"Gewalt hört nicht von selbst auf"
Das Gewaltschutzzentrum Pongau tätigte 2015 114 neue Aufnahmen. Am häufigsten sind Frauen von familiärer Gewalt betroffen.
Jede vierte Frau erfährt in ihrer Beziehung körperliche Gewalt, jede fünfte Frau sexuelle. Von psychischer Gewalt gibt es keine Daten. Fest steht aber, dass jeder dieser Formen psychische Gewalt vorausgeht. "Hilfe suchen und anzunehmen, schafft nur ein Bruchteil der Betroffenen", weiß die Juristin Merisa Bikic. Sie arbeitet im Gewaltschutzzentrum in Schwarzach. Im Jahr 2015 kam es in dieser Pongauer Einrichtung zu 114 Aufnahmen.
Gewalt in der Familie
"Zu uns können Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche kommen, die in irgendeiner Weise Gewalt ausgesetzt sind. Hauptsächlich handelt es sich aber um betroffene Frauen, die Gewalt innerhalb der Familie erfahren", erklärt Bikic. "Bevor sich die Klienten bei uns melden, haben sie bereits jahrelang Grausamkeiten ertragen müssen" – denn: Gewalt beginnt im Kleinen.
Ausgleichen und ertragen
"Aufkeimende Eifersucht wird von den Frauen zuerst ausgeglichen, gemeine Äußerungen ertragen und erste Formen der körperlichen Machtausübung übersehen", weiß Bikic. Sie erklärt: "Psychische Gewalt liegt schon dann vor, wenn man ein schlechtes Gefühl hat, wenn der Partner nach Hause kommt – weil man nicht weiß, wie er gelaunt ist und was auf einen zukommt. Körperliche Gewalt ist jede Form der Machtausübung. Auch Haare reißen oder zwicken gehört dazu."
Nackt schlafen müssen
Schwer zu erkennen sei vor allem die sexuelle Gewalt: "Dazu gehört jede Art der unerwünschten Berührung, der Zwang sich mit dem Partner Pornos anzusehen, oder nackt zu schlafen. Alles, wo Sie sich unwohl fühlen und es trotzdem tun (müssen), ist Gewalt", erklärt Merisa Bikic.
Täter haben nicht Recht
Die Gewaltschutzberaterin rät Betroffenen, sich in jedem Fall Hilfe zu holen, denn: "Gewalt hört nicht von selbst auf. Wer Gewalt ausübt, glaubt, er habe das Recht dazu. Sich nach dem Täter zu richten, ist keine Lösung."
Anonyme Beratung
Hilfe im Gewaltschutzzentrum bedeutet Beratung und das Aufzeigen von sofortigen Schutz- und Sicherheits-Möglichkeiten. "Wir beraten kostenlos, verfassen Anträge für Klienten und begleiten sie zum Gericht. Wir sind eine Opferschutzeinrichtung, die sofort Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherheit einleitet, berät und handelt", erklärt Merisa Bikic.
Kontakt:
Gewaltschutzzentrum Regionalstelle Schwarzach (zuständig für Pongau, Lungau und Pinzgau): Dr. Franz-Hain Straße 2, Altes Rathaus, 5620 Schwarzach
Tel. 0662 / 870 100; www.gewaltschutzzentrum.eu.
Öffnungszeiten: Di. und Do. 8.30 bis 15.30 Uhr, sowie nach Vereinbarung und mobile Beratung.
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