Tragisches Schicksal des Kriegsdienstverweigerers Anton Brugger

Der Kapruner Wehrdienstverweigerer Anton Brugger | Foto: DÖW
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KAPRUN. Der Fall des aus Oberösterreich stammenden St. Radegunder Wehrdienstverweigerers Franz Jägerstätter ist in den heimischen Geschichtsbüchern verankert. Das Schicksal des um vier Jahre jüngeren Anton Brugger aus Kaprun ist jedoch nur in Historikerkreisen bekannt. Nur wenige Kapruner kennen die Geschichte von Anton Brugger. Dabei sind beide Schicksale sehr ähnlich. Jägerstätter und Brugger haben das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten!“ wörtlich genommen. In Zeiten des Nationalsozialismus ist das ein Todesurteil.

Glaube statt Waffe

Anton Brugger wird am 9. April 1911 in Kaprun geboren. Sein Mutter erzog ihn traditionell im römisch-katholischen Glauben. Wahrscheinlich kam er schon in den 1920er Jahren erstmals mit den Reformadventisten in Kontakt. Diese protestantische Freikirche lehnt aus biblischen Gründen den Wehr- und Kriegsdienst grundsätzlich ab. Als Mitglied der Adventisten ist für Brugger klar, dass er keine Waffe in die Hand nehmen wird. Zu Kriegsbeginn gelingt ihm die Flucht nach Italien. Sein Ziel ist es, mit einem Schiff nach Amerika zu gelangen. In Italien wird er von der Polizei festgenommen und wieder in das Deutsche Reich ausgeliefert.

Dürfen nicht verzagen

Brugger scheint die kommenden dunklen Jahre vorauszusehen, als er seiner Frau schreibt: Sonntag, den 16. Juni 1940, auf der Fahrt (im Zug): „Meine liebste Esther!
Wenn Du diese Bücher erhalten wirst, dann bin ich schon in Deutschland. Ich bin jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, in Begleitung von zwei Beamten von Milano im Zug zwischen Verona und Bolzano auf dem Weg zum Brenner. Leider hat man mich nicht freigelassen. (…)
Meine liebe Esther, wir dürfen trotz allem nicht verzagen. Wenn ich auch jetzt nach Deutschland zurückkomme, so kann der Herr seine Gnade doch alles so lenken, daß zum Schluß alles gut wird. Wir müssen eben jetzt viel Geduld haben und daran denken, daß viele liebe Geschwister auf der ganzen Erde, besonders aber in Europa, jetzt in großer Schwierigkeit sind. Jetzt ist die Zeit, da jeder einzelne geprüft wird, ob er wohl in allen Situationen der Wahrheit treu bleibt…“

Zum Tode verurteilt

Am 14. März 1941 wird er vom Landesgericht Salzburg wegen „Wehrkraftzersetzung“ zu zwei Jahren Haft verurteilt. 1943, kurz nach Verbüßung seiner Haft, wird er neuerlich zum Wehrdienst einberufen. Wieder verneint er den Dienst mit der Waffe. Sein Glaube ist ungebrochen. Am 5. Jänner 1943 wird er vom Reichskriegsgericht wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt.

Die letzten Briefe von Anton Brugger an seine Mutter und seine Frau geben ein eindrucksvolles Bild über die ausweglose Situation des jungen Pazifisten. Hier einige Auszüge:

Berlin-Tegel am 17.12.1942:  „Mein lieber Schatz!
(…) Von mir kann ich Dir leider nichts Ermutigendes mitteilen. Wie Du ja schon von Mutter wissen wirst, wurde ich plötzlich zur Wehrmacht einberufen und bin dort in Schwierigkeiten gekommen wegen meiner besonderen Einstellung. Es wurde gegen mich ein Verfahren eingeleitet, wo die Hauptverhandlung am 18. Jänner 43 stattfinden wird…“

„Mein inniggeliebter Schatz!
Wenn Du diese Zeilen erhältst, dann werde ich wohl nicht mehr unter den Lebenden sein. Wie das alles gekommen ist, das wirst Du wohl schon von Mutter erfahren haben. Ja, es gibt für mich keinen anderen Weg, wenn ich meiner Glaubensbezeugung treu bleiben wollte. Wenn auch damit unsere Hoffnung, hier vereint zu werden, sich nicht erfüllte, so haben wir doch noch die viel herrlichere Gewissheit, uns beim Herrn wiederzusehen und nie mehr getrennt zu werden…“

„Liebe Mutter!
Wenn auch all das Traurige, das über uns gekommen ist, noch so schwer ist, so bitte ich, deshalb doch nicht zu verzagen. So gerne ich Dir den bitteren Schmerz erspart hätte, aber ich konnte wirklich nicht anders. Auch die Herren bei Gericht haben es in der Weise gut mit mir gemeint. Man hat mir immer wieder zugeredet, meine Haltung zu ändern und mir bis zuletzt Gelegenheit gegeben, meine Einstellung aufzugeben. So gut man es mit mir auch meinen mag, so kann ich dies doch um alles in der Welt nicht tun. Da ich bei meiner Taufe dem Herrn Jesu Treue gelobt und ihm versprochen habe, unter allen Umständen seine Gebote zu halten, so bleibt für mich kein anderer Weg, als das Bittere geduldig über mich ergehen zu lassen. Am 5. Jänner wurde ich zur Todesstrafe verurteilt, und jetzt hat man mir mitgeteilt, daß am 20. das Urteil bestätigt wurde, also rechtskräftig geworden ist. So habe ich nun jeden Tag zu erwarten, daß man mich zu dem schweren Gang holt…“

Seinen letzten Brief an seine Mutter schreibt Brugger am 3. Februar 1943 im Strafgefangenenhaus Brandenburg-Gört.

„Meine liebe teure Mutter!
Ich bitte Dich, wenn Du diese meine letzten Abschiedsgrüße erhältst, dann sei nicht verzagt, sondern stark und getrost. Deinen letzten Brief habe ich erhalten, und er hat mich sehr getröstet. Deine gutgemeinten Bemühungen wegen eines Gnadengesuchs werden wohl sowieso vergebens sein. Wenn er auch Erfolg hätte, dann würde es zu spät sein, weil heute mein letzter Tag ist. Ja, nun ist es wirklich ernst geworden. Um 6 Uhr abends wird das Urteil an mir vollstreckt. (…) Nun habe ich betreffs meiner Bestattung noch eine Bitte: Ich möchte gerne haben, daß ich in Salzburg am Kommunalfriedhof beigesetzt werde. Wenn ich dort bin, könnt Ihr mich alle von Zeit zu Zeit besuchen. Dazu ist aber notwendig, daß Du ein Ansuchen an die Ortspolizeiverwaltung Brandenburg-Havel richtest und um die Übersendung der Urne Deines am 3. Februar 1943 dort im Gefangenenhaus Brandenburg verstorbenen Sohnes nach Salzburg bittest. (…)
Ich grüße noch die Lieben überall. Der Herr segne und behüte Dich! In inniger Sohnesliebe grüße und küsse ich Dich in der Hoffnung, Dich und alle Lieben beim Herrn wiederzusehen. Euer Anton“

Anton Brugger erlebt seinen 32. Geburtstag nicht mehr. Am 3. Februar 1943 wird er im Zuchthaus in Brandenburg hingerichtet. Das Gnadengesuch seiner Mutter wird „mit Rücksicht auf die Notwendigkeit des Krieges“ abgelehnt.

Information und Fotos: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW), übermittel durch den Bramberger Historiker Rudi Leo



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