schrieb sie:

„Ist halt doch besser dem Herrn treu bleiben. Also mein liebster Luis bleib mir treu für Gottes Königreich. Der Herr wird dir schon auch die Kraft und Stärke geben…. von deiner dich liebenden Lene“

Wie aus dem Vollstreckungsprotokoll hervorgeht, wurde sie um 17:00 Uhr von zwei Gefängnisbeamten, mit auf dem Rücken gefesselten Händen, dem Scharfrichter vorgeführt. Helene war ruhig und gefasst und ließ sich ohne Widerstand auf das Fallbeilgerät legen. Helene war die einzige Österreicherin die aufgrund ihrer Betätigung als Zeugin Jehovas zum Tod verurteilt und hingerichtet wurde.

Erinnern - November 2023

Dieser Mut wurde nicht vergessen. Über Helenes Geschichte haben HistorikerInnen viel recherchiert und geschrieben, davon zeugen zahlreiche Zeitungsartikel und Erwähnungen in verschiedenen Fachbüchern und Vorträgen. Man findet ihren Namen schon länger am Befreiungsdenkmal in Innsbruck und im „Buch der Namen“ in Lienz.
Zu ihrem 80. Todestag hat der Verein Lila Winkel zusammen mit der Gemeinde Leisach und Bürgermeister Bernhard Zanon bei einer Gedenkveranstaltung an das Leben dieser einfach mutigen Frau erinnert. Im Zuge dessen wurde die Verlegung des ersten Stolpersteins in Osttirol für Helene Delacher veranlasst.

Leisach ist stolz auf seine mutige „Tochter“.

Helene Delacher mit Abschiedsbrief im Hintergrund | Foto: Verein Lila Winkel
Helene Delacher | Foto: Verein Lila Winkel
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