"Bundesforste ist mehr als reine Forstwirtschaft"
Forstwirtschaft, Nachhaltigkeit und Naturschutz bestimmen den Alltag bei den österreichischen Bundesforsten. Die Bezirksblätter warfen einen Blick hinter die Kulissen.
PURKERSDORF. Mitten im Zentrum der Wienerwaldstadt Purkersdorf befindet sich der Sitz der österreichischen Bundesforste, die derzeit 1.153 MitarbeiterInnen zählen und in deren Besitz sich stolze 511.000 Hektar Waldfläche befinden. Doch was genau tut sich hinter den Gemäuern des fast zur Gänze in Holz gehaltenen Gebäudes? Die Bezirksblätter warfen einen Blick hinter die Kulissen und trafen Bundesforste-Pressesprecherin Pia Buchner, Forstbetrieb Wienerwald-Leiter Johannes Wimmer und ÖBf-Biosphärenpark-Team-Leiterin Alexandra Wieshaider zum Gespräch.
Purkersdorf als Schaltzentrale
"Hier in Purkersdorf ist, wenn man so will, die Schaltzentrale. Österreichweit haben wir in Summe 12 Forstbetriebe, zwei Nationalpark-Betriebe und einen Forsttechnik-Betrieb", fasst Pia Buchner zusammen. Bundesweit befinden sich 855.000 Hektar Fläche im Besitz der Bundesforste, 41.300 Hektar davon im Forstbetrieb Wienerwald. Den Sitz inmitten des WIenerwalds nach Purkersdorf zu verlegen war eine bewusste Entscheidung, wie Pia Buchner erklärt: "Es war unternehmenskulturell eine wichtige Entscheidung zu sagen 'Das Unternehmen geht dorthin wo auch der Unternehmensgegenstand ist, nämlich der Wald'."
70 Prozent Holz-Umsatz
Dieser macht, trotz Wetterkapriolen, Klimawandel und Co., den Löwenanteil der jährlichen Betriebsleistung des Unternehmens aus: "Forstwirtschaft ist unser Kerngeschäft, in Zahlen gesprochen heißt das dass wir rund 70 Prozent unserer Betriebsleistung österreichweit mit Forstwirtschaft erwirtschaften", erklärt Pia Buchner. Im Jahr 2013 zählte das Unternehmen stolze 238 Mio. Euro Gesamtumsatz.
Immobilien als Zweit-Quelle
Das zweitgrößte Standbein machen Immobilien aus, rund 17 Prozent der jährlichen Betriebsleistung werden damit erwirtschaftet – vor allem im WIenerwald, wie Forstbetriebs-Chef Johannes Wimmer erklärt. "Eine Besonderheit im Wienerwald: Immobillien und Naturraummanagement haben einen höheren Umsatzanteil als Forstwirtschaft und Jagd zusammen", erklärt Johannes Wimmer. Das liegt unter anderem an den hohen Grundstückspreisen in der Region: "Hier im Speckgürtel rund um Wien sind Baurechte eine gute Möglichkeit den Wohnbedarf zu befriedigen ohne Eigentümer zu werden."
Mehr als nur Forstwirtschaft
Mit forstlichen Dienstleistungen und erneuerbarer Energie in Form von Kleinwasserkraftwerken haben die Bundesforste weitere Einnahmequellen lukriert. "In Summe sieht man: Bundesforste ist mehr als reine Forstwirtschaft. Die Überlegung ist es das Unternehmen auf eine breite Basis zu stellen um den Erfolg langfristig abzusichern", erklärt Pressesprecherin Pia Buchner. Der Begriff der Nachhaltigkeit bestimmt jedoch wesentlich mehr als bloß die wirtschaftliche Taktik des Unternehmens. "Es wird maximal so viel geerntet als wieder zuwächst. Anders formuliert: Die Zinsen werden genutzt, das Kapital bleibt oder wächst sogar noch", erklärt Wimmer.
Wichtiger Partner: Biosphärenpark
Mit dem Begriff der Nachhaltigkeit als Zielsetzung arbeiten die Bundesforste auch eng mit dem Biosphärenpark WIenerwald zusammen, wie Bundesforste-Biosphärenpark-Team-Leiterin Alexandra WIeshaider erklärt: "Ein Unesco-Biosphärenpark, der auch diese Kriterien erfüllen muss, ist eine Modellregion für Nachhaltigkeit." Obwohl fälschlicherweise oft geglaubt wird der Biosphärenpark schließe wirtschaftliche Nutzung des Waldes aus, sind im Großraum Wienerwald nur fünf Prozent der Fläche außer Nutzung gestellt: "Während im Nationalpark mit 75 % erforderlicher Kernzonen-Fläche eher 'Glaskuppel-Naturschutz' vorherrscht ist im Biosphärenpark Weiterentwicklung für und mit dem Menschen vorrangig. Im WIenerwald war das einfach logisch, hier hätte man nur sehr schwierig 75% als Kernzone ausweisen können." Die Zahlen bestätigen Wieshaiders These: Rund 20 Millionen Besuche zählt der Wienerwald jährlich.
