KSV1870
Trendumkehr bei Unternehmensinsolvenzen

Das aktuelle Insolvenzstatistik zeigt nach dem Auslaufen der Coronamaßnahmen und dadurch bedingten Rückkehr nun eine Trendumkehr in Richtung Vor-Krisen-Niveau. | Foto: filmfoto_panthermedia
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  • Das aktuelle Insolvenzstatistik zeigt nach dem Auslaufen der Coronamaßnahmen und dadurch bedingten Rückkehr nun eine Trendumkehr in Richtung Vor-Krisen-Niveau.
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Seit Pandemiebeginn führten Corona-Maßnahmen der Bundesregierung zu einem Rückgang bei Unternehmensinsolvenzen. Eine Trendumkehr zeigt jetzt der vom Kreditschutzverband (KSV)1870 veröffentlichte Report. Dennoch bleibt die befürchtete Insolvenzwelle aus.

BEZIRK ROHRBACH. Laut aktueller KSV1870 Insolvenzhochrechnung verzeichnen die Unternehmensinsolvenzen in Oberösterreich einen Rückgang von 7,4 Prozent auf 262 Fälle im Vergleich zum Vorjahr. Das Minus gegenüber dem Jahr 2019 zeigt sich massiv mit 54 Prozent. Allerdings erfolgten mehr als 45 Prozent der Firmenpleiten im vierten Quartal 2021.

„Wir erwarten, schön langsam auf das Normalniveau 2019 zurückzukommen. Die Corona-Maßnahmen haben eine große Insolvenzwelle verhindert. Es wird jetzt, wo gestundete Steuerforderungen und Sozialversicherungsbeiträge fällig werden, Nachzieheffekte geben, bevor wir auf ein Normalniveau zurückkehren.“
Petra Wögerbauer, Leiterin KSV1870 Region Nord

Die Insolvenzexpertin des KSV1870 am Standort Linz erwartet eine ähnliche Entwicklung für das Jahr 2022.

Niedrigster Wert seit Jahrzehnten

2021 schlitterten 262 oberösterreichische Unternehmen in die Insolvenz – das sind um 21 Fälle weniger (minus 7,4 Prozent) als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und um 308 Fälle weniger (minus 54 Prozent) als 2019. Die Anzahl der eröffneten Verfahren mit 188 Fällen entspricht dem Vorjahreswert. In der langjährigen Insolvenzstatistik muss man mehr als 40 Jahre, nämlich bis in die 1970er-Jahre zurückblicken, das heißt mehr als 40 Jahre, um ähnlich niedrige Insolvenzzahlen in Oberösterreich zu finden. Mit 60 Millionen Passiva liegen die negativen Auswirkungen der Insolvenzen des heurigen Jahres deutlich unter dem Vergleichswert des Vorjahres von 233 Millionen Passiva. Das bedeutet ein Minus von über 74 Prozent. Der statistisch hohe Wert im Jahr 2020 resultiert aus Großinsolvenzen wie jener der Kremsmüller-Firmengruppe oder Wick Fenster & Sonnenschutz. Im Bezirk Rohrbach wurden 2021 vier Unternehmensinsolvenzen mit einem Passiva-Volumen von insgesamt rund zwei Millionen Euro eröffnet (Stand: 7.12.).

Betroffene Branchen


In Oberösterreich führt die Bauwirtschaft die heimische Insolvenzstatistik 2021 an, gefolgt von unternehmensbezogenen Dienstleistern und Gastgewerbe. Unternehmensbezogene Dienstleister kommen etwa aus den Bereichen Immobilien, Finanzen, Reinigungs- und Wachdienste sowie Werbeagenturen.

