Bürgerbegehren
Reitdorfer kämpfen um Kindergärten und Volksschulen

Der Verein "Wir in Flachau" hat ein Bürgerbegehren ins Rollen gebracht, um Volksschule und Kindergarten im Ortsteil Reitdorf zu erhalten.  | Foto: WIF
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  • Der Verein "Wir in Flachau" hat ein Bürgerbegehren ins Rollen gebracht, um Volksschule und Kindergarten im Ortsteil Reitdorf zu erhalten.
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Um die Zusammenlegung der Kindergärten bzw. der Volksschulen in Flachau und Reitdorf in letzter Minute zu verhindern, hat der Verein "Wir in Flachau" ein Bürgerbegehren auf Schiene gebracht. Für Bürgermeister Thomas Oberreiter komme das viel zu spät, weil man seit zwei Jahren intensiv das Projekt vorbereitet und die Bevölkerung immer eingebunden habe. 

FLACHAU. Bisher gab es sowohl in Flachau als auch im Ortsteil Reitdorf jeweils eine Volksschule und einen Kindergarten. Diese sollen ab Herbst 2022 in einer gemeinsamen Volksschule in Flachau und einem gemeinsamen Kindergarten in Reitdorf vereint sein und nach den Sommerferien, die für den Bau um zwei Wochen verlängert werden, in Betrieb gehen. Der eigens gegründete Verein "Wir in Flachau" (WIF) bringt jetzt ein Bürgerbegehren gegen das Vorhaben der Gemeinde ein. Bgm. Thomas Oberreiter ist verärgert über den späten Zeitpunkt, denn ab Ostern soll bereits der Umbau beginnen.

Gemeinde kann nicht zurück

"Da unser Verein trotz aller Bemühungen den Bürgermeister nicht davon überzeugen konnte, sich die Schul- bzw. Kindergartenschließung nochmals zu überlegen, haben wir uns dafür entschieden, ein Bürgerbegehren zu starten", sagt Birgitta Eder von WIF. Mit Unterschriften von mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten – das wären in Flachau rund 250 Menschen – kann eine Bürgerabstimmung erzwungen werden.

"Seit Ende November kann man unterschreiben, wir haben bereits knapp die Hälfte der nötigen Stimmen beisammen."
– Birgitta Eder, Verein "Wir in Flachau"

"Sollte es dazu kommen, werden wir uns dieser Abstimmung natürlich stellen. Ich bin überzeugt, dass ein Großteil der Bevölkerung den Zusammenschluss als richtigen Schritt sieht", entgegnet Oberreiter, den besonders der Zeitpunkt stört: "Mich ärgert, dass der Verein erst jetzt damit daherkommt. Wir haben keinen Prozess so intensiv mit der Bevölkerung diskutiert wie diesen, mittlerweile können wir fast nicht mehr zurück, die Ausschreibung beginnt bereits. Es tut weh, dass jetzt hier Missstimmung reinkommt, das ist nicht gut für unsere Gemeinschaft. Aber wir werden auch das aushalten."

"Es ärgert mich, dass das erst jetzt daherkommt, wieso nicht vor einem halben Jahr?", fragt sich Bürgermeister Thomas Oberreiter. | Foto: MeinBezirk.at-Archiv
  • "Es ärgert mich, dass das erst jetzt daherkommt, wieso nicht vor einem halben Jahr?", fragt sich Bürgermeister Thomas Oberreiter.
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Saalbach hatte selbes "Problem"

Das Thema ist emotionsgeladen: "Manche fassen das so auf, dass wir ihnen die Schule wegnehmen. Aber die Zusammenlegung macht gesellschaftspolitisch so viel aus, wenn die Kinder beider Ortsteile gemeinsam aufwachsen. In der Gemeinde wird die Entscheidung durch alle Fraktionen hindurch positiv gesehen", sagt der Bürgermeister. Er führt als Vergleichsbeispiel Saalbach-Hinterglemm an, wo es ebenfalls zwei ähnlich große Ortsteile mit doppelten Strukturen gab. "Vor rund zehn Jahren hat man dort denselben Prozess umgesetzt, auch da gab es anfangs Widerstand. Heute sind sich Direktorin und Bürgermeister einig, dass dies der einzig richtige Schritt war", sagt Oberreiter.

Reitdorf will seine Privilegien erhalten

"Es ist natürlich ein Privileg, dass wir einen eigenen Kindergarten und eine Volksschule haben", wissen die Reitdorfer vom Verein WIF, "aber es ist auch wichtig, dass sie nahe am Wohnort erhalten bleiben. Die Bevölkerung trägt unser Anliegen mit, wir hatten bereits mehr als 400 Unterschriften für unser weiteres Vorgehen", berichtet Obfrau Elisabeth Mallik aus dem Jahr 2020. Dringenden Handlungsbedarf sieht der Verein nur bei den Kindergärten: 

"Den Ausbau der Kindergärten hat die Gemeinde seit zehn Jahren verschlafen, das fällt ihnen jetzt auf den Kopf. Die Schulen sind aber nicht sanierungsbedürftig, deshalb ist das Projekt weder klimafreundlich, noch nachhaltig."
– Verein "Wir in Flachau"

"Dass eine vielfach ausgezeichnete und zertifizierte Schule wie die VS Reitdorf geschlossen wird, hat in der Gemeinde kein Gewicht. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist das traurig", sagt Eder. "Der Bürgermeister hat nie nachgefragt, was die Bevölkerung will, unsere Vorschläge sind nicht berücksichtigt worden. Die Gemeinde hat sich durch ihre Beschlüsse in der Handlungsfähigkeit eingeschränkt, die Bürgerbefragung hätte aber am Anfang hergehört", beteuert der Verein.

