Gattringer: Am Sprungbrett zum olympischen Edelmetall ausgerutscht
Medaillenträume geplatzt – doch unter die „top ten“ der Welt gekurbelt.
ST. MARTIN (gawe). „Das zu schaffen, was 2008 in Peking nicht möglich gewesen ist“ war Manfred Gattringer vor den Paralympics in London entschlossen: „Schließlich sind es die letzten Spiele, an denen ich teilnehmen werde“. Zusammen mit fünf anderen Oberösterreichern schafft er als einziger österreichischer Radsportler die Qualifikation, in den „olympischen Ring“ steigen zu dürfen.
Wertvolle Zeit liegengelassen
Machte 2008 in Peking ein kapitaler Abflug Crash im Abschlusstraining alle Medaillenhoffnungen zunichte, begannen die Paralympics heuer ebenfalls durchwachsen. Seine erste Meldung aus London: „Du wirst vielleicht im Fernsehen gesehen haben, was beim 4000 m Zeitfahren passiert ist. Ich bin aus dem Pedal heraus gefallen. Nach dem neuen Regelwerk gibt es keinen Neustart mehr. Somit war das Rennen eigentlich schon vorbei, bevor es begonnen hat. Hab’ in der Startrunde schon neun sec verloren; aber was soll’s, wenn’s nicht geht, dann geht’s einfach nicht“ war er über Platz elf im Weltspitzenfeld enttäuscht.
Weiter aus London:
„Morgen geht’s zum Zeitfahren werde alles geben, und hoffen das es besser läuft“ so der Ferngas Pilot. „Für die Berg- und Talbahn in Brands Hatch bin ich mit meinen 87 kg Kampfgewicht im großen Nachteil. Hier gibt es kein einziges Flachstück. Dies ist ein Bergzeitfahren und das ist keine olympische Disziplin. Das Höhendiagramm der Strecke sieht aus wie die Fieberkurve eines Schwerkranken Meine Konkurrenten haben alle so um die 60 kg“ hatte der 46jährige vor dem 25 km Zeitfahren einen Platz unter den top ten im Visier. Platz neun zeigte die Anzeigetafel schließlich für den gelernten Schlosser an.
Mühlviertler Kämpferherz
Mein Ziel im Alter von zwölf Jahren: „Ich werde Rennfahrer. Ich habe mit 14 Jahren zu arbeiten begonnen und alles für den Sport gegeben“ so Manfred.
Vier Bergstaatsmeistertitel und einen Titel als Staatsmeister hat er mit dem Motorrad nach Hause gefahren. Jagte er früher seine Suzuki beim Bergrennen ins Landshaag mit 290 km/h den Berg hinauf, fährt er jetzt mit dem Rad auf derselben Strecke mit 105 km/h; allerdings den Berg hinunter.
Einmal ist er auch gewaltig abgestiegen: „1986 bin ich mit meiner Yamaha in ein Transparent einer Versicherung hinein geflogen. Als ich wieder munter wurde, war ich komplett von Stoff eingehüllt und habe nur mehr rot gesehen: Mein erster Gedanke: Ich bin schon tot und in der Hölle, weil alles um mich herum ganz rot ist.
Jäh unterbrochen wurde seine Karriere durch einen unverschuldeter Autounfall 1990 in Ottensheim: Es folgten 35 (!) Operationen, die letzte 2007, und schließlich die Amputation des linken Sprunggelenkes. Seitdem ist der linke Fuß um sieben cm kürzer.
Der Plan von Sponsor Kramer, zur 30. Operation ein Jubiläumsbier zu brauen, wurde jedoch aufgegeben.
Selbstmitleid bringt dir nichts:
„Seit dem Unfall habe ich ständig solche Schmerzen, die für einen normal Sterblichen nicht auszuhalten sind. Viele Leute würden wahrscheinlich in eine schwere Depression verfallen, wenn sie ständig solche Schmerzen wie ich hätten. Ich kann in Selbstmitleid zerfließen oder etwas tun. Du musst den Schmerz in den Griff bekommen und mit ihm umgehen lernen. Sie haben mir die Sensibilitätsnerven im linken Unterschenkel durchtrennt. Ergebnis: keine Schmerzlinderung aber ein ständig taubes Gefühl. Würde ich nur trainieren, wenn es mir gut geht, wären dies keine zehn Tage im Jahr.
Wenn du ein Schmerzmittel nimmst, strengst du dich noch mehr an und kriegst den Schmerz dann doppelt und dreifach zurück."
Nach den Paralympics möchte der der dreifache Vater sein nächstes Ziel in Angriff nehmen: „Ich will als erster Behinderter die 4876 Kilometer beim Race Across America schaffen. Die einzig große Hürde ist nur das Geld.“
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.