"Würdigung jener Familie, die für Wien und Österreich das Tor zur Welt aufgestoßen hat": Sandgruber präsentiert Werk über Rothschilds
ROHRBACH-BERG, WIEN (anh). „Die Vergänglichkeit darzustellen, war mir immer ein großes Anliegen", sagte Roman Sandgruber, als ihm in diesem Herbst der 31. Kulturpreis verliehen wurde. Kein Wunder, dass den in Grub geborenen Historiker und emeritierten Universitätsprofessor auch das Schicksal der Familie Rothschild, einer der bedeutendsten Bankiers- und Unternehmerfamilien Europas, besonders interessierte. Das Ergebnis seiner intensiven Recherchen ist ein über 500 Seiten umfassendes Werk mit dem Titel "Rothschild – Glanz und Untergang des Wiener Welthauses", das im Molden-Verlag erschienen ist. Auf Einladung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und dem Verlag stellte Sandgruber dieses im Palais Epstein in Wien der Öffentlichkeit vor.
Vom Ghetto zu Geld und Glorie
Das Buch porträtiert fünf Generationen dieser Dynastie, beginnend bei Amschel Mayer, der einst im jüdischen Ghetto Frankfurts den Grundstein für den Erfolg gelegt hatte, über Anselm, der die Creditanstalt gründete, bis hin zu Albert, der als reichster Mann Europas galt. Eng verwoben mit den soziopolitischen Gegebenheiten, avancierten die Rothschilds zu Freiherren und Baronen, finanzierten Staaten, Kriege und Fabriken, waren Mäzene und Sammler. Auch die humane Note kommt nicht zu kurz. So beschreibt Sandgruber auch die persönlichen Eigenheiten der Protagonisten – Skandale und Dramen inklusive. Bis zu jenem Zeitpunkt, an dem der Clan im 20. Jahrhundert unterging.
Gegen das Vergessen
Laut Sobotka schließe dieses Buch eine Lücke in der Geschichtsschreibung: "Die Geschichte dieser Familie war eng mit dem Aufbruch und dem Wandel der Habsburgermonarchie zu einer modernen Marktwirtschaft im 19. Jahrhundert verbunden. Sandgruber berührt viele Aspekte, die für ein tieferes Verständnis des Werdens unserer Republik von Bedeutung sind." Sandgruber selbst erklärt: "Die Geschichte der Rothschilds folgt einem sich oft wiederholenden Schema von Aufstieg und Niedergang. In diesem Fall geht es jedoch um eine Familie, die nicht nur wirtschaftsgeschichtlich, sondern auch kulturgeschichtlich und politisch eine einzigartige Rolle spielte. Die Erinnerung an ihre großen Leistungen ist heute aber fast völlig aus dem Wiener Stadtbild gelöscht worden." Der Historiker kämpft gegen dieses Vergessen an und hofft, mit dem Buch eine angemessene Würdigung dieser Familie, die für Wien und Österreich das Tor zur Welt aufgestoßen hat, geschaffen zu haben.
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