Naturschutz in der Forstwirtschaft
Doch wie schafft man es Naturschutz, Nachhaltigkeit und Forstwirtschaft unter einen Hut zu bringen? "Im SInne eines Biosphärenparks muss das Ziel sein, weil der Mensch mit einbezogen werden soll, dass man es hier schafft die Forstwirtschaft so zu betreiben, dass die Biodiversität so wenig wie möglich eingeschränkt wird und man wirklich nachhaltig, nicht nur in der Menge sondern auch bei den Arten, wirtschaftet", erklärt Alexandra Wieshaider. Dieses Ziel hat sich auch der Forstbetrieb Wienerwald zu Herzen genommen, wie Johannes Wimmer erklärt: "Naturschutz betreiben ist die Kunst mit möglichst wenig wirtschaftlichem Verzicht einen möglichst hohen naturschutzfachlichen Wert zu erzeugen. Oft ist es eine Kleinigkeit bei der ich mich zurücknehme und mit der ich wahnsinnig viel für den Naturschutz bewirken kann." Wirtschaftlich schränkt der Fokus auf nachhaltige Forstwirtschaft das Unternehmen jedoch in keinster Weise ein, im Gegenteil – wie Pia Buchner erklärt: "Wir schreiben seit 1997 schwarze Zahlen, und nicht nur schwarze Zahlen sondern auch Gewinne."
ZAHLEN, DATEN, FAKTEN
Forstbetrieb Wienerwald:
Forstbetrieb WIenerwald umfasst 13 Forstreviere:
- Kierling
- Weidlingbach
- Stadlhütte
- Ried
- Pressbaum
- Klausen
- Schöpflgitter
- Alland
- Breitenfurt
- Hinterbrühl
- Haselbach
- Pernitz
- Oberwart
Gesamtfläche Forstbetrieb Wienerwald: 41.300 ha
davon Waldfläche: 40.200 ha
Nebengründe: 1.100 ha
Waldfläche gesamt: 40.200 ha
Wirtschaftswald: 38.300 ha
Schutzwald: 600 ha
Nichtholzboden: 1.300 ha
75% Laubholz
25% Nadelholz
Holzerntemenge: 152.000 fm jährlich
MitarbeiterInnen: 75, davon 10 im Naturraummanagement tätig
Bundesforste:
Hier geht's zur Website der öst. Bundesforste.
Holzerntemenge jährlich (in 1000 Festmetern): 1.535
Gesamtfläche: 855.000 ha
davon Waldfläche: 511.000 ha
MitarbeiterInnen: 1.153
Betriebe: 12 Forstbetriebe, 2 Nationalparkbetriebe, 1 Forsttechnikbetrieb
Gebäude: 4.200
Immobilienverträge (Pacht, Vermietung, Tourismus, Baurecht): 23.500
Forstreviere: 121
Jagdfläche in ha/Jagdgebiete: 860.000/1.280
Fischereireviere: 450
Rund 50% der ÖBf-Fläche stehen unter Schutz, 26% der Gesamtfläche sind Natura-2000-Gebiet.
Rund 52.000 ha Fläche in Nationalparks
knapp 1000 Naturschutzaktivitäten jährlich
Verantwortung für rund 147.000 ha Schutzwald
ÖBf sind als größter Naturraumbetreuer für 10% der Staatsfläche, darunter auch 74 der größeren Seen und 15% der Waldfläche verantwortlich.
2013: Betriebsleistung (= Umsatz) ungefähr 238 Mio Euro gesamt
davon 172 Mio auf Forst/Holz
39 Mio Euro auf Immobilien
Biosphärenpark Wienerwald:
Hier geht's zur Website des Biosphärenparks Wienerwald.
Eine Initiative der Länder Niederösterreich und Wien
Fläche: 105.645 Hektar - das sind rund 110.000 Fußballfelder
Bewohner: in den Biosphärenpark-Gemeinden leben ca. 750.000 Menschen. Randgemeinden sind nicht zur Gänze im Biosphärenpark.
Zweitwohnsitze: ca. 50.000
Gemeinden: 51 Niederösterreichische Gemeinden und 7 Wiener Gemeindebezirke bilden den Biosphärenpark
Gemeindegröße: 60 % der Gemeinden haben unter 5.000 Einwohner; drei Gemeinden - Baden, Mödling und Klosterneuburg – haben mehr als 20.000 Einwohner
Verkehrsachsen im Biosphärenpark: A1 West-Autobahn, A21 Wiener Außenring-Autobahn, West- und Südbahn
Klima: Subkontinentale kalte Winter und trocken-heiße Sommer
Vegetation: mehr als 20 Waldtypen, dominierend sind Buchen- und Eichen-Hainbuchenwälder, mehr als 17 Wiesentypen
Flora: über 2000 Pflanzenarten
Vögel: ca. 150 Brutvogelarten
15 Naturschutzgebiete
4 Naturparke
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