Salzburger Festspiele
Festspiele halten an "gutem und zeitlosem" Logo fest
Die Salzburger Festspiele werden weiterhin unter dem Emblem der schwarzen Maske hinter der Festung stattfinden. Das Logo wird trotz NS-Nähe der Künstlerin bleiben.
SALZBURG. Das Festival-Logo der Salzburger Festspiele bleibt. Das wurde heute bekanntgegeben. Das Design aus dem Jahr 1928 stammt von Leopoldine Wojtek. Wojtek gilt als Profiteurin des NS-Regimes, weshalb das Logo im heurigen Jubiläumsjahr in Frage gestellt wurde. Die NS-Nähe Wojteks wurde untersucht.
Zwei Gutachten beauftragt
Die Salzburger Festspiele beauftragten Historiker Oliver Rathkolb mit der Untersuchung der Beziehungen von Leopoldine Wojtek mit Nationalsozialisten und etwaige Kontinuitäten ideologischer Einstellungen zum NS-Regime. Designhistorikerin Anita Kern untersuchte die ästhetische Einordnung des Plakatentwurfs.
Beide Untersuchungen belegen Wojteks Nähe zum Regime und, dass sie Vorteile aus ihrem NS-Netzwerk gezogen hat. Trotzdem sprachen sich Festspielpräsidentin und Intendant heute für das Beibehalten des Logos aus.
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"Werden auf fatale Entwicklung Wojteks hinweisen"
Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sagt: „Wir sind uns einig geworden, dass wir an diesem Logo festhalten wollen, weil es ein sehr gutes, zeitloses Logo ist. Es spiegelt mitnichten die Symbolik der Nazi-Zeit wider. Im Gegenteil, das Logo wurde im Geiste der international anerkannten Wiener Kunstgewerbeschule geschaffen. Aber selbstverständlich werden wir auf unserer Website auf Wojteks fatale Entwicklung zu einer Profiteurin des Nazi-Regimes hinweisen.“
"Im Logo lässt sich keine Affinität zum Nationalsozialismus erkennen"
Intendant Markus Hinterhäuser sagt dazu: „Wir haben uns im Direktorium sehr intensive Gedanken über den Umgang mit dem Logo gemacht. Vergangenheit lässt sich nicht bewältigen, wesentlich ist vielmehr eine offene und aufrichtige Auseinandersetzung mit ihr. Die Ambivalenz und der unappetitliche Opportunismus von Poldi Wojtek sind das eine, im Logo selber lässt sich allerdings keinerlei Affinität zum Nationalsozialismus oder zu dessen Ästhetik erkennen. Obwohl in den 1920er Jahren entstanden und durchaus der Ästhetik dieser Jahre verpflichtet, ist es ein zeitloses Emblem geblieben.“
"Poldi Wojtek hat persönliche Vorteile aus ihren politischen Netzwerken gezogen"
Auszug aus dem Gutachten von Professor Oliver Rathkolb: „Poldi Wojtek war – frei nach dem Humanisten Ulrich von Hutten – ein ,Mensch in seinem Widerspruch‘. Wir müssen lernen, dass Künstler und Künstlerinnen trotz ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten und ihrer Begabung, Emotionen in uns anzusprechen, letztlich keine perfekten Genies sind. Auch sie sind Menschen mit vielfältigen Schwächen, die sich nur selten gegen politisch Mächtige in einer totalitären Diktatur stellen. Manche von ihnen, wie Poldi Wojtek, haben während des Nationalsozialismus überdies ohne jede Scham persönliche Vorteile aus ihren politischen Beziehungsnetzwerken gezogen – bis hin zur hemmungslosen Bereicherung am Eigentum von Jüdinnen und Juden."
Ästhetische Einordnung des Plakatentwurfs
Designhistorikerin Anita Kern über die ästhetische Einordnung des Plakatentwurfs:
„Grafikdesigner haben die Inhalte ihrer Auftraggeber visuell zu kommunizieren. ,Gebrauchsgrafiker‘ gehören einem Berufsstand an, der in einem verbrecherischen Regime schnell in Gewissenskonflikte kommt, wenn er Auftragsarbeiten annimmt. Nicht jede(r) hatte die Kraft zu widerstehen (oder gar politischen Widerstand mit grafischen Mitteln zu leisten). Die Folgen eines solchen Dilemmas für die Qualität der grafischen Erzeugnisse zeigen sich bei mehreren Designern – in Poldi Wojteks Fall hat die Einordnung in ein unmenschliches System auch den grafischen Esprit zunichte gemacht."
Dr. Anita Kern
Mehr über die Salzburger Festspiele und ihrem Jubiläumsjahr liest du >>HIER<<
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