Prognose 2022


Die Regierung unternahm bis dato Anstrengungen, um eine Insolvenzwelle zu verhindern. Bis Ende September wurde Unternehmen die Möglichkeit gegeben, die Rückzahlung ihrer Schulden hinauszuzögern. Wie die aktuellen Zahlen bestätigen, wurde diese Option auch gut angenommen. Langfristig gesehen leiden laut Einschätzung des KSV1870 nicht nur Unternehmen und Gläubiger, sondern auch die gesamte Wirtschaft, wenn insolvenzreife Unternehmen nicht saniert oder nötigenfalls vom Markt genommen werden. „Ich denke hier an stark unterkapitalisierte Unternehmen oder Unternehmen mit mangelhaftem Rechnungswesen, schwachem Debitorenmanagement, Qualitätsmängeln in der Leistungserbringung oder fehlenden zukunftsorientierten unternehmerischen Konzepten“, so Wögerbauer. Die Expertin bezeichnet es als fatal, wenn Unternehmer im Glauben gelassen werden, staatliche Mittel würden ausreichen, um die Krise finanziell zu überwinden. „Zweifellos wird es nach Auslaufen der Hilfs- und Stützungsmaßnahmen zu einem Aufholeffekt und darüber hinaus zu einem sukzessiven Anstieg der Insolvenzen kommen. Die im vierten Quartal 2021 ersichtliche Trendumkehr deutet darauf hin, dass diese für 2022 richtungsweisend ist“, sagt Wögerbauer. Im Schnitt wurden in Vor-Krisen-Jahren in Oberösterreich knapp 600 Insolvenzen verzeichnet.

"Wir rechnen auch 2022 nicht mit einer Insolvenzwelle. Die niedrige Arbeitslosenquote und der starke Fachkräftemangel sind Indikatoren, dass die Wirtschaft funktioniert. Wir haben natürlich Branchen, die durch die Corona-Maßnahmen schwer benachteiligt sind, wie etwa Busunternehmen, persönliche Dienstleister sowie die Gastronomie und Hotellerie. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Unternehmen, die während der Pandemie ihr bestes Umsatzergebnis erzielt haben. Das ist ein absolutes Ungleichgewicht. Mit den vielen eigentümergeführten Unternehmen ist unser Bezirk strukturell sehr krisenfest“, so Andreas Höllinger, Leiter Wirtschaftskammer Rohrbach

Privatkonkurse


925 Privatkonkurse wurden 2021 bei den oberösterreichischen Bezirksgerichten eröffnet. Das bedeutet ein Minus von 3,2 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres mit 956 Fällen. Oberösterreich liegt damit etwas hinter dem Bundeslandtrend, für ganz Österreich wird ein leichtes Plus von 0,4 Prozent verzeichnet. Die angemeldeten Verbindlichkeiten sinken von 135 Millionen Euro auf 97 Millionen Euro, das bedeutet einen Rückgang um 28 Prozent. Oberösterreich liegt mit 925 Fällen auf Platz 3 der Bundesländerreihung hinter Wien mit 2.654 Fällen und Niederösterreich mit 1.055 Fällen. Einkommensverminderung wegen Arbeitsplatzverlust oder nunmehr auch wegen Kurzarbeit ist bei Konsumenten, die hart an der Grenze zur Leistungsfähigkeit verschuldet sind, eine der häufigsten Ursachen für die Privatinsolvenz. Ob es im Bereich des Privatkonkurses zu einem weiteren Anstieg der Insolvenzen kommt, hängt zudem davon ab, wie schnell ein Normalniveau an wirtschaftlicher Aktivität und Beschäftigung wieder hergestellt werden kann. Das „Vorkrisen-Niveau“ 2019 mit 1.227 in Oberösterreich eröffneten Privatinsolvenzen wurde 2021 nicht erreicht. Im Bezirk Rohrbach gab es 14 Anträge, wovon 13 Verfahren eröffnet wurden mit Passiva in Höhe von gesamt rund 1,64 Millionen Euro (Stand 7.12.). Ein leichter Rückgang zum Vorjahr mit 16 Privatinsolvenzen.

„Leider übersehen viele, dass Stundungen keineswegs einen Erlass bedeuten, sondern die Zahlungen lediglich zu einem späteren Zeitpunkt ermöglichen. Rechtzeitig ein Schuldenregulierungsverfahren zu beantragen, kann den Teufelskreis frühzeitig unterbrechen und die Chance auf einen Neubeginn erhöhen“, rät Wögerbauer.

Das aktuelle Insolvenzstatistik zeigt nach dem Auslaufen der Coronamaßnahmen und dadurch bedingten Rückkehr nun eine Trendumkehr in Richtung Vor-Krisen-Niveau. | Foto: filmfoto_panthermedia
Petra Wögerbauer, Leiterin KSV1870 Region Nord | Foto: Sabine Starmayr
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