Psychologin
Familien zu Hause: Jetzt ist Multitasking gefragt

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Klinische- und Gesundheitspsychologin Barbara Lugmayr-Lettner über aktuelle Herausforderungen für Eltern und Kinder.

PERG. Corona stellt das Familienleben auf den Kopf. "Ängste, Sorgen, Isolation – die aktuelle Situation stellt eine große Herausforderung für viele Familien dar", meint Psychologin Barbara Lugmayr-Lettner, die in Perg eine Praxis für Kinder, Jugend und Familien führt. "Eltern müssen derzeit in jeglicher Hinsicht multitaskingfähig sein: Home-Office, Kleinkindbetreuung, Kindergartenbetreuung, Schulbetreuung, Freizeit- und Erziehungsbeauftragte. Hinzu kommen berufliche und finanzielle Anspannungen." Familien hätten dieser Tage eine enorme Anpassungsleistung zu erbringen. Eine emotionale Überforderung von Eltern habe aber zufolge, dass das kindliche System zur Angstverarbeitung weniger gut funktioniere.
"Wichtig ist daher, mit Kindern und Jugendlichen über die Situation zu reden. Es ist normal, sich traurig, ängstlich, gestresst, unsicher oder wütend zu fühlen. Eltern sollten die Sorgen oder Ängste ihrer Kinder ernst nehmen und darüber sprechen, dass es normal ist, sich vor Dingen zu fürchten", so Lugmayr-Lettner. Falls Eltern in Erklärungsnot geraten: Online gibt es mittlerweile viel Material, um Kindern die Fragen und Fakten zum Corona-Virus auf altersgerechte Weise zu beantworten.

Qualitätszeit einplanen

"Neben dem Einhalten einer Tagesstruktur, die alle Dinge des Tages inklusive Freizeit und familiärer Spielzeiten regelt, wird oft das Einplanen von Qualitätszeiten vergessen", sagt Lugmayr-Lettner. Mit "Qualitätszeit" meinen Psychologen, "exklusive Zeit" mit Mama oder Papa zu verbringen. "Jedes Kind hat eine andere Sprache der Liebe, weshalb die Qualitätszeit mit jedem Kind anders aussehen kann und sollte. Von kuscheln, reden, lesen, basteln oder vertraute Aktivitäten im Tagesablauf erledigen, kann alles dabei sein. Durch emotionale und physische Nähe kann das Kind sein Sicherheitssystem aktivieren. Sicherheit ist die absolut wichtigste Komponente, die Kinder in der derzeitigen Entwicklung benötigen", betont die Psychologin.
Anders sieht es bei Teenagern aus: "Jugendliche benötigen Möglichkeiten des Rückzuges – jedoch zeitlich geregelt." Auch der soziale Kontakt mit Freunden via Telefon, Videochats und Online-Plattformen gehört dazu.

Die Jugend trifft es besonders

"Jugendliche befinden sich in einem Entwicklungsschritt nach außen, hin zur Gruppe der Gleichaltrigen, weshalb sie die Ausgangsbeschränkung besonders trifft", erklärt Lugmayr-Lettner. "Natürlich kommt es in der Zeit des 'Aufeinandersitzens' zu Konflikten. Durch das Zusammenrücken werden wahrscheinlich viele bisher weniger spürbare Themen in der Eltern-Kinder-Beziehung sichtbar. Dies ist auch eine Chance, das Kind wirklich zu sehen, auf seine Bedürfnisse einzugehen, Konflikte auszuhalten und somit die Beziehung zu stärken", sagt die Psychologin.

Hilfreiche Tipps und Kontaktdaten

Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen hat ein Informationsblatt erstellt, das
praktische Tipps für den Umgang mit Ängsten und Sorgen gibt und erklärt, welche Maßnahmen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen empfehlenswert sind: https://www.boep.or.at/download/5e71d59d3c15c85df5000028/20200317_COVID-19_Informationsblatt.PDF

Einige Tipps aus dieser Broschüre:

  • Halten Sie die gewohnte Tagesstruktur ein.
  • Limitieren Sie mit dem Kind gemeinsam die „Screen-Zeiten“ für Fernsehen, Mobiltelefon oder Computer.
  • Planen Sie klare Lern- und Freizeiten.
  • Definieren Sie klar abgegrenzte Stunden, in denen sich jede/r alleine beschäftigt.
  • Machen Sie gemeinsame Aktivitäten.
  • Ermöglichen Sie Rückzugsmöglichkeiten, um Konflikte zu verhindern bzw. zu reduzieren
  • Ermöglichen Sie Ihrem Kind körperliche Betätigung im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten.
  • Erarbeiten Sie gemeinsam Regeln, wie die gewonnene Zeit bestmöglich genützt werden kann.
  • Erklären Sie Ihrem Kind in altersgerechten Worten dieaktuelle Situation.
  • Akzeptieren Sie, wenn Ihr Kind anhäglicher ist als sonst und kommen Sie diesem Bedürfnis Ihres Kindes nach. Es braucht gerade jetzt Sicherheit und Geborgenheit.
  • Verzichten Sie darauf, gerade jetzt große Erziehungsmaßnahmen zu setzen und sehen Sie möglichst von Strafen ab. Versuchen Sie, Ihr Kind durch Lob positiv zu bestärken und zu erwünschtem Verhalten zu motivieren

So wie Barbara Lugmayr-Lettner bieten viele Psychologen und Psychotherapeuten derzeit telefonische Beratung oder Video-Begleitungen an. https://praxis-lugmayrlettner.at

Kostenfreie Hilfe gibt es etwa unter

  • Rat auf Draht 147 – speziell für Kinder und Jugendliche sowie deren Bezugspersonen – täglich 0-24 Uhr
  • ÖP-Helpline 01/504 8000 – Mo-Fr von 9-16 Uhr
  • Ö3 Kummernummer 116 123 – täglich von 12-24 Uhr
  • Telefonseelsorge 142 – täglich 0-24 Uhr
  • Sorgentelefon von OÖ. Roten Kreuz und Krisenhilfe: Um Menschen in dieser herausfordernden Situation bei psychosozialen Problemen zu unterstützen, schufen die Krisenhilfe OÖ und die Krisenintervention des OÖ. Roten Kreuzes das „Krisenhilfe OÖ - Sorgentelefon“. Die Mitarbeiter stehen unter der Nummer 0732/2177 rund um die Uhr für Sorgen und Anliegen zur Verfügung.
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Barbara Lugmayr-Lettner. | Foto: Hartlauer
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