Wunsch kam von Bevölkerung selbst

"Es gab leider keine anderen konstruktiven Vorschläge, außer den unbedingten Willen, die Standorte beizubehalten", hält Oberreiter fest. Zudem sei der Wunsch im Rahmen des Agenda-21-Prozesses von der Bevölkerung selbst gekommen:

"Bei 400 eingegangenen Fragebögen bekamen wir knapp 150 Mal die Antwort, dass Zukunftschancen in der Zusammenlegung von Schule und Kindergarten liegen, ohne dass explizit danach gefragt wurde."
– Bgm. Thomas Oberreiter

Bei Oberreiter stößt die Kritik auf Unverständnis: "Den Beschlüssen vorausgegangen ist ein zweijähriger Bürgerbeteiligungsprozess, bei dem alle Vor- und Nachteile erörtert und in den Planungen berücksichtigt wurden. Zwei öffentliche Veranstaltungen zu diesem Thema wurden sogar via Livestream in alle Flachauer Haushalte übertragen."

Am Bus soll's nicht scheitern

Der Verein kritisiert u. a. unnötige Autokilometer: "90 Prozent der Reitdorfer Kinder gehen zu Fuß in die Schule, die müssen dann alle mit dem Bus oder Auto gefahren werden." Im Kindergartenalter seien Öffis ohnehin fast unmöglich. "Unser eigener Kindergarten-Bus wird bereits jetzt gut angenommen und wird die Kinder künftig überall abholen. Für die Schüler wird es einen zusätzlichen Schulbus geben", sagt Oberreiter. Die Kosten würden auch nicht bei den Eltern hängen bleiben, versichert er: "Grundsätzlich sollte das im Rahmen des Verkehrsverbunds gratis möglich sein. Wenn doch Kosten aufkommen sollten, wird die Gemeinde diese tragen."

Ab welchem Alter ist Kindern das Pendeln mit dem Bus zu Bildungseinrichtungen zumutbar?

Projekt wird teurer als geplant

Seit Beginn der Planungen ist die Kostenschätzung deutlich gestiegen. "Bei der Pro-Kopf-Verschuldung werden wir in Salzburg zum Spitzenreiter, wenn das so durchgezogen wird", ist Eder überzeugt. Das Preis-Argument relativiert Oberreiter: "Zur Kostenschätzung von 7,5 Mio. Euro aus dem Jahr 2019 müssen wir wegen der Preissteigerungen in der Baubranche 20 bis 25 Prozent aufschlagen. Aus demselben Grund wurden aber Mittel aus dem Gemeindeausgleichsfonds vom Land um 17 Prozent erhöht. Zudem gehört Flachau zu den finanzstärksten Gemeinden in Salzburg und ist nahezu schuldenfrei, daher können wir für dieses Generationenprojekt Darlehen aufnehmen, ohne unseren Haushalt zu gefährden."

Tradition und sentimentale Werte schwingen mit

Im Streit spielt auch die Geschichte des zweigeteilten Ortes eine Rolle: "Die 70 Jahre alte Schule in Reitdorf hat sentimentalen Wert, sie steht auf einem Grund, der damals von einem Bauern zur Verfügung gestellt worden ist. Kirchlich und vereinsmäßig sind die Reitdorfer noch immer in Altenmarkt verwurzelt. Wir sind nicht prinzipiell gegen die Zusammenlegung, aber der Verlust der Standorte ist nicht gut. Damit die Kinder gemeinsam aufwachsen, gäbe es genug andere Möglichkeiten", behauptet der Reitdorfer Verein. Oberreiter, der im Gemeindeamt in Reitdorf sitzt, weiß: "

Es gab früher eine Rivalität – was die Flachauer hatten, mussten die Reitdorfer auch haben und umgekehrt."
–Bgm. Thomas Oberreiter

Mittlerweile seien die Ortsteile aber zusammengewachsen, sagt der Bürgermeister: "Die Feuerwehr wünscht sich eine Zusammenlegung und der nächste Schritt ist, dass die Kinder in Schule und Kindergarten gemeinsam aufwachsen."

Ältere Beiträge zum Thema: 

Aus Vier mach Zwei

Der Verein "Wir in Flachau" hat ein Bürgerbegehren ins Rollen gebracht, um Volksschule und Kindergarten im Ortsteil Reitdorf zu erhalten.  | Foto: WIF
"Es ärgert mich, dass das erst jetzt daherkommt, wieso nicht vor einem halben Jahr?", fragt sich Bürgermeister Thomas Oberreiter. | Foto: MeinBezirk.at-Archiv
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