Reif für Wertewandel
In der Salzburg AG gehen Väter in Karenz, ohne ihre Karriere zu behindern
Zwei Drittel der österreichischen Väter wären grundsätzlich bereit, in Karenz zu gehen. Nur: Sie tun es dann sehr oft nicht. Nur 8,4 Prozent der österreichischen Kinderbetreuungsgeldbezieher sind Väter. Weil sie meist kürzer in Karenz gehen als Mütter, entfallen auf sie nur 4,5 Prozent aller Kinderbetreuungstage. Ein Unternehmen, das selbst einiges dafür tut, um auch Vätern Zeit mit der Familie und Karrieremöglichkeiten zu bieten, ist die Salzburg AG.
„Familienbewusstes Führen“
Innerhalb der vergangenen zehn Jahre sind 17 Mitarbeiter – auch Führungskräfte – der Salzburg AG in Väterkarenz gegangen, 7 in Elternteilzeit. Dass diese Väter zwischen zwei und sechs Monate mit ihrem Nachwuchs verbringen, passiert vor allem deswegen, weil Väterkarenz proaktiv angeboten wird. „Wenn wir erfahren, dass ein Kind unterwegs ist, dann warten unsere Personalreferenten nicht darauf, dass der werdende Vater das Thema auf den Tisch bringt, sondern fragen in einem Gespräch von sich aus, ob der Wunsch nach Väterkarenz vorhanden ist und auch ob Unterstützung bei der Suche nach Kinderbetreuung gewünscht wird“, erläutert Personalmanagerin und Projektleiterin Judith Ungeringer. In der Unternehmenskultur der Salzburg AG heißt das „familienbewusstes Führen“ und bezieht sich nicht nur auf Phasen des Familiennachwuchses. „Wir wollen, dass unsere Führungskräfte Themen wie die Erkrankung eines Kindes oder Pflegesituationen in der Familie ansprechen – denn dann kann man darauf Rücksicht nehmen. Eine Sitzung muss nicht um 8.00 Uhr stattfinden, wenn das mit den Hinbringzeiten einer Krabbelstube nicht vereinbar ist“, sagt Ungeringer.
Was es dazu braucht
Damit Väterkarenz, aber auch die reibungslose Rückkehr ins Unternehmen ohne Karriereknick gelingen können, müssen einige Punkte berücksichtigt werden. So braucht es laut einer aktuellen Studie des Forschungszentrums Joanneum Research neben Vorbildern auch ein gutes Fluktuationsmanagement und eine Relativierung des zeitlichen Verfügungsanspruches.
„Die temporäre Verteilung von Aufgaben, vor allem jener von Führungskräften, ist mit Sicherheit eine Challenge – und genau deswegen wollen wir das ja möglichst früh wissen. Denn eine Väterkarenz kommt ja nicht überraschend von heute auf morgen, das kann man also schon im Voraus planen. In manchen Bereichen – etwa beim technischen Service – lassen sich die Karenzmonate der Väter so planen, dass sie in den Winter fallen. Da haben wir ja, was Baustellen angeht, sowieso eine ruhigere Zeit. Und die allerbesten Kollegen, die dann unterstützend mithelfen und Aufgaben mitübernehmen, sind diejenigen, die schon selbst in Väterkarenz waren. Bei uns im Unternehmen hat hier über die vergangenen Jahre tatsächlich ein Wertewandel eingesetzt. Väterkarenz ist damit fast schick geworden“, berichtet die Personalexpertin.
„Dran bleiben“
Während der Karenz bleiben die Väter mit dem Unternehmen in Verbindung, oft in Form einer geringfügigen Beschäftigung. „Wir schauen, welche Routinen, wie regelmäßige Sitzungen, sich so verändern lassen, dass die Väter auch teilnehmen können, welche Arbeiten von zu Hause erledigt werden können. Wenn wir wissen, dass Väter in der Zeit zu gewissen Zeiten nicht erreichbar sein können, dann übernehmen Kollegen die Aufgabe, Mails zu checken oder Anrufe entgegenzunehmen. Und konzeptive Arbeiten kann man auch ab 22 Uhr zu Hause erledigen – wenn die jungen Herrschaften schlafen.“
Den Anstoß für den Wertewandel in der Salzburg AG hat übrigens der ehemalige Vorstand Arno Gasteiger geliefert. „Er war ja davor Familienlandesrat und hatte es satt, dass jedes Mal, wenn von Nachwuchs die Rede war, im Personalbereich alle Hände über dem Kopf zusammengeschlagen wurden“, erinnert sich Judith Ungeringer. Er habe damals von den Bereichsleitern ein Umdenken eingefordert und verlangt, dass es möglich sein müsse, in Karenz zu gehen, ohne seine Karriere aufs Spiel zu setzen.
Einmal im Jahr lädt die Salzburg AG übrigens alle karenzierten Eltern mit ihrem Nachwuchs zum „Baby-Brunch“ ein. „Das ist dann schon immer ein besonderes Erlebnis, und: Innerhalb von vier Jahren haben wir jetzt schon vier Zwillingspärchen bei uns begrüßen dürfen.“
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