Imkern in Zeiten des Klimawandels
Den Bienen unter die Flügel greifen

Karl Michael Bögl betreut derzeit neun Bienenvölker. | Foto: Lukas Dornstauder
9Bilder
  • Karl Michael Bögl betreut derzeit neun Bienenvölker.
  • Foto: Lukas Dornstauder
  • hochgeladen von Agnes Nöhammer

Experten aus dem Bezirk zur Situation der Bienen, der Imkerei, und wie man die Sumsis unterstützen kann.

BEZIRK. Harald Trattner, Obmann des gemeinsamen Imkereivereins der vier Gemeinden Hohenzell, Geiersberg, St. Marienkirchen und Eberschwang, erzählt von den aktuellen Problemen in der Imkerei: "Die Varroa-Milbe ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen. Es wird an allen Fronten gearbeitet, sodass man in die Zuchtrichtung der Varroa-resistenten Biene geht und aggressive Behandlungsmittel vermeidet." Außerdem sei der Klimawandel nicht zu unterschätzen: "Früher war es so, dass die Bienen im August, September fertig eingefüttert wurden und dann war Schluss. Bei den Oktobertemperaturen, die wir heuer hatten, merkt man: Die Bienen fliegen noch, sind zum Teil noch am Sammeln. Die Herausforderung für den Imker ist hier, dass die Bienen gesund in den Winter gehen und im Frühjahr wieder ordentlich starten können, wenn die Blütenpracht wieder in voller Fülle da ist", ergänzt Trattner. Die warmen Temperaturen verursachen zudem, "dass die Bienen fast keine Brutpause mehr machen, was eigentlich für Bekämpfung der Varroa, die vorwiegend in die Brut hineingeht, wichtig wäre."

Erfahrungsaustausch

Der 72 Mitglieder starke Verein hat sich die Förderung und den Erhalt der Bienenwirtschaft zum Ziel gesetzt: Dazu werden etwa Stammtische zum Erfahrungsaustausch oder Ausbildungsmöglichkeiten organisiert. "Grundsätzlich kann in Österreich jeder Imker werden. Was natürlich schon gut ist, ist eine entsprechende Ausbildung zu machen. Es gibt Kurse, Seminare, wo die Imkerei gelehrt wird. Wir haben einen sehr aktiven Landesverband, der jede Menge Kurse laufend anbietet", erläutert der Vereinsobmann.

Facharbeiter für Bienenwirtschaft

Karl-Michael Bögl, eines der Mitglieder des Imkereivereins, absolvierte Mitte September die Ausbildung zum Facharbeiter für Bienenwirtschaft beim OÖ Landesverband für Bienenzucht: "Neben dem Theorieunterricht im Imkereizentrum in Linz, gab es auch einige Praxistage wie zum Beispiel auf einer Belegstelle oder auch eine Betriebsbesichtigung bei einer Erwerbsimkerei. Fachgebiete wie etwa Betriebswirtschaft, Marketing, Bienenprodukte, Lebensmittelhygiene, Anatomie der Honigbiene, Königinnenzucht, Bienenkrankheiten sowie biologische Bienenhaltung sind Teile des Facharbeiters", berichtet der Maschinenbaukonstrukteur aus St. Marienkirchen. Derzeit betreut Bögl neun Bienenvölker, das Imkern startete er aber bereits 2014 mit einem Einsteigerkurs zur Bienenhaltung. "Dazu bekam ich von meinem Firmpaten und vom Verein jeweils ein Bienenvolk und schon ging es los", erzählt er. Von Anfang an in den Verein eingebunden zu sein, war gerade wegen des Austauschs mit erfahreneren Kollegen unersetzbar für ihn.

Kein Jahr gleicht dem anderen

"Ich bin landwirtschaftlich vom Elternhaus geprägt: Wer mit Lebewesen arbeitet, muss pflichtbewusst sein und mit offenen Augen die Natur beobachten", erzählt Bögl, "wichtig ist das laufende Beobachten der Bienen, um gegebenenfalls Maßnahmen einzuleiten." Nicht nur im Hinblick auf Krankheiten oder Schädlinge wie die Varroamilbe, sondern auch auf den Klimawandel sei das unabdingbar. Denn: "Es gleicht kein Jahr dem anderen", so Bögl. Darum orientiert er sich unter anderem am phänologischen Kalender, der auf der Beobachtung wiederkehrender Naturphänomene beruht. "Die Kirschblüte ist zum Beispiel ein Zeichen, dass es dahingeht."
Apropos Blüten: Für die Bienen sind Blüten auch nicht gleich Blüten: Wenn sie nicht bienenfreundlich sind, haben die Immen und auch andere Insekten nichts davon.

Jeder Schritt zählt

Um den Bienen "unter die Flügel zu greifen", hat die bienenfreundliche Gemeinde Ried bereits einige Projekte gestartet: "Erste bewusstseinsbildende Aktionen waren die kostenlose Verteilung von Rewisa-zertifiziertem Saatgut an die Bürger im Rahmen des Grünmarkts oder die Pflanzausgabe von eigens herangezogenen Blühstauden beim Stadtfest 2022", erzählt Rieds Bienenbeauftragte Eva Frauscher und weist darauf hin, dass es diese Aktionen 2024 wieder geben wird. "Weiters sind zahlreiche Streuobstwiesen, Kräuterbeete, Blühflächen, Nistplätze, Insekten- und Wildbienenhotels im Stadtgebiet verstreut. Hier gilt ein großer Dank unserem Stadtgärtner Johann Etzinger, der für die Bepflanzung und Gestaltung unserer Gemeinde verantwortlich ist", führt sie aus. Darüber hinaus werde darauf geachtet, auf synthetisches Pflanzenschutzmittel bei der Pflege des Stadtgrüns zu verzichten. "Jede noch so kleine Fläche, die naturnah angelegt wird, trägt einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt bei", so Frauscher. Sie empfiehlt – auch im Sinne anderer Insekten: "Neben der Auswahl von bienenfreundlichen, heimischen Wildstauden wäre es sinnvoll, ungemähte Wiesenbereiche stehen zu lassen und Kies- und Totholzhaufen als Überwinterungsquartiere anzulegen."

Honigernte

Auf die Frage, wie heuer die Honigernte ausfiel, meint Trattner: "Teil - teils. Leider sind die Bienen im Frühjahr relativ bald weggestartet, weil der Winter relativ kurz war. Aber in der Hauptblütezeit war es sehr verregnet. Das heißt es gab wenig Ausflugmöglichkeiten für die Bienen. Der Blütenhonig war in vielen Regionen fast gar nicht zum Ernten, obwohl die Völker eigentlich sehr stark aus dem Winter gekommen sind. Das Ganze hat sich dann im Spätfrühling beziehungsweise in den Sommer hinein etwas relativiert: Was man von den Imkervereinen hört, war der Durchschnitt zufriedenstellend. Die Ernte ist schon unter dem Durchschnitt geblieben, aber es waren keine Totalausfälle. Was größtenteils fast gar nicht zu ernten war, war die 'Waldtracht', der Waldhonig. Aber das ist von Jahr zu Jahr immer sehr unterschiedlich."

ZUR SACHE
Pflanzen aus kontrollierten regionalen Herkünften vom Rewisa-Netzwerk gibt es unter rewisa-netzwerk.at

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Ried auf MeinBezirk.at/Ried

Neuigkeiten aus Ried als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Ried auf Facebook: MeinBezirk.at/Ried - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Ried und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.