Das Warten in Abtsdorf

Ausblick vom Balkon des Asylwerberheimes in Abtsdorf, das, wie in Reichersberg, in einem Wohngebiet liegt. | Foto: Streif
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  • Ausblick vom Balkon des Asylwerberheimes in Abtsdorf, das, wie in Reichersberg, in einem Wohngebiet liegt.
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ATTERSEE (tst). Abtsdorf, in der malerischen Landschaft zwischen St. Georgen am Attergau und Attersee liegt ein kleiner Ort, der zur Gemeinde Attersee gehört. Nur unweit davon entfernt, befindet sich die nostalgische Attergaubahn. Das Asylwerberheim in einem ehemaligen Gästehaus, wurde vor sieben Jahren eröffnet. Es habe damals schon Aufregung unter der Bevölkerung gegeben, sagt Sozialarbeiterin Gertrud Göttfert. Die anfänglichen Ängste hätten sich aber sehr schnell gelegt. Derzeit sind sechs Familien (19 Personen) in Abtsdorf, das nur knapp fünf Kilometer vom Erstaufnahmezentrum Thalham entfernt ist, beheimatet.

Die Asylwerber, die bis zu sechs Monate auf ein erstes Interview bei der Außenstelle des Bundes­asylamtes warten müssen, sind in Doppelzimmern untergebracht. Die Tapete im Vorraum haftet seit den 80-er Jahren unverändert an der Wand. Im Gemeinschaftsraum stehen Möbel, die zum Teil von den Nachbarn stammen. Es geht ruhig zu im Abtsdorfer Asylwerberheim. Zwei Küchen stehen den Bewohnern, die aus fünf Nationen stammen, zur Verfügung. Einen Geschirrspüler gibt es nicht, dafür hat jede Familie einen eigenen Kühlschrank. Auf die Frage, ob es oft zu Streit komme, antwortet Michael Felder, Regionalleiter der Caritas Flüchtlingshilfe: „Es gab von Beginn an nur sehr wenig Probleme. Hin und wieder gibt es natürlich Missverständnisse unter den Bewohnern, aber alle hier sind sehr diszipliniert. Keiner will sich etwas zu Schulden kommen lassen.“

Für die Familie Ghassemi hat die schier unendlich lange Zeit des Wartens vor kurzem ein Ende gefunden. Seit vier Jahren wartete die iranische Familie, die wegen ihres christlichen Glaubens in der Heimat verfolgt wurde, auf eine Entscheidung. Nun darf die vierköpfige Familie bleiben.
„Ein Mann soll stark sein, aber es war für uns alle, vor allem für meine Frau und die beiden Söhne, eine sehr schwere Zeit“, so der Vater. Er und sein 16-jähriger Sohn Hamid haben bereits Arbeit gefunden – beide sind in einem Postverteilungszentrum in Oberwang beschäftigt. „Ich bin so dankbar dafür, jetzt jeden Tag arbeiten gehen zu dürfen.“ Er könne sich zwar vorstellen, irgendwann einmal in den Iran zurückzukehren, aber auch in Österreich fühle er sich mittlerweile daheim, so der 16-jährige Hamid, der sich schon bald seinen Traum, eine Lehre zu machen, erfüllen will. Bis zur Entscheidung des Asylbescheides war das nicht möglich, weil für Asylwerber kein Zugang zum freien Arbeitsmarkt besteht. Die emotional geführte Asyl-Debatte verfolgt die Familie durch die Medien. „Was soll das? Es gibt gute und leider auch schlechte Menschen, aber das hat doch nicht grundsätzlich etwas mit der Nation zu tun“, kann sich der Vater mit der oft unsachlich geführten Diskussion nicht anfreunden.

Attersees Bürgermeister Walter Kastinger sagt, dass es überhaupt keine Probleme gäbe. „Auch wir hatten anfänglich Bedenken, aber diese haben sich überhaupt nicht bestätigt, zumal die Asylwerber von der Caritas bestens betreut werden.“
Einen Raum weiter ist die Stimmung anders, gedrückt, und das seit über drei Jahren. Eine fünfköpfige Familie, die in Armenien politisch verfolgt wurde, hofft auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens. Dem Vater ist die bange Ungewissheit ins Gesicht geschrieben. „Ich sitze hier und warte. Sollten wir abgeschoben werden, befinden wir uns in Lebensgefahr. Ich habe Angst.“

Die beiden Töchter sind bestens integriert, gehen in Vöcklabruck in die Handelsschule. Die Jüngere der beiden fährt einmal in der Woche mit dem Zug zum Training der rhythmischen Sportgymnastik nach Salzburg. Wie lange noch, das weiß hier niemand. Die Ungewissheit ist allgegenwärtig, ein Alltag, vor allem für die Eltern, nur schwer möglich. Das Hoffen und Bangen in Abtsdorf geht weiter. Nicht nur für die armenische Familie ...

Ausblick vom Balkon des Asylwerberheimes in Abtsdorf, das, wie in Reichersberg, in einem Wohngebiet liegt. | Foto: Streif
Gertrud Göttfert und Michael Felder von der Caritas. | Foto: Streif
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