Widerstand aus christlicher Überzeugung
Jehovas Zeugen gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Ein Häftlingsanzug eines Zeugen Jehovas mit einem lila Winkel | Foto:  jw.org
  • Ein Häftlingsanzug eines Zeugen Jehovas mit einem lila Winkel
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Jehovas Zeugen wurden in Österreich bereits ab dem Anschluss im März 1938 von den Nationalsozialisten mit unnachsichtiger Härte verfolgt. Sie gehören zu den eher unbekannten Widerständlern einer menschenverachtenden Ideologie. Der 27. Jänner markiert weltweit den Internationalen Holocaust-Gedenktag, ein symbolisches Datum zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.

Obwohl Jehovas Zeugen schon immer politisch neutral waren und damit objektiv betrachtet für keine Regierung eine Gefahr darstellen, wurden sie oft Zielscheibe totalitärer Regime. Von den circa 800 Zeugen Jehovas, die 1938 in Österreich lebten, wurden 80 Prozent von den Nationalsozialisten verfolgt, rund 154 kamen zu Tode.

Widerstand gegen Hass


Da Jehovas Zeugen sämtliche politisch motivierten Aktionen ablehnten, darunter auch den „Hitlergruß“, gerieten sie schnell ins Visier der Gestapo. Sie verweigerten bedingungslos menschenverachtende Hasstaten gegen ihre Mitmenschen, die in dieser Zeit besonders gegen Juden an der Tagesordnung waren. Auch gegen das staatliche Verbot ihrer Religionsausübung, das schon 1933 verhängt wurde, widersetzten sie sich. Brutale Hausdurchsuchungen, Schikanen sowie grausame Verhöre in den Einrichtungen der Gestapo wurden für sie bald alltäglich. Viele verloren ihre Arbeit, 642 wurden inhaftiert oder auf andere Art verfolgt. Tatsächlich gehörten die Bibelforscher, wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden, zu den ersten Häftlingen, die in den Konzentrationslagern ankamen. Auch vor den Kindern von Jehovas Zeugen machten die Nationalsozialisten keinen Halt: Viele wurden von der Schule verwiesen. Manchen Eltern entzog man das Sorgerecht für ihre Kinder, um sie in „regimetreuen“ Familien großzuziehen. Dazu zählt auch Hermine Liska aus Kärnten. Sie verweigerte in der Schule den Hitlergruß, worauf sie mit 11 Jahren ihren Eltern entzogen wurde und zur Umerziehung in mehrere NS-Heime kam. Nach dem Krieg kam sie unversehrt in das Elternhaus zurück. Sie erzählt ihre Geschichte als Zeitzeugin an Schulen.

Widerstand gegen Krieg


Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 kam es für Jehovas Zeugen noch schlimmer. Da sie bedingungslos den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigerten, wurde an ihnen ein Exempel statuiert: Sie wurden wegen „Wehrdienstverweigerung“ zum Tode verurteilt und hingerichtet. Etwa 50 Zeugen Jehovas aus Österreich kamen aus diesem Grund zu Tode. Johann Pichler und Josef Wegscheider sind nach Kriegsausbruch die ersten Wehrdienstverweigerer die hingerichtet wurden. Sie wurden am 26. September 1939 in der Schießstätte Salzburg-Glanegg/Österreich erschossen.

Wichtige Erinnerung an mutigen Widerstand


Am 27. Januar wird international der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Es ist eine wichtige Erinnerung, da Antisemitismus sowie Hass und Diskriminierung gegen religiöse Minderheiten leider nicht mit dem NS-Regime untergingen. In der DDR sowie in der gesamten Sowjetunion wurden Jehovas Zeugen auch nach 1945 weiter verfolgt. Tatsächlich sind sie seit 2017 in Russland wieder verboten, etwa 100 von ihnen sitzen dort derzeit aufgrund ihrer Religionsausübung Haftstrafen ab. Auch in unserem unmittelbaren europäischen Umfeld gibt es leider wieder diskriminierende Strömungen, die gegen Jehovas Zeugen vorgehen. Der heutige Gedenktag stellt ein besonderes Mahnmal gegen diese Art religiöser Intoleranz dar und sollte jeden an die Inschrift des Monuments der KZ-Gedenkstätte Dachau erinnern: „Nie wieder!“

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