Leben mit Demenz
"Da war ich eigentlich früher immer sehr gut"

Herr B. mit Demenztrainierin Gabi Luger.  | Foto: MAS Alzheimerhilfe
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Demenz stellt für Patienten und Angehörige eine Herausforderung dar. Ein Betroffener aus dem Bezirk Rohrbach ermöglicht Einblicke.

BEZIRK. "Die häufigste der Demenzerkrankungen ist nach wie vor die Alzheimererkrankung. Im Moment hat man sich darauf geeinigt, dass mindestens 60 Prozent der Fälle auf die Alzheimererkrankung zurückgehen", erklärt Sabine Weber. Sie arbeitet als Klinische Psychologin beim Verein MAS Alzheimerhilfe.

Namen machten Probleme

Einer, der die Auswirkungen der Demenz aus erster Hand kennt, ist Herr B. aus dem Bezirk Rohrbach. Vor zwei Jahren, mit 76, tauchten bei ihm die ersten Symptome auf. Besonders das Namensgedächtnis bereitete ihm Schwierigkeiten. "Da war ich eigentlich früher immer sehr gut. Und wo Dinge hingehören. Zum Beispiel: Wenn ich den Geschirrspüler ausräume, wenn ich nicht gleich weiß, wo welches Geschirr hingehört", erzählt er. Heute, zwei Jahre später, machen ihm die Namen nach wie vor Probleme. Mittlerweile hat er aber einen Lösungsweg entwickelt: "Ich behelfe mir dabei – das hab ich früher nicht gemacht – dass ich nach dem Namen frage, bevor ich einen verkehrten sag."

Lieber früher hellhörig werden

Alzheimer zu erkennen, ist gerade am Anfang trotz der gut beschriebenen Symptome nicht immer ganz einfach: "Man kann es einordnen, aber es ist gleichzeitig relativ schwierig, weil die ersten Symptome für viele Betroffene oft sehr diffus sind. Viele klagen einfach über eine allgemeine Vergesslichkeit, über Wortfindungsstörungen, Dinge liegen zu lassen, Termine zu vergessen." Oft seien es Dinge, die man schlicht mit dem Altwerden in Verbindung bringt, was laut der Expertin bis zu einem gewissen Grad durchaus etwas damit zu tun haben kann. "Aber die Ausprägung macht es aus. Deshalb ist es für uns auch wichtig, die Früherkennung anzubieten." Anzeichen können auch Veränderungen der Persönlichkeit sein, wenn Menschen nicht mehr mit ihren Alltagsaufgaben zurechtkommen oder zum Beispiel eine Geschichte mehrfach hintereinander wiederholt erzählen. Hier rät Weber: "Manchmal ist es besser, ein bisschen schneller hellhörig zu werden, als zu langsam."

Auch die Familie ist betroffen

Eine Demenzerkrankung führt sowohl bei Patienten als auch bei Angehörigen oft zu schwierigen Situationen. Das weiß auch Herr B.: "Meine – oder unsere – Herausforderungen muss ich sagen, meine Familie ist ja auch betroffen, sind, wenn ich gewisse wichtige Dinge vergesse, die sie mir anschaffen oder verkehrt mache. Beziehungsweise einfache Dinge nicht zusammenbringe. Wo ich mir denke, das hab ich früher gut können und kann es jetzt nicht mehr." Das seien Momente, in den er sich nicht gut fühlt, erzählt er. "Ab und zu rufe ich dann meine Tochter an und die gibt mir ein wenig Trost und sagt ,Papa, so tragisch ist das nicht´."

"Wir haben früher vieles zusammen gemacht"

Im Alltag sei vor allem seine Frau sehr gefordert. Er fügt an: "Ich sollte da meine Frau mehr unterstützen können und das bringe ich halt nicht zusammen". Gerade früher hätte die Familie oft etwas gemeinsam unternommen "oder ich habe vieles alleine gemacht. Aber es ist schwierig, dass sie mir das wirklich so abnehmen." Es sei nicht einfach, da ihn die Familie anders kennen würde, schildert der Betroffene weiter. Vor seiner Erkrankung sei er genauso mit dem Auto oder dem Traktor unterwegs gewesen. All das ist heute nicht mehr möglich. 

"Trainings in Anspruch nehmen"

Auf die Frage, welchen Tipp er anderen Betroffenen mitgeben würde, empfiehlt er, die MAS-Trainingsangebote zu nutzen: "Weil es wirklich gut tut, und weil man verschiedene Leute kennenlernt, die auch Probleme haben, und wo man merkt, man ist nicht alleine." Herr B. nimmt das Programm "MAS Motivieren Aktiveren Stärken" in Anspruch. Im Rahmen einer Gruppe von vier bis 7 Menschen wird dort unter anderem das Allgemeinwissen trainiert. "Was mich wirklich freut, wir singen auch. Da gibt es in einem Gasthaus in der Nähe alle Vierteljahre ein offenes Singen, wo ich hingehe. Das ist wunderbar." Zwei Mal hat er außerdem eine Tages-Reha in einem Krankenhaus absolviert. 

Ressourcen erhalten

Den Verein MAS Alzheimerhilfe gibt es seit 25 Jahren. "Bei uns ist die Besonderheit, dass wir wirklich ausschließlich auf Demenz, beziehungsweise auf Vergesslichkeit, spezialisiert sind", sagt Karin Laschalt, Leiterin der Demenzservicestelle in Rohrbach-Berg. Neben der Früherkennung und der psychologischen Abklärung gibt es vor Ort unter anderem auch Beratungsangebote für Betroffene und Angehörige. "Was so ein bisschen das Herzstück unserer Arbeit ist, sind die Demenztrainings. Eigentlich heißt es Ressourcentraining, weil man ja die Ressourcen trainiert. Mit dem Ziel, dass diese möglichst lange erhalten bleiben sollen", betont Karin Laschalt. Die Trainings seien dabei so angelegt, dass sich die Teilnehmer anstrengen müssen, um die Übungen zu schaffen, diese am Ende aber bewältigen. "Es trainiert und gleichzeitig gibt es Erfolgserlebnisse – und das ist total wichtig", betont die Leiterin der Servicestelle. Derzeit werden im Bezirk laut Laschalt drei dieser Gruppen betreut.

Was dem Herz gut tut, hilft auch dem Gehirn

Auf die Frage, was Menschen tun können, wenn sie an sich selber Veränderungen wahrnehmen, raten die MAS-Vertreterinnen dazu, sich an Experten zu wenden und die Auffälligkeiten zu beschreiben. "Die Schwierigkeit bei etwas Subjektivem liegt in der Natur der Sache: es ist nicht objektivierbar. Das heißt, wenn jemand tatsächlich mit einem leichten, subjektiven kognitiven Defizit mir gegenüber sitzt, dann kann ich jeglichen neuropsychologischen Test machen, den ich will: Ich werde klinisch nichts finden", erklärt Weber. Dennoch sei genau dies eine sehr gute Phase, um Interventionen zu setzen. Die klinische Psychologin fügt an: "Man weiß mittlerweile, dass die Prävention auch bei Demenzerkrankungen das absolute Nonplusultra ist und auch ein nicht so geringer Prozentsatz von dieser durchaus veränderbar wäre, wenn man rechtzeitig mit präventiven Maßnahmen anfangen würde. Da gibt es einige Studien dazu."

Kommt also jemand mit einem subjektiven, kognitiven Defizit zu ihnen, so könne man sofort damit beginnen, dem entgegenzusteuern. Das kann zum Beispiel in Form von Gedächtnistrainings geschehen. "Und gleichzeitig bekommt jemand, der dieses Defizit hat, auch, was in eine gesundheitspsychologische Beratung einfließen würde. Sprich Lebensstilfaktoren zu analysieren um zu schauen, was man da vielleicht zusätzlich im Alltag einbauen kann." Auch bei der Entstehung von Demenz würden die Faktoren Bewegung und Ernährung eine zentrale Rolle spielen. Gleichzeitig sollten sämtliche kardiovaskuläre Risikofaktoren abgeklärt werden. Die Faustregel "Was gut ist für´s Herz, ist auch gut fürs Gehirn" gilt laut den Expertinnen tatsächlich. Zusätzlich raten die beiden, die Routinen des Alltags immer wieder zu durchbrechen. „Unser Gehirn braucht Abwechslung. Ich höre oft „Ich mache eh jeden Tag ein Kreuzworträtsel. Das ist schön und gut, aber unser Gehirn hat irgendwann das Prinzip durchschaut, wie ein Kreuzworträtsel oder ein Sudoku funktioniert. Das sind zwar neue Wörter und neue Zahlen, aber das Prozedere ist immer das Gleiche."

Zur Sache

Mehr Informationen zu den verschiedenen Angeboten der MAS Alzheimerhilfe gibt es bei Karin Laschalt unter 0664/8546699, per Mail an dss.rohrbach@mas.or.at oder unter alzheimerhilfe.at

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