Regionalitätspreis 2020
Digitale Kompetenzen bei Frauen stärken

- Barbara Niehues und ihre Kolleginnen bei der Frauenservicestelle Kokon erkannten ein Defizit in der digitalen Kompetenz und liessen sich eine Lösung einfallen.
- Foto: Marchgraber
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Die Coronakrise zeigte Vielen die Grenzen ihres Könnens im digitalen Bereich auf. Da Frauen zuhause jedoch oft nur die W-Lan Reste bekommen, entschied sich die Frauenservicestelle Kokon ein Mentoring Programm speziell für Frauen umzusetzen. Dafür gab es nun den Regionalitätspreis in der Kategorie "Salzburg digital".
ST. JOHANN. Dass Flexibilität zu den Stärken vieler Frauen gehört, bewies die Frauenservicestelle Kokon bei der Entwicklung ihres Projektes "women.to.ring". Eigentlich wollte man mit einem digitalen Mentoring Programm jungen Unternehmerinnen die Arbeit in der digitalen Welt erleichtern, allerdings wurde in der Coronakrise schnell klar, dass die Bedürfnisse oft einfacher aber auch weitergestreut sind. Bei Kokon entschied man sich deshalb, das Programm für alle Frauen anzubieten, die sich selbst weiterbilden wollen.
Erste digitale Schritte
"Es ist kein Computerkurs, wie der Computerführerschein oder Ähnliches. Es geht uns darum, Frauen den Einstieg in die digitale Welt zu ermöglichen, damit meine ich, Dinge wie Gruppenchats, online Bezahlsysteme oder den Umgang mit verschiedenen Apps", betont Barbara Niehues, Geschäftsführerin der Beratungsstelle. Die Grundidee ist es, in einem ersten Schritt Mentorinnen auszubilden, die wiederum mit Mentees – zu betreuende Personen – zweier Teams, sogenannte Tandems, bilden. "Die Frauen werden nicht eins zu eins weitergeben, was sie gelernt haben, sondern eher schauen, dass die ersten Schritte in die digitale Welt gelingen", erklärt Niehues den bedarfsorientierten Ansatz des Programms. Während der Mentoring-Phase werden den Teilnehmerinnen Tablets zur Verfügung gestellt, mit denen sie das neu Erlernte umsetzen können.
Auf Bedürfnisse eingehen
Insgesamt sind zwei Durchgänge geplant, der erste hat vor Kurzem mit der Einschulung der Mentorinnen begonnen. Das vermittelte Wissen ist umfassend, so werden die Mentorinnen sowohl in technischen Bereichen, aber auch Grundlagenwissen, Kenntnis über die Bedeutung, Begriffe und Themenbereiche der Digitalisierung informiert. Wichtig ist möglichst niederschwellig Kernkompetenzen zu vermitteln, beispielsweise wie eine Internet-Verbindung hergestellt werden kann oder wie man Apps installiert. Die Bandbreite der Mentees ist groß: Von älteren Frauen, die während der Krise merkten, dass sie sich der digitalen Welt nicht gewachsen fühlten, über Mütter, die neben ihrem eigenen Beruf nun auch ihren Kindern im Homeoffice unter die Arme greifen mussten, bis hin zu Unternehmerinnen, die ihre Arbeitsprozesse umstellen müssen, aber auch Frauen, die noch nie ein Tablet genutzt haben.
Hemmschwelle Zeitaufwand
"Was sich herausgestellt hat, ist, dass Mentees zu finden nicht so schwierig ist wie Mentorinnen", lacht Niehues. Wobei Mentorinnen durch die Schulungen auch viel für sich selbst mitnehmen können. "Die neue Ausrichtung des Mentorings hat die Vorlaufzeit verkürzt, beim zweiten Durchgang gestaltet es sich dann hoffentlich schon einfacher", blickt Niehues schon zum zweiten Durchgang im Frühjahr 2021 voraus. "Arbeit und Zeitaufwand scheinen eine Hemmschwelle zu sein. Allerdings kann die Zeitaufteilung jedes Tandem für sich entscheiden. Wir haben uns jetzt einfach getraut und sind damit ins kalte Wasser gesprungen", sagt Niehues.
"Corona hat uns gezwungen"
Natürlich sei immer der Gedanke für Webinare da gewesen, aber eine Präsenzveranstaltung sei doch attraktiver gewesen, stellt Niehues die Situation vor Corona dar. Jetzt musste man umdenken und so wurden neben Beratungschats auch der Frauenchat für die Dienstagsfrauen gestartet. Seit September wird jeden ersten Dienstag im Monat zu einem Videochat via Zoom eingeladen. Dabei geht es immer um bedeutende Persönlichkeiten, wie die Politikerin Johanna Dohnal oder die amerikanische Richterin Ruth Bader Ginsburg.
Nur noch "W-Lan Reste"
Die Krise hat neben der Mehrfachbelastung für Frauen auch Auswirkung auf gesellschaftliche Themen gehabt. Viele Frauen seien besonders in systemrelevanten Berufen hoch gelobt worden, aber finanziell und sozial habe sich nichts gebessert. "Zu Hause haben die Frauen dann oft nur die W-Lan Reste bekommen", kritisiert Niehues und fährt fort, "Frauen waren in der Kette aus unserer Erfahrung meist die Letzten, das hat sich auch durch alle Schichten gezogen." Dem will Kokon nun mit mehr Kompetenz in der digitalen Welt entgegenwirken und so für die Zukunft vorarbeiten. Die einzige Angst von Niehues ist momentan, dass Corona das Zusammentreffen von Mentorin und Mentee verhindern könnte. Denn die Grundlagen ließen sich eben nur mit Präsenztreffen lernen. "Sollte es nicht gehen, werden wir einfach wieder umplanen", lacht Niehues.




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