Sexualpsychologie / Sexualtherapie
Leistungsstress im Bett und aufgestaute Gefühle

Viele Menschen versuchen sexuelle Schwierigkeiten durch noch mehr Leistung zu kompensieren, anstatt die Botschaft ihres Körpers und ihrer Gefühle ernstzunehmen.

Sexuelle Störungen sind fast immer auch Beziehungsstörungen. Entweder ist die Beziehung zu mir selbst, zu meinen eigenen Emotionen, Wünschen und Bedürfnissen gestört, oder es gibt Störungen in der Paardynamik und innerhalb der Partnerschaft. Konflikte müssen dann erst einmal geklärt werden, bevor sich wieder sexuelle Lust einstellen kann.
Fast alle menschlichen Probleme schlagen sich in der Sexualität in irgend einer Form nieder, eben auch Beziehungsstörungen. Zudem gibt es in der Sexualität einen irren Leistungsdruck und Stress.

Früher litten die Menschen unter Unkenntnis, Scham und Schuldgefühlen. Heute wissen junge Menschen bereits über sämtliche Sexualpraktiken, Techniken, Spielarten, Verhütung, sexuell übertragbarer Krankheiten gut Bescheid und sind gut aufgeklärt (wenn auch sie durch die Pornographie viele Halbwahrheiten und Fehlinformationen aufgenommen haben), das Spüren der eigenen sexuellen Bedürfnisse jedoch wird ihnen nicht beigebracht, und auch viele Erwachsene ignorieren ihre Gefühle und haben z.B. trotz Unlust und Ekelgefühlen Sex, weil sie denken, performen und sexuell funktionieren zu müssen. Die Botschaft des Körpers und der Seele wird dabei völlig ignoriert. Die verschiedensten Techniken, aber auch die moderne Pharmakologie mit ihren Potenzmitteln sollen dann die Vergewaltigung der eigenen Bedürfnisse erträglicher machen. Dass mein Penis bei sexueller Unlust oder Ekelgefühlen nicht steht, darf nie und nimmer geschehen. Er hat dann mittels Sildenafil (Viagra) zu funktionieren.

Unsere Sexualität ist heute vom Leistungsdruck völlig kolonialisiert. Wir sollten lernen, weniger zu tun und zu machen, sondern stattdessen mehr zu sein, uns hinzugeben und zuzulassen. Dann kann Sex ein wertvoller Ausgleich und ein wichtiges Regulativ sein. Je mehr wir beim Sex leisten wollen, desto mehr werden sich sexuelle Unlust und vielfältige sexuelle Funktionsstörungen einstellen, vom vorzeitigen Orgasmus, über die Imptotenz bis hin zum Vaginismus.

Aber auch angestaute Gefühle, wie Wut, Trauer, seelischer Schmerz können zu Schwierigkeiten in der Sexualität führen. Lasse ich meine Gefühle zu und akzeptiere sie radikal (etwa, indem ich weine, wenn ich traurig bin oder mir meine Wut zugestehe), dann werde ich nach spätestens 20 bis 30 Minuten eine wohltuende Erleichterung und Entlastung erfahren. Denn kein seelischer Schmerz tötet und wir können immer damit umgehen.

Orgasmusstörungen, Impotenz und sexuelle Unlust weisen uns immer auf Gefühle und Emotionen hin, die interpersonell oder intrapersonell keinen Ausdruck erfahren und oft nicht einmal gespürt werden dürfen. Angst, Unsicherheit, zurückgehaltener Schmerz, aufgestaute Wut und Stress z.B. führen zu Muskelkontraktionen, Anspannungen und Enge, die einer freien, geilen, lustvollen, und entspannten Sexualität im Weg stehen und den Orgasmus schal und leer machen oder ihn ganz verhindern.

Einerseits liegen in der Sexualität Chancen, authentische Gefühle frei und offen zu zeigen, auszudrücken und Freiräume zu schaffen, sich zyklischen Prozessen von Anspannung und Entspannung hinzugeben, andererseits macht aber auch genau das vielen Menschen Angst. Denn wir werden verletzlicher, wenn wir uns in unserem Sosein zeigen und die Kontrolle abgeben.

Auch braucht es in der Sexualität immer klare Aussagen über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Als Sexualtherapeut erlebe ich es häufig, dass Partner*innen oft ganz unklar sind, wenn es um das Mitteilen eigener sexueller Bedürfnisse und Wünsche geht. Der/die Partner*in läuft dann oft Gefahr, die eigenen Wünsche auch nicht zu äußern und zum Rätselraten, was dem/der anderen nun wohl gefallen könnte. Dies verursacht völlig unnötigen Stress in der Sexualität der unerotisch ist, etwa wenn ein Mann seine Frau während des Sex immer wieder ängstlich fragt, ob ihr der Vaginalverkehr nicht weh tue oder ob sie bald einen Orgasmus habe (hier liegt es in der Verantwortung der Frau, es dem Partner mitzuteilen, wenn sie Schmerzen hat und auch, ob sie überhaupt einen Orgasmus möchte). Zudem sind klare Aussagen über die eigenen Bedürfnisse die beste Basis für Verhandlungen und Kompromisse, wenn Differenzen innerhalb der Partnerschaft und Sexualität bestehen.
Eine gute sexuelle Partnerschaft lebt vom sich miteinander Abstimmen, vom Ausprobieren, sich-Mitteilen und einander immer besser Kennenlernen.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)

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