Sport und Gesundheit
Tschaut: "Riesenherausforderung für alle"
Kinder und Jugendliche: Obwohl Schulsport derzeit eingeschränkt möglich ist, steht der Vereinssport quasi still.
SAALELDEN. Robert Tschaut aus Saalfelden ist Sportdirektor beim Salzburger Fußballverband. Als Fachinspektor für Bewegung und Sport koordiniert und begleitet er alle Agenden des Schulsports, wie den Unterricht, Projekte mit außerschulischen Partnern, Wettkämpfe und den Bau von Sportstätten. Die Bezirksblätter Pinzgau wollten wissen, wie er die Situation in den Schulen und Vereinen derzeit sieht:
Wie geht es Kindern und Jugendlichen gerade? Wie wirkt sich die Corona-Krise auf sie aus?
ROBERT TSCHAUT: Die aktuelle Situation ist eine Riesen-Herausforderung für alle. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind die Leidtragenden im momentanen Lebensalltags mit seinen Einschränkungen. Was haben wir selber mit 16, 17 Jahren erlebt? Möglichst weg von daheim sein, Freunde treffen, Neues entdecken,… Die Ausgangsebene schlechthin war und ist oft - ein Sportverein. All das können und dürfen unsere Jugendlichen seit vielen Monaten nicht erleben. Die tun mir richtig leid. Sie erfahren eine ungewollte soziale und gesundheitliche Verwahrlosung.
Ist es ihnen überhaupt noch möglich, gemeinsam Sport zu betreiben?
Ein wichtiger Punkt in der derzeitigen Kommunikation ist die Unterscheidung von Schulsport bzw. Sportunterricht und Vereinssport. Das wird derzeit wild durcheinandergebracht, da werden Äpfel mit Birnen vertauscht. Es ist nicht so, dass im Schulsport aktuell nichts gemacht wird, oder nichts erlaubt ist. Derzeit sind Outdooraktivitäten mit Abstandsregelung im Rahmen des Bewegung- und Sportunterrichts möglich. Das wird von vielen BewegungserzieherInnen, die Übungsformen und teilweise auch Spielformen mit ihren SchülerInnen im erlaubten Rahmen umsetzen, auch so angeboten. Volks- und Sonderschulen dürfen den BESP-Unterricht auch Indoor (etwa in der Sporthalle) halten (Koordinations-, Kräftigungs- und Beweglichkeitsaufgaben mit niedriger Herz-Kreislaufbelastung und niedriger Atemfrequenz).
Und Vereinssport gab es bis zum 15. März nicht? Welche Herausforderungen gibt es dabei?
Der Vereinssport war im Gegensatz dazu, wenn er nicht in den Spitzensportbereich fällt, still gelegt. Das ist besonders bitter, weil damit fast der gesamte Sportbereich betroffen war - vor allem jener Bereich, bei dem es nicht primär um Leistung geht, sondern um Zusammensein mit Freunden, sich gemeinsam zu bewegen, gemeinsam Emotionen zu erleben, mit Sieg und Niederlage umgehen zu lernen,… Das sind Werte für die persönliche Zukunft, Werte für eine zukünftig funktionierende Gesellschaft. Auf die Sportvereine werden in den nächsten Jahren große Aufgaben zukommen: Rückhol-Initiativen von Kindern, Jugendlichen, Betreuern und Funktionären und die Rekrutierung von Kids, die durch die Bewegungseinschränkungen noch schwerer zu motivieren sein werden, aus der bewegungsarmen Komfort- (Couch-, Monitor-)Zone zu bekommen.
"Quo vadis homo ludens" – wohin geht der spielende Mensch?
Hoffentlich nicht hin zu einer Verkümmerung des Spiel- und Bewegungstriebs, der sich im Zuge der Evolution zu einem wesentlichen Teil des Menschseins entwickelte. Dass die Kinder und Jugendliche nicht ohne Bewegung auskommen und sich nicht mehr an die Einschränkungen der gemeinsamen Bewegungsfreiheiten halten können, weil der Trieb danach so stark ist, zeigt sich darin, dass, wenn man bei Parks und Spielplätzen vorbeispaziert, ein reges gemeinschaftliches Treiben herrscht. Ich freue mich, wenn ich diese lachenden Gesichter der Kinder und Jugendlichen, die die Freude am gemeinsamen Tun spiegeln, wieder auch in einem Alltag ohne Einschränkungen sehen kann